Definition 'Behandlung' im Gesundheitsrecht

| 28. Januar 2025 15:54 |
Preis: 60,00 € |

Medizinrecht


Beantwortet von


10:22
Ich führe Haaranalysen durch. Aktuell ist gegen mich ein Strafverfahren anhängig wegen Verstoß gegen das Heilpraktiker-Gesetz. Ich führe keine Behandlungen durch. Ich habe keine Praxis. Meine Klienten beauftragen mit entweder telefonisch oder über die Webseite: www.haaranalyse.online. Generell wird immer von Ausübung der Heilkunde gesprochen, weil bei meinen Analysen eine Therapieempfehlung dabei ist. Die Präparate können in Büchern der DHU nachgelesen werden, die es in Apotheken kostenlos gibt. In diesen Büchlein kann ich nach Symptomen und Präparaten und umgekehrt suchen. Solcher Publikationen gibt es einige.

Für mich wäre wichtig widerlegen zu können, dass ich keine Behandlungen, sondern Beratungen durchführe, wie dies auch Apotheken oder Discounter machen. Beispielsweise gibt es in Apotheken Räume, in welchen eine Blutdruckmessung oder Blutzuckermessung durchgeführt und anschließend noch das Präparat dazu verkauft wird. In Discountern beraten Verkäufer/innen welcher Tee oder welche Tabletten bei Menstruationsbeschwerden helfen usw.

Fällt das Durchführen von Haaranalysen mit Therapieempfehlung unter ärztliche Behandlung nach Medizinrecht?
28. Januar 2025 | 16:28

Antwort

von


(881)
Gräfelfinger Str. 97a
81375 München
Tel: +4917664624234
Web: https://www.kanzlei-richter-muenchen.de
E-Mail: info@kanzlei-richter-muenchen.de
Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

1. Definition der Heilkunde
Nach § 1 Abs. 2 des Heilpraktikergesetzes ist die Ausübung der Heilkunde jede berufs- oder gewerbsmäßige Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen, die nicht im Rahmen eines anderen Heilberufs ausgeübt wird. Entscheidend ist, ob die Tätigkeit darauf abzielt, medizinische Diagnosen zu stellen oder therapeutische Maßnahmen zu ergreifen.

2. Haaranalysen und Therapieempfehlungen
a) Die Durchführung von Haaranalysen allein könnte als diagnostische Maßnahme angesehen werden, wenn sie dazu dient, gesundheitliche Zustände oder Krankheiten festzustellen. Dies fällt unter die Ausübung der Heilkunde, wenn es nicht lediglich der allgemeinen Gesundheitsvorsorge dient.

b) Die Abgabe von Therapieempfehlungen, insbesondere wenn sie auf der Grundlage der Haaranalyse erfolgen, kann als therapeutische Maßnahme gewertet werden. Dies ist besonders dann der Fall, wenn die Empfehlungen spezifische Präparate oder Behandlungen zur Heilung oder Linderung von Beschwerden umfassen.

3. Vergleich mit Apotheken und Discountern
Der Vergleich mit Apotheken und Discountern, die Beratungen zu Gesundheitsprodukten anbieten, ist nur bedingt zutreffend. Apotheken sind gesetzlich befugt, bestimmte Gesundheitsdienstleistungen anzubieten, und ihre Beratungen sind in der Regel auf den Verkauf von Produkten beschränkt, die sie selbst anbieten. Discounter, die allgemeine Gesundheitsprodukte verkaufen, überschreiten in der Regel nicht die Grenze zur Heilkunde, da sie keine individuellen Diagnosen oder spezifischen Therapieempfehlungen abgeben.

4. Subsumption
Meiner Meinung nach liegt eine gewerbsmäßige Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen, die nicht im Rahmen eines anderen Heilberufs ausgeübt wird.

Denn nach dem Ergebnis der individuellen Haaranalyse, wird eine individuelle Therapieempfehlung abgegeben.

5. Rechtliche Abgrenzung
Um zu widerlegen, dass Ihre Tätigkeit als Ausübung der Heilkunde gilt, könnten folgende Argumente relevant sein:

- Keine individuelle Diagnose:
Wenn die Haaranalysen keine individuellen Diagnosen stellen, sondern lediglich allgemeine Informationen über den Gesundheitszustand liefern, könnte dies gegen die Einstufung als Heilkunde sprechen.

- Allgemeine Empfehlungen:
Wenn die Therapieempfehlungen allgemeiner Natur sind und nicht auf spezifische Krankheitsbilder abzielen, könnte dies ebenfalls gegen die Einstufung als Heilkunde sprechen.

- Informationscharakter:
Wenn die Empfehlungen lediglich informativen Charakter haben und keine konkrete Behandlung anleiten, könnte dies die Abgrenzung zur Heilkunde unterstützen.

