Antwort
vonRechtsanwalt Björn Cziersky-Reis
Alt-Moabit 62-63
10555 Berlin
Tel: 030 / 397 492 57
Web: https://www.rechtsanwalt-ausländerrecht.de
E-Mail: kontakt@kanzlei-cziersky.de
durch die „Ergänzung“ der Unterschrift unter den Arbeitsvertrag haben Sie in der Tat eine Urkundenfälschung begangen. Die Strafbarkeit und der Strafrahmen ergeben sich aus § 267 StGB (Strafgesetzbuch, einfach „StGB“ googeln). Demnach kommt eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren in Betracht.
Sie müssen außerdem mit einer Anzeige wegen Betruges rechnen. Wenn nämlich Einnahmen aus einem Arbeitsverhältnis nicht ordnungsgemäß beim JobCenter angegeben werden und weiterhin von dort Leistungen bezogen werden, stellt dies einen Betrug zum Nachteil des JobCenters dar. Ein Betrug läge nicht vor, wenn Sie die Aufnahme der Arbeit und die Höhe des Arbeitslohns angegeben haben. Dies ist nach Ihrer Schilderung der Fall. Ob Ihr Brief beim Amt auch angekommen ist, ist eigentlich nicht entscheidend. Sie müssen aber damit rechnen, dass man Ihnen nicht glaubt, dass Sie den Brief abgesendet haben. Es kommt zwar beim JobCenter immer mal wieder vor, dass Post nicht den Empfänger erreicht. Da Sie aber anschließend weiterhin Leistungen erhalten haben, werden Sie die Frage beantworten müssen, warum Sie sich dann nicht sofort an das Amt gewendet haben. Denn Sie mussten ja dann damit rechnen, dass Ihr Brief nicht angekommen ist. Zumindest hätten Sie die erhaltenen Beträge vom JobCenter auf ein gesondertes Konto überweisen müssen, um den Betrag nach Aufdeckung des Versehens unproblematisch zurückzahlen zu können.
Ein Betrug wird gemäß § 263 StGB ebenso betraft wie eine Urkundenfälschung.
Meines Erachtens sollten Sie die Sache beim Termin am 06. Mai klarstellen. Denn Sie können wirklich nicht erklären, warum Sie zwei verschiedene Arbeitsverträge haben. Außerdem hat Ihr Arbeitgeber Sie ja auch bei der Sozialversicherung gemeldet,. Spätestens bei einem Datenabgleich käme die Sache ja ans Licht.
Sollte es zu einer Anzeige durch das JobCenter kommen, wird Ihnen Ihr Geständnis selbstverständlich positiv angerechnet. Es ist schwer zu beurteilen, ob Ihre Sachbearbeiterin die Sache an die Polizei weitergibt. Verpflichtet ist sie dazu nicht. Vielleicht haben Sie Glück und Sie müssen lediglich die zu Unrecht erhaltenen Beträge zurückzahlen.
Sie sollten sich bei Ihrer Sachbearbeiterin entschuldigen und darum bitten, die Sache nicht an die Polizei weiterzugeben.
Sollte es doch zu einer Anzeige kommen, werden Sie in einigen Wochen Post von der Polizei erhalten. Sie können sich dann entweder schriftlich äußern oder zur Vernehmung erscheinen. Verpflichtet sind Sie dazu nicht, allerdings spricht die Beweislage aufgrund Ihres Geständnisses und der geschilderten Umstände nicht für Sie, sodass Sie Angaben machen sollten.
Wenn Sie nicht vorbestraft sind, werden Sie wahrscheinlich zu einer Geldstrafe verurteilt werden. Eine Freiheitsstrafe ist dann nicht sehr wahrscheinlich. Ein Eintrag in Ihr Führungszeugnis erfolgt dann nicht, wenn die Geldstrafe maximal 90 Tagessätze beträgt. Wenn Ihnen dies sehr wichtig ist, sollten Sie sich überlegen, ob Sie einen Rechtsanwalt mit Ihrer Verteidigung beauftragen, damit alles getan wird, um die Strafe unter 91 TS zu halten.
In jedem Fall sollten Sie so schnell wie möglich die zu Unrecht erhaltenen Beträge zurückzahlen. Bitten Sie deshalb im Termin am Dienstag in jedem Fall um eine Bankverbindung, auf die Sie das Geld überweisen können. Eine Schadenswiedergutmachung wird sehr positiv gewertet werden im Rahmen der Strafzumessung.
Bei einem Geständnis und einer Schadenswiedergutmachung sehe ich gute Chancen für Sie, dass die Strafe unter den 91 TS liegt. Die genaue Höhe kann ohne Kenntnis insb. der genauen Schadenshöhe und weiterer Einzelheiten der Tat nicht genauer eingeschätzt werden.
