Falschangaben bzgl. Motorisierung im Kaufvertrag bei PKW-Kauf von privat

11. März 2025 09:26 |
Preis: 45,00 € |

Kaufrecht


Beantwortet von


in unter 2 Stunden
Guten Tag,

ich habe einen gebrauchten PKW von einem "privaten" Verkäufer gekauft.
Nach der Abwicklung des Kaufs und der Übergabe des Fahrzeugs stellte sich heraus, dass das Fahrzeug mit einer minderwertigeren Motorisierung ausgestattet ist, als in den Verkaufsgesprächen dargelegt und im Kaufvertrag festgehalten wurde.
Der Kaufvertrag enthält Falschangaben für Hubraum und Leistung. Der PKW hat letztendlich einen Motor mit mehr Hubraum, aber dafür weniger Leistung, da er nicht mit einem Turbolader ausgestattet ist. Zudem ist der Motor nicht wie im Verkaufgespräch angepriesen mit einer idR wartungsfreien Steuerkette ausgestattet, sondern einem Zahnriemen, der regelmäßig gewechselt werden muss.
Abgesehen von den deutlich trägeren Fahreigenschaften zieht die Ausstattung mit dem anderen Motor erhöhte Folgekosten bei Wartung (regelmäßiger Zahnriemenwechsel), KfZ Steuer und Versicherung sowie durch höheren Kraftstoffverbrauch nach sich, die für den Rest der Nutzung anfallen werden.
Außerdem ist die Motorisierung ohne Turbolader unbeliebter und somit günstiger auf dem Gebrauchtwagenmarkt verfügbar. Der gezahlte Preis ist also vergleichsweise überhöht gewesen und ein Wiederverkauf im Vergleich zur Motorisierung mit Turbolader immer mit einem Verlust behaftet.
Die Motorisierung mit Turbolader und Steuerkette wurde beim Besichtigungstermin angepriesen (außer mir und dem Verkäufer waren zwei weitere Zeugen anwesend) und anschließend auch nochmal in einem WhatsApp Chat bestätigt. Vertraglich wurde eine Sachmängelhaftung ausgeschlossen.

Bei der Übergabe/Abwicklung wurde der Kaufvertrag nicht zwischen der bisher als Verkäufer aufgetretenen Person und mir geschlossen, sondern einem mitgebrachten Bekannten des Verkäufers und mir. Der eigentliche Verkäufer ist also nirgends auf dem Papier sichtbar. Das Bargeld wurde jedoch von der bisher als Verkäufer aufgetretenen Person entgegengenommen und gezählt.
Mir sind außer der Mobilfunknummer und dem Vornamen keine weiteren persönlichen Daten des Verkäufers bekannt. Die persönlichen Angaben des Vertragspartners (Bekannter des Verkäufers) im Kaufvertrag sind korrekt, da diese mit dessen Ausweis abgeglichen wurden.

Der Vertragsschluss ist nun knapp 2,5 Monate her. Die falsche Motorisierung wurde noch am Abend des Vertragsschlusses im WhatsApp Chat mitgeteilt.
Der Verkäufer bot an, den fälligen Zahnriemen durch einen Bekannten erneuern zu lassen. Allerdings wurde ich bei Fragen nach einem Termin dafür immer weiter hingehalten.
Die Zulassung des Fahrzeugs erfolgte erst etwa 2 Wochen nach Vertragsschluss und ist jetzt also ca. 2 Monate her. Ich habe das Fahrzeug für einige wenige Fahrten genutzt, wie viele Kilometer genau, müsste ich nachschauen.
Aufgrund der Hinhaltetaktik bei der Zahnriemenerneuerung und der mir erst im Laufe der Zeit bewusst gewordenen Folgekosten und Nachteile dieser Motorisierung habe ich mich vor knapp einem Monat dazu entschlossen, vom Kaufvertrag zurückzutreten.
Dies habe ich dem Vertragspartner per Einwurfeinschreiben an die im Kaufvertrag festgehaltene Adresse mitgeteilt und eine 14-tägige Frist für die Rückabwicklung eingeräumt. Die Frist ist seit Ende letzten Monats verstrichen. Die Adresse des eigentlichen Verkäufers ist mir aktuell nicht bekannt, jedoch denke ich, dass ich eine Möglichkeit habe, diese herauszufinden. Der Verkäufer offenbarte uns zu Beginn, dass er eigentlich gewerblicher Händler sei, diesen Verkauf aber privat abwickeln wolle. Dass dies über einen "Strohmann" realisiert wird, war uns nicht bewusst. Damit wurden wir erst bei der Übergabe konfrontiert.

Gibt es für diesen Fall eine realistische Chance oder bin ich besser damit beraten, das Fahrzeug verlustbehaftet wieder zu verkaufen und es als Lehrgeld abzuschreiben?

