Entleiher stellt Leiharbeiter im Rahmen eines Minijobs ein

| 16. Mai 2009 21:56 |
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Arbeitsrecht


Beantwortet von


in unter 2 Stunden
Sehr geehrte Damen und Herren,

eine zu klärende Frage:

Kann eine Entleiher einen Leiharbeiter im Rahmen eines Minijobs zusätzlich im gleichen Unternehmen mit der identischen Tätigkeit an demselben Arbeitsplatz beschäftigen?

1. Gibt es Einschränkungen?
2. Gibt es einen Präzedenzfall (Urteil)?
3. Wie ist die rechtliche Grundlage? Welche § kommen in Betracht / zur Anwendung?

Vielen Dank für eine mögliche Antwort.

M.H.
16. Mai 2009 | 23:16

Antwort

von


(1230)
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Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),

die von Ihnen gestellten Fragen beantworte ich unter Berücksichtigung des geschilderten Sachverhaltes sowie Ihres Einsatzes wie folgt:

Es ist zunächst allgemein anerkannt und auch im AÜG vorausgesetzt, dass die rechtlichen Beziehungen zwischen Leiharbeitnehmer und Verleiher sowie zwischen Entleiher und Verleiher jeweils auf vertraglicher Grundlage beruhen.

Für das Verhältnis zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer ergibt sich aus einem Umkehrschluss aus § 10 Abs. 1 S. 1 AÜG, dass jedenfalls im Regelfall kein Arbeitsverhältnis zwischen diesen Parteien des Leihgeschäftes besteht. Das Arbeitsverhältnis besteht daher nur zwischen dem Verleiher und dem Leiharbeitnehmer.

Notwendiger Inhalt eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrags ist daher die Verpflichtung des Verleihers gegenüber dem Entleiher, diesem zur Förderung von dessen Betriebszwecken Arbeitnehmer zur Verfügung zu stellen.

Soviel zunächst zu dem jeweiligen Verhältnis der Beteiligten.

Ihre Fragen zielen nun darauf ab, ob der Entleiher den Leiharbeitnehmer zusätzlich im Rahmen eines Minijobs einstellen bzw. beschäftigen kann.

Dazu Ihre Fragen im Einzelnen:

1. Gibt es Einschränkungen?

Es wird – je nach Vertragsgestaltung zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer sowie zwischen Verleiher und Entleiher – Einschränkungen dahin gehend geben, dass der Leiharbeitnehmer zusätzlich ein Arbeitsverhältnis zu dem Entleiher eingeht. Dies würde eine zweite Arbeitsstelle oder – wie Sie beschreiben zumindest eine Nebenbeschäftigung – darstellen.

Selbst wenn die Tätigkeit im gleichen Unternehmen mit der identischen Tätigkeit an demselben Arbeitsplatz stattfindet, wird es sicherlich in den jeweiligen Überlassungsverträgen ausgeschlossen werden. Dies würde auch dem Sinn des AÜG zuwiderlaufen.

Die Behörde kontrolliert auch in regelmäßigen Abständen (meist halbjährlich) die Zeitarbeitsfirmen auf Einhaltung der Vorschriften und entzieht z. B. bei mehreren Verstößen (der Zeitarbeitsfirma bzw. von deren Handlungsbeauftragten) die Erlaubnis.

Daher ist es ratsam, sich diesbezüglich die einzelnen Verträge näher anzuschauen.

Wenn sich also diesbezüglich in dem Vertrag/ den Verträgen kein Passus findet, kann bei entsprechender Zustimmung aller Beteiligten eine solche Nebenbeschäftigung aufgenommen werden. Voraussetzung hierfür ist aber, dass hierdurch die sogenannte Hauptbeschäftigung keinen Nachteil (Arbeitsstunden) erfährt.

2. Gibt es einen Präzedenzfall (Urteil)?

Einen direkten Präzedenzfall gibt es nicht. In Deutschland ist das Institut des Präzedenzfalles so auch gar nicht anerkannt. Im anglo-amerikanischem Rechtsraum gilt das sogenannte case-law, nach welchem die Gerichte sich nach Präzedenzfällen zu richten haben. In Deutschland gilt im Vergleich dazu das sogenannte common-law. Die Gerichte sind hier zunächst an die geltenden Gesetze gebunden und nur befugt, diese im Rahmen der richterlichen Rechtsfortbildung weiterzuentwickeln.

Daher kann es keinen Präzedenzfall geben. Aber es gibt auch keine Urteile, welche sich mit einem ähnlich gelagertem Fall beschäftigen.

In dem Jahr 2004 wurde aber u. a. die Wiedereinstellungssperre aufgehoben. Dies bedeutet, dass der Entleiher den Leiharbeitnehmer nach Beendigung des jeweiligen Arbeitsverhältnisses in seiner Firma einstellen kann.

3. Wie ist die rechtliche Grundlage? Welche § kommen in Betracht / zur Anwendung?

Die gewerbsmäßige Überlassung von Arbeitnehmern unterliegt in Deutschland besonderen Vorschriften. Sie ist insbesondere erlaubnispflichtig (§ 1 Abs.1 Satz 1 AÜG). Eine Erlaubnis wird von der „aufsichtsführenden Behörde“ (Bundesagentur für Arbeit) zunächst nur befristet erteilt. Auf die Erteilung der Erlaubnis besteht ein Anspruch, wenn keiner der Versagungsgründe des § 3 AÜG vorliegt.
Der Arbeitnehmerüberlassungsvertrag zwischen dem Verleiher und den Entleiher bedarf nach § 12 Abs. 1 AÜG der Schriftform. In dem Vertrag ist vom Verleiher zu bestätigen, dass er die Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung besitzt.
Entliehene Arbeitnehmer können aber bei Verstoß des Verleihers gegen bestimmte Vorschriften - siehe oben - in den Personalstamm des Entleihers übergehen, § 10 Absatz 1 Satz 1 AÜG ein.

In Deutschland gilt die Privatautonomie. Das heißt, dass vertraglich grundsätzlich (fast) alles im Rahmen der gesetzlichen Gegebenheiten vereinbart werden kann. Daher kann auch vereinbart werden, dass über das bestehende Beschäftigungsverhältnis hinaus noch ein Minijob in Betracht kommt. Zu beachten ist aber, dass eine Nebenbeschäftigung vertraglich nicht bereits ausgeschlossen sein darf.




Zusammenfassend ist Ihre Ausgangsfrage, ob ein Entleiher einen Leiharbeiter im Rahmen eines Minijobs zusätzlich im gleichen Unternehmen mit der identischen Tätigkeit an demselben Arbeitsplatz beschäftigen kann, dahingehend zu beantworten, dass dies grundsätzlich möglich ist und vertraglich vereinbart werden kann, soweit es nicht durch den bestehenden (Leih-)Arbeitsvertrag ausgeschlossen ist.

Abschließend kann ich Ihnen daher nur raten, sich die entsprechenden Verträge anzuschauen. Im Zweifel wird hier ein Ausschluss einer sogenannte Zweitbeschäftigung ausgeschlossen sein. Dies kann sicherlich im Einverständnis mit allen Beteiligten zusätzlich vereinbart werden.


Rechtsanwalt Steffan Schwerin

Bewertung des Fragestellers 17. Mai 2009 | 06:45

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