Fazit
Ob Ihre Tätigkeit als Ausübung der Heilkunde gilt, hängt von der konkreten Ausgestaltung der Haaranalysen und der Art der Therapieempfehlungen ab. nach dem beschriebenen Sachverhalt ist davon auszugehen, dass der Tatbestand erfüllt ist.

Dennoch habe ich Ihnen die Richtung vorgegeben, um gegen das Vorliegen von Heilkunde zu argumentieren.


Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen
RA Richter


Rückfrage vom Fragesteller 3. Februar 2025 | 10:03

Sehr geehrter Herr Richter,

vielen Dank für Ihre Stellungnahme zum Thema Behandlung. Meine Recherche hat ergeben, dass Fernbehandlungen für HP nicht verboten sind, dies müsste für mich dann auch gelten. Ich habe drei Jahre die HP-Akademie studiert, es mangelt jedoch an der amtsärztlichen Überprüfung. Außerdem mache ich keine Anamnesen und Diagnosen,. Die Haare werden ohne Kommentar eingeschickt, ohne Rücksprache von mir ausgewertet und telefonisch besprochen. Für die auffälligen Symptome wird ein Präparat empfohlen, welches als einer „Empfehlungsliste" meiner Software entnommen wird. Da gibt es z. B. für Husten acht unterschiedliche Empfehlungen. Außerdem kann jeder Kunde in - tw. kostenlos - verfügbaren Publikationen (z. B. DHU, wird über Apotheken verschenkt) seine eigene Therapie zusammenstellen.

Ich besuche keine Kunden, Kunden kommen nicht zu mir, ich habe keine Praxis (nur ein Büro) - wäre das nicht unter Fernbehandlung einzuordnen?

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 3. Februar 2025 | 10:22

Sehr geehrter Fragesteller,

Gerne beantworte ich Ihre Nachfrage.

Im Umgang mit Arzneimitteln ist es Heilpraktikern beispielsweise verboten, verschreibungspflichtige Medikamente oder Betäubungsmittel zu verordnen, generell Arzneimittel zu verkaufen oder abzugeben (Ausnahme: Arzneimittelmuster) sowie Arzneimittel mit abgelaufenem Verfallsdatum in der Praxis zu lagern oder gar anzuwenden (AMG, BGB, BtMG).

Richtig ist, dass im Mai 2018 durch Beschluss der Bundesärztekammer das Verbot der ausschließlichen Fernbehandlung aufgehoben wurde.

Meine Ansicht nach handelt es sich jedoch um Heilkunde, soweit verschreibungspflichtige Medikamente verordnet werden.

Beste Grüße
RA Richter

Bewertung des Fragestellers 4. Februar 2025 | 12:47

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"Die Reaktionszeit für die Rückfrage empfand ich etwas lang. Aus der Argumentation hinsichtlich der verschreibungspflichtigen Medikamente erkenne ich, dass Herr Richter sich nur bedingt in der Naturheilkunde auskennt. Dennoch war für mich ein wichtiger Satz dabei, der mir weiterhilft. Man könnte noch erwähnen, dass aus meiner ersten Anfrage bereits ersichtlich war, dass ich, wenn überhaupt, Fernbehandlungen durchführe. Das war auch der Grund für die Rückfrage. Die erste Antwort betreffend die Apotheken etc. ist nur pauschal beantwortet, dass diese gesetzlich befugt sind bestimmte Gesundheitsdienstleistungen anzubieten. Hier fehlt die rechtliche Grundlage, insbesondere um nachlesen zu können, was unter diesen Begriff fällt. Sprechen wir von Blutdruck messen oder Blutzuckermesserung oder mehr? Letzteres kann ich mir nicht vorstellen, weil hierfür besondere Hygienevorschriften einzuhalten sind. "
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BEWERTUNG VOM FRAGESTELLER 4. Februar 2025
3,4/5.0

Die Reaktionszeit für die Rückfrage empfand ich etwas lang. Aus der Argumentation hinsichtlich der verschreibungspflichtigen Medikamente erkenne ich, dass Herr Richter sich nur bedingt in der Naturheilkunde auskennt. Dennoch war für mich ein wichtiger Satz dabei, der mir weiterhilft. Man könnte noch erwähnen, dass aus meiner ersten Anfrage bereits ersichtlich war, dass ich, wenn überhaupt, Fernbehandlungen durchführe. Das war auch der Grund für die Rückfrage. Die erste Antwort betreffend die Apotheken etc. ist nur pauschal beantwortet, dass diese gesetzlich befugt sind bestimmte Gesundheitsdienstleistungen anzubieten. Hier fehlt die rechtliche Grundlage, insbesondere um nachlesen zu können, was unter diesen Begriff fällt. Sprechen wir von Blutdruck messen oder Blutzuckermesserung oder mehr? Letzteres kann ich mir nicht vorstellen, weil hierfür besondere Hygienevorschriften einzuhalten sind.


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