Einfriedung Pachtgrundstück

29. Juli 2008 10:42 |
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Baurecht, Architektenrecht


Beantwortet von

Sehr geehrte Damen und Herren,
seit mehreren Jahren bin ich Pächter eines Kleingartens in einem Kleingartenverein in Halle(Saale)- Sachsen-Anhalt. Das Grundstück der Gartenanlage sowie das angrenzende Grundstück sind im Besitz der Stadt. Das angrenzende Grundstück wurde zu DDR-Zeiten (60 er Jahre)von der Gartenanlage (vorher auch Gärten)abgetrennt und von einem Baubetrieb (Kombinat) als Bauhof genutzt und bebaut. Die Außenmauern der Gebäude wurden direkt an unser Gärten gesetzt. Unsere rechtwinklig dazu abgehenden Gartenzäune sind an diese Mauer gesetzt, aber nicht mit dieser verbunden. Nun hat die Stadt dem Pächter des Nachbargrundstückes gekündigt und beabsichtigt im Rahmen einer Baumaßnahme alle Gebäude auf dem Nachbargrundstück abzubrechen und ein Freifläche für einen Stadthafen anzulegen. Bin ich als Pächter des angrenzenden Gartens verpflichtet nach dem Abbruch der Gebäude und Mauern eine neue Einfriedung zu setzen und dafür die Kosten zu tragen ?
29. Juli 2008 | 12:51

Antwort

von


(1624)
Hochwaldstraße 16
61231 Bad Nauheim
Tel: 06032/5074509
Web: https://www.rechtsanwalt-schroeter.de
E-Mail: Schroeter@Rechtsanwalt-Schroeter.de
Sehr geehrter Ratsuchender,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich auf Grundlage Ihrer Angaben wie folgt beantworte:

In den Landesbauordnungen ist nur eine eingeschränkte Einfriedungspflicht geregelt, die im öffentlichen Interesse zur Vorbeugung vor Gefahren, die von einem offenen Zugang der Grundstücke zu öffentlichen Straßen und sonstigen öffentlichen Einrichtungen drohen könnten, geregelt. Einfriedungen zu benachbarten privaten Grundstücken bleibt zumeist den Eigentümern überlassen.

Die Landesbauordnungen stellen in der Regel selbst an Einfriedungen, die keine baulichen Anlagen darstellen, gestalterische Anforderungen; die Gemeinden sind zudem regelmäßig ermächtigt, in örtlichen Bauvorschriften zusätzliche Regelungen zur Notwendigkeit und Ausgestaltung von Einfriedungen zu treffen.

Die meisten Landesnachbarrechte haben daneben aber auch privatrechtliche Vorschriften über Einfriedungen getroffen, um dem Nachbarn auch einen selbst durchsetzbaren Anspruch auf derartige Schutzvorkehrungen zu geben. Inn dem NbG des Landes Sachens-Anhalt finden sich entsprechende Regleungen.

Zu unterscheiden ist hierbei die Nachbarwand gem. § NbG LSA, die sich auf beiden Grundstücken befindet.

§ 5 Errichtung
(1) Nachbarwand ist die auf der Grenze zweier Grundstücke errichtete Wand, die den auf diesen Grundstücken errichteten oder zu errichtenden Gebäuden als Abschlusswand oder zur Unterstützung oder Aussteifung dient oder dienen soll.
(2) 1Eine Nachbarwand darf nur errichtet werden, wenn der Nachbar oder die Nachbarin in ihre Errichtung, ihre Anordnung auf den Grundstücken und in ihre Bauart und Bemessung, insbesondere ihre Höhe, Stärke und Gründungstiefe, schriftlich einwilligt. 2Die Einwilligung ist unwiderruflich.

Im Falle einer solchen Nachbarwand wäre im Vorfeld eine Regelung über die Kosten mit dem Nachbarn zu treffen. Die zweite Möglichkeit ist die Errichtung einer Grenzwand, die sich an der Grenze zum Nachbargrundstück ausschließlich auf dem eigenen Grundeigentum befindet. Hierzu ist der Nachbar lediglich anzuhören. Die Kosten sind von dem Ersteller zu tragen.

