Elternzeit: nachträgliche Kürzungsmöglichkeit Urlaubsabgeltung wegen Nebentätigkeit

| 7. Dezember 2023 10:33 |
Preis: 51,00 € |

Arbeitsrecht


Beantwortet von

Guten Tag,

ich hatte eine in Vollzeit angestellte Mitarbeiterin, die im Mitte November 2023 aus meinem Unternehmen ausgeschieden ist.

Die Mitarbeiterin befand sich das gesamte Jahr 2023 (und auch schon 2022) in Elternzeit, ist aber das gesamte Jahr 2023 einer anderweitigen Nebentätigkeit im Umfang von 12 Wochenstunden in Absprache mit mir nachgegangen.

Nunmehr muss ich nicht in Anspruch genommenen Urlaub abgelten.

Ich hatte versäumt, der Mitarbeiterin vor ihrem Ausscheiden aus meiner Firma mitzuteilen, dass der Urlaubsanspruch während der Elternzeit gekürzt bzw. gestrichen wird.

Dass dies nach erfolgtem Ausscheiden grundsätzlich nicht mehr möglich ist, ist mir klar und nicht Gegenstand meiner Frage.

Mir geht es hier um einen möglichen Einfluss der Nebentätigkeit auf den Umfang des von mir abzugeltenden Urlaubsanspruch und die Möglichkeit hier noch nach Vertragsbeendigung Einwände zu erheben.

Mutmaßlich hat die ehemalige Mitarbeiterin in 2023 neben dem bei mir vereinbarten Urlaubsanspruch von 28 Kalendertagen bezogen auf eine 5-Tage-Woche auch bei dem Unternehmen der Nebentätigkeit Urlaub beanspruchen können bzw. beansprucht.

Meine Frage ist, ob ich auch bezüglich dieses Aspekts (also bei mir weniger Urlaubsabgeltung, weil sie beim anderen Unternehmen auch Urlaub bekommen hat) eine Mitteilung über die Kürzung des Urlaubsanspruchs vor Ausscheiden aus meiner Firma an die Mitarbeiterin hätte übermitteln müssen, oder ob dies bezüglich dieses Gesichtspunkts anders ist.

Wenn Sie zu dem Ergebnis kommen sollten, dass dieser Einwand nicht verfristet ist (ich also noch kürzen kann), geht es mir um die weitere Frage, wie viele Tage Urlaub ich bei der Urlaubsabgeltung abziehen kann.

Unterstellen Sie bitte, dass die Mitarbeiterin beim Unternehmen der Nebentätigkeit ebenfalls – wie bei mir - 28 Tage Urlaub bezogen auf eine 5-Tage-Woche vereinbart hätte.

Ein befreundeter Anwalt hat mir bereits nachstehenden Link von der Seite des zuständigen Bundesministeriums geschickt,

https://familienportal.de/familienportal/familienleistungen/elternzeit/faq

indem folgender Satz steht:

„Achtung: Wenn Sie in der Elternzeit bei einem anderen Arbeitgeber in Teilzeit arbeiten, dann kann Ihr bisheriger Arbeitgeber Ihren Urlaubsanspruch kürzen. Allerdings haben Sie dann normalerweise bei dem anderen Arbeitgeber einen eigenen Urlaubsanspruch."

Bitte beantworten Sie die aufgerufene Fragestellung, ob eine Kürzung des Urlaubsanspruches wegen der Nebentätigkeit nicht ausgeschlossen ist, obwohl diese Kürzung bis zum Ausscheiden aus der Firma der Mitarbeiterin nicht mitgeteilt wurde nur, wenn Sie mir eine Fundstelle im Gesetz oder ein Urteil hierzu verlinken bzw. mit Aktenzeichen mitteilen können, da ich eine grobe Einschätzung des befreundeten Anwalts mit „die Kürzung müsste noch möglich sein" schon habe, diese Auskunft (oder das Gegenteil) aber absolut abgesichert wissen möchte.

Bevor ich mich mit ungünstigen Erfolgsaussichten vor dem Arbeitsgericht wiederfinde, zahle ich lieber ohne Kürzungen aus.

Besten Dank für Ihre Bemühungen.