LG
11. März 2025 | 10:14

Antwort

von


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Sehr geehrter Fragesteller,

nach Ihrer Schilderung haben Sie ein gebrauchtes Fahrzeug erworben, bei dem sich nachträglich herausstellte, dass die tatsächliche Motorisierung von den im Verkaufsgespräch und im Kaufvertrag angegebenen Daten abweicht. Zudem wurde der Kaufvertrag nicht mit dem ursprünglich aufgetretenen Verkäufer, sondern mit einer dritten Person geschlossen. Im Folgenden möchte ich die rechtlichen Aspekte Ihres Falls beleuchten.

1. Sachmangel aufgrund falscher Angaben zur Motorisierung

Die im Kaufvertrag festgehaltenen technischen Daten eines Fahrzeugs gelten als Beschaffenheitsvereinbarung gemäß § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB. Weicht die tatsächliche Beschaffenheit hiervon ab, liegt ein Sachmangel vor. In Ihrem Fall betreffen die Abweichungen den Hubraum, die Leistung (fehlender Turbolader) und die Art des Steuerantriebs (Zahnriemen statt Steuerkette). Solche Abweichungen können erhebliche Auswirkungen auf Fahrverhalten, Wartungskosten und den Wiederverkaufswert haben. Ein vergleichbarer Fall wurde vom Oberlandesgericht Celle entschieden, bei dem eine zu hohe Motorleistung im Inserat angegeben war, was den Käufer zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigte.

2. Ausschluss der Sachmängelhaftung

Ein vertraglicher Ausschluss der Sachmängelhaftung ist bei Privatverkäufen grundsätzlich zulässig. Allerdings greift dieser Ausschluss nicht, wenn der Verkäufer einen Mangel arglistig verschweigt oder eine bestimmte Beschaffenheit zugesichert hat. In Ihrem Fall wurden spezifische Eigenschaften des Fahrzeugs zugesichert, die nicht vorhanden sind. Zudem deutet die Tatsache, dass der Verkäufer als gewerblicher Händler auftritt, aber den Verkauf als Privatperson abwickelt, auf eine mögliche Umgehung der gesetzlichen Gewährleistungspflichten hin. Der Bundesgerichtshof hat in einem Urteil klargestellt, dass bei einem solchen Umgehungsgeschäft der Gewährleistungsausschluss unwirksam sein kann. citeturn0search3

3. Vertragsschluss über einen "Strohmann"

Die Tatsache, dass der Kaufvertrag mit einer dritten Person geschlossen wurde, während der eigentliche Verkäufer im Hintergrund blieb, könnte als Umgehungsgeschäft bewertet werden. Wenn ein gewerblicher Verkäufer einen Verbraucher als "Strohmann" vorschiebt, um die Sachmängelhaftung auszuschließen, bleibt der "Strohmann" zwar Vertragspartei, jedoch kann der Gewährleistungsausschluss unwirksam sein, wenn der gewerbliche Verkäufer das wirtschaftliche Risiko trägt.

4. Rücktritt vom Kaufvertrag

Bei Vorliegen eines erheblichen Sachmangels und erfolgloser Fristsetzung zur Nacherfüllung steht dem Käufer das Recht zum Rücktritt vom Kaufvertrag zu (§§ 437 Nr. 2, 323 BGB). In Ihrem Fall haben Sie den Verkäufer über den Mangel informiert und eine Frist zur Rückabwicklung gesetzt, die ergebnislos verstrichen ist. Dies berechtigt Sie grundsätzlich zum Rücktritt. Ein Rücktritt ist jedoch ausgeschlossen, wenn der Mangel unerheblich ist. Die Erheblichkeitsschwelle wird in der Regel bei Mängelbeseitigungskosten von über 5 % des Kaufpreises angenommen.

5. Anfechtung wegen arglistiger Täuschung

Neben dem Rücktritt könnten Sie den Kaufvertrag auch wegen arglistiger Täuschung anfechten (§ 123 BGB). Dies setzt voraus, dass der Verkäufer Sie vorsätzlich über wesentliche Eigenschaften des Fahrzeugs getäuscht hat. Die Beweislast hierfür liegt bei Ihnen. Bei erfolgreicher Anfechtung wäre der Vertrag von Anfang an nichtig, und Sie könnten die Rückzahlung des Kaufpreises verlangen.

Fazit

Aufgrund der falschen Angaben zur Motorisierung und der Umstände des Vertragsschlusses bestehen realistische Chancen, Ihre Rechte durchzusetzen. Es empfiehlt sich, rechtliche Schritte gegen den Verkäufer einzuleiten, anstatt das Fahrzeug verlustbehaftet weiterzuverkaufen. Eine anwaltliche Beratung ist in diesem Fall dringend angeraten, um die Erfolgsaussichten und das weitere Vorgehen zu prüfen.

Mit freundlichen Grüßen

Hussein Madani
Rechtsanwalt


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