§ 11 Begriff
Grenzwand ist die unmittelbar an der Grenze zum benachbarten Grundstück, jedoch ausschließlich auf dem Grundstück des Erbauers oder der Erbauerin errichtete Wand.
§ 12 Errichtung einer ersten Grenzwand
(1) 1Wer eine Grenzwand errichten will, hat dies dem Nachbarn oder der Nachbarin anzuzeigen. 2§ 6 Abs. 2 gilt entsprechend.
(2) 1Der Nachbar oder die Nachbarin kann innerhalb von acht Wochen nach Zugang der Anzeige eine solche Gründung der Grenzwand verlangen, daß bei der späteren Durchführung des eigenen Bauvorhabens erschwerende Baumaßnahmen, wie insbesondere ein Unterfangen der zuerst gebauten Wand, vermieden werden. 2Mit den Arbeiten zur Errichtung der Grenzwand darf erst nach Ablauf der Frist begonnen werden.
(3) 1Der Nachbar oder die Nachbarin hat die nach Absatz 2 entstehenden Mehrkosten zu erstatten. 2In Höhe der voraussichtlich erwachsenden Mehrkosten ist auf Verlangen binnen vier Wochen Vorschuß oder Sicherheit zu leisten; der Anspruch auf besondere Gründung erlischt, wenn der Vorschuß oder eine Sicherheit nicht fristgerecht geleistet wird.
(4) Soweit der Erbauer oder die Erbauerin der Grenzwand beziehungsweise deren Rechtsnachfolger die besondere Gründung auch zum Vorteil des eigenen Gebäudes nutzen, beschränkt sich die Erstattungspflicht des Nachbarn oder der Nachbarin auf den angemessenen Kostenanteil; darüber hinaus bereits erbrachte Leistungen können zurückgefordert werden.

Eine Verpflichtung zur Erstellung einer Grenz- oder Nachbarwand besteht für Sie nicht. Zudem sollten Sie, bevor Sie bauliche Maßnahmen treffen zumindestens den Eigentümer, die Stadt, informieren bzw. um Zustimmung bitten.

Ich hoffe Ihnen einen ersten Überblick verschafft zu haben.

Mit besten Grüßen

Marcus Schröter
Rechtsanwalt & Immobilienökonom


Rechtsanwalt Marcus Schröter, MBA

Rückfrage vom Fragesteller 29. Juli 2008 | 13:08

Sehr geehrter Herr RA Schröter,
da die Stadt von uns nach dem Abbruch der Mauer die Aufstellung einer Einfriedung verlangt stellt sich für mich vorrangig die Frage ob sie als Eigentümer oder ich als Pächter dazu verpflichtet sind und wer von beiden Parteien dafür die Kosten zu tragen hat.
Mit freundlichen Grüssen

Ergänzung vom Anwalt 2. August 2008 | 21:59
Zunächst ist der Eigentümer hierzu verpflichtet, § 1 NbG LSA.

§ 1 Grundsätze

(1) Die nachbarschaftlichen Rechtsbeziehungen im räumlichen Einwirkungsbereich der Grundstücksbenutzungen bestimmen sich nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch und nach diesem Gesetz.

(2) Nachbar oder Nachbarin im Sinne dieses Gesetzes ist

1. der Eigentümer oder die Eigentümerin eines Grundstücks,
2. im Falle der Belastung des Grundstücks mit einem Erbbaurecht statt dessen der oder die Erbbauberechtigte,
3. der Inhaber oder die Inhaberin eines fortbestehenden selbständigen Gebäudeeigentums oder dinglichen Nutzungsrechts nach Artikel 233 § 4 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch .

(3) Soweit dies besonders bestimmt ist, gelten Rechte und Pflichten nach diesem Gesetz auch für diejenigen, die ein fremdes Grundstück auf Grund sonstiger Berechtigung ganz oder teilweise besitzen und in ihrem Besitz berührt sind. Eine Verpflichtung von Ihnen könnte sich aus dem Pachtvertrag ergeben.

Demnach sollten Sie die Stadt auf § 1 NbG LSA hinweisen. Die Einfriedung wäre, vorbehaltlich anderer Regelungen aus dem Pachtvertrag, durch die Stadt vorzunehmen.

Mit besten Grüßen

Marcus Schröter
Rechtsanwalt & Immobilienökonom
ANTWORT VON

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