7. Dezember 2023 | 12:18

Antwort

von


(1622)
Radeberger Str. 2K
01796 Pirna
Tel: 03501/5163032
Web: https://RA-Peter-Eichhorn.de
E-Mail: RA@RA-Peter-Eichhorn.de
Sehr geehrter Ratsuchender,

lassen Sie mich Ihre Frage wie folgt beantworten.

§ 17 Abs. 1 S. 1 BEEG regelt die Kürzungsmöglichkeit des entstandenen Urlaubs, die sie bereits kennen.

Anhand Ihrer Angaben sehe ich keine Möglichkeit, Einwände gegen die Abgeltung des entstandenen aber nicht genommenen Urlaubs zu erheben.

Es wäre aber zu prüfen, welche arbeitsvertragliche Regelung getroffen wurde.
Es ist nämlich durchaus möglich, zwischen dem gesetzlichen Mindesurlaubsanspruch (20 Tage bei einer 5-Tage-Woche) und dem vertraglichen Mehrurlaub (bei Ihnen 8 Tage) zu unterscheiden.

Gibt es keine derartige Differenzierung findet das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) auf die vollen 28 Tage Anwendung.

Das heißt dann, dass der entstandene aber nicht genommene Urlaub (28 Tage) abzugelten ist (§ 7 Abs. 4 BUrlG, § 17 Abs 3 BEEG).

§ 6 BUrlG (Ausschluss von Doppelansprüchen) findet bei parallel/gleichzeitig laufenden separaten Arbeitsverhältnissen keine Anwendung. Dort (in § 6) geht es nur um nacheinander bestehende Arbeitsverhältnisse und um den Fall, dass der Arbeitnehmer bereits seinen vollen Jahresurlaub beim alten Abreitgeber erhalten hat.

Wenn die Arbeitnehmerin in beiden gleichzeitig laufenden Arbeitsverhältnisses Urlaubsansprüche erworben hat, so bestehen diese auch voll (nebeneinander).

[b]Ich sehe daher keine Möglichkeit, die Urlaubsabgeltung nachträglich zu kürzen. § 17 Abs. 1 S. 1 BEEG sieht nur die Kürzung des Urlaubs nicht des Urlaubsabgeltungsanspruchs vor, siehe: BAG Urteil v. 19.05.2015 – 9 AZR 725/13.[/b]

(Das von Ihnen angeführte Zitat bezieht sich auf das Kürzungsrecht des § 17 BEEG bezüglich des Erholungsurlaubs im ersten Absatz unter „Was passiert mit meinem Urlaubsanspruch währen der Elternzeit?")


Etwas anderes kann allenfalls für den Dezember 2023 (28/12 = 2,33 Tage) gelten, wenn die Arbeitnehmerin ihre Stunden auf Grund des beendeten Arbeitsverhältnisses aufgestockt hätte.
Das heißt aber noch nicht, dass Sie wegen § 6 BUrlG bei der Abgeltung zwei Tage abziehen können.
Für eine genaue Berechnung müssten aber die vereinbarten Arbeitsstunden in den Arbeitsverhältnisses bekannt sein.
Insoweit hätten Sie aber einen Ansatzpunkt


Mit freundlichen Grüßen

Peter Eichhorn
Rechtsanwalt


Bewertung des Fragestellers 7. Dezember 2023 | 13:01

Hat Ihnen der Anwalt weitergeholfen?

Wie verständlich war der Anwalt?

Wie ausführlich war die Arbeit?

Wie freundlich war der Anwalt?

Empfehlen Sie diesen Anwalt weiter?

"Leider nicht das gewünschte Ergebnis, aber eine schnelle, ausführliche und mithin umfängliche Beantwortung meines Anliegens."
Mehr Bewertungen von Rechtsanwalt Peter Eichhorn »
BEWERTUNG VOM FRAGESTELLER 7. Dezember 2023
5/5.0

Leider nicht das gewünschte Ergebnis, aber eine schnelle, ausführliche und mithin umfängliche Beantwortung meines Anliegens.


ANTWORT VON

(1622)

Radeberger Str. 2K
01796 Pirna
Tel: 03501/5163032
Web: https://RA-Peter-Eichhorn.de
E-Mail: RA@RA-Peter-Eichhorn.de
RECHTSGEBIETE
Vertragsrecht, allgemein, Verwaltungsrecht, Mietrecht, Kaufrecht, Arbeitsrecht, Erbrecht, Verkehrsrecht, Zivilrecht, Strafrecht