Ich hoffe, dass ich Ihnen einen ersten guten Überblick über die Rechtslage geben konnte. Bei Bedarf können Sie gerne eine kostenlose Nachfrage stellen.
Mit freundlichen Grüßen
Björn Cziersky-Reis
Rechtsanwalt, Berlin
Sehr geehrter Herr Cziersky-Reis. Vielen Dank für Ihre rasche Antwort. Darf ich Ihnen trotzdem eine Nachfrage stellen?
Vor wenigen Minuten hat sich telefonisch eine Rechtsanwältin (Zivil-/Arbeits- und Wirtschaftsrecht) bei mir gemeldet, bei der ich mich am vergangenem Freitag mit meinem Fall vorgestellt habe. Sie hat sich schlau gemacht und mir wärmstens empfohlen, die Sache beim Amt nicht PERSÖNLICH zu schildern. Sie meinte, ich soll lediglich das Geld (für die Monate Dezember, Januar und Februar) sofort zurückzahlen und das Amt schriftlich darüber informieren, dass ich zu Unrecht Leistungen bezogen habe. Weitere Details soll ich nicht erwähnen. Ich soll mich weder persönlich vorstellen, noch den gefälschten Arbeitsvertrag erwähnen. Die Rechtsanwältin meinte, ich soll schrittweise vorgehen. Das Geld überweisen, das Schreiben hinschicken und erstmal abwarten. Alle weiteren Schritte würde sie mit mir besprechen.
Jetzt bin ich verunsichert. Ihr Rat - alles beim Amt eingestehen - klang in meinen Ohren sehr vernünftig, auch wenn mich eine hohe Geldstrafe erwartet. Anderseits würde ich mich sehr freuen, wenn die Urkundenfälschung nicht bekannt wird.
Aber wie erkläre ich den anderen (originalen) Arbeitsvertrag, den ich morgen meiner Sachbearbeiterin auf dem Hartz IV Amt aushändigen möchte? Würden Sie mir empfehlen, den besagten Vertrag erstmal einzubehalten und eine Reaktion des Amts abzuwarten?
Vertreten Sie weiterhin die Meinung, alle "Karten offen" zu legen? Was halten Sie von dem Vorschlag der RAin? Ist ein schrittweises Vorgehen besser?
Sie bemerken, Fragen über Fragen. Ich hoffe, sie haben dennoch Zeit, mir einen letzten (natürlich unverbindlichen) Tipp zu geben. Für Ihre Bemühungen danke ich Ihnen schon mal im Voraus und verbleibe mit freundlichen Grüßen!
Sehr geehrte Fragestellerin,
es kommt natürlich darauf an, wie hoch für Sie das Risiko ist, dass die ganze Sache auch ohne Ihr Geständnis herauskommt. Das größte Problem ist doch aber, dass der gefälschte Arbeitsvertrag schon bei der Sachbearbeiterin liegt. Selbst wenn die Sachbearbeiterin von der Fälschung nichts bemerkt hat: Wie wollen Sie erklären, dass Sie in den Monaten Dezember - Februar zu Unrecht Leistungen bezogen haben, obwohl Sie in dieser Zeit eigentlich nach dem vorliegenden Arbeitsvertrag gar nicht gearbeitet haben. Mit anderen Worten: Die Sache wird doch mit ziemlicher Sicherheit ans Licht kommen, wenn Sie angeben, dass Sie Leistungen zu Unrecht im Dezember - Februar erhalten haben. Die Sachbearbeiterin wird dann natürlich fragen, wo Sie denn in dieser Zeit gearbeitet haben und warum Sie den Verdienst erst jetzt angeben. Wenn Sie dann mitteilen (was sollen Sie auch sonst machen), dass Sie bei dem gleichen Unternehmen gearbeitet haben, werden Sie natürlich gefragt werden, warum Ihr vorgelegter Arbeitsvertrag erst später datiert ist.
Also entweder geben Sie die Sache zu (mein Rat) oder aber Sie dürften auch nicht angeben, dass Sie von Dezember - Februar überhaupt gearbeitet haben. Wenn dies aber später dann rauskommt (Datenabgleich, Nachfrage beim Unternehmen), wird es erheblich schlimmer.
Eine HOHE Geldstrafe erwartet Sie nicht unbedingt. Wenn Sie den Schaden in kompletter Höhe wieder gut machen, also alle zu Unrecht bezogenen Leistungen zurück erstatten, kann die Geldstrafe auch relativ gering ausfallen. Hier kann Sie dann Ihre Anwältin beraten.
Mit freundlichen Grüßen
Björn Cziersky-Reis
Rechtsanwalt, Berlin