Bürgschaft kündigen - Konsequenzen?

4. Juli 2008 12:25 |
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Wirtschaftsrecht, Bankrecht, Wettbewerbsrecht


Beantwortet von

Sehr geehrte Damen und Herren.
Im Dezember 2007 habe ich eine zeitlich nicht begrenzte selbstschuldnerische Bürgschaft über 30.000 Euro für meinen Mann (wegen Firmenübernahme) unterschrieben.
Die Bürgschaft sichert ein Darlehen über 50,000 Euro sowie Avalkredite in Höhe von 150.000 Euro.
Zusätzlich wurde noch eine Grundschuld von 130.000 Euro auf unser Haus gelegt.
Im März diesen Jahres trennte sich mein Mann wegen einer anderen Frau (seiner Angestellten) von mir und zog am 1.5. aus.
Er hat mir auch unser Arbeitsverhältnis (ich war in der Fa angestellt) schnell gekündigt.

Nun ist die Bürgschaft nach einem Jahr kündbar, das werde ich natürlich auch in Anspruch nehmen.
Meine Frage ist nur, ob ich wegen Wegfall der Geschäftsgrundlage ausserordentlich kündigen kann, oder ob ich dieses eine Jahr zähneknirschend durch halten muss.
Zudem die Bank mich auch nicht anständig beraten hat.
Das Haus läuft auf meinen Namen.

Freundliche Grüße und Vielen Dank für Ihre Antwort
4. Juli 2008 | 14:15

Antwort

von


(1624)
Hochwaldstraße 16
61231 Bad Nauheim
Tel: 06032/5074509
Web: https://www.rechtsanwalt-schroeter.de
E-Mail: Schroeter@Rechtsanwalt-Schroeter.de
Sehr geehrte Ratsuchende,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die auf Grundlage Ihrer Angaben wie folgt beantworte:

Die Bürgschaft gem. § 765 BGB ist ein einseitig verpflichtender Vertrag. Vertragsparteien des Bürgschaftsvertrages sind in Ihrem Falle Sie und der Gläubiger der Hauptschuld Ihres Mannes, die Bank.

Die Geschäftsgrundlage bestimmt sich daher im Verhältnis zwischen Ihnen und dem Bürgschaftsbegünstigten, den Darlehensgeber (Bank). Aufgrund der Trennung zwischen Ihnen und Ihrem Mann ist die Geschäftsgrundlage für den Bürgschaftsvertrag zwischen ihnen und dem Bürgschaftsbegünstigten nicht weggefallen, da dieser nicht Grundlage für die Übernahme der Bürgschaftsverpflichtung war.

Der Bürgschaftsvertrag hat weiterhin Bestand, so dass aus diesem Grund kein Recht zu einer außerordentlichen Kündigung herzuleiten ist. Ein wichtiger Grund stellt z.B. die erhebliche Verschlechterung der Vermögenslage des Hauptschuldners dar.

Soweit der Bank ein Beratungsfehler vorzuwerfen ist, wäre dieser zunächst darzulegen, um das Vertragsverhältnis außerordentlich kündigen zu können.

Eine Störung der Geschäftsgrundlage für die Bürgschaft wäre hier allerdings darin zu sehen, dass Ihr Arbeitsverhältnis gekündigt wurde. Eine Störung der Geschäftsgrundlage wäre dann gegeben, wenn das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses Grundlage für die Übernahme der Bürgschaft gewesen ist. (Palandt, § 313 Rndr. 53; BGH, NJW-RR 89, 753, Rn. 5), so dass sich unter Umständen auch hieraus ein wichtiger Grund zur Kündigung ergeben könnte.

In Betracht kommt auch, dass der Wirksamkeit der Bürgschaft § 138 BGB entgegensteht.

Danach kann ein Bürgschaftsvertrag gegen § 138 BGB verstoßen und sittenwidrig sein, wenn die übernommene Bürgschaft die Leistungsfähigkeit des Bürgen erheblich übersteigt und zusätzlich erschwerende Umstände hinzukommen, z.B.

- die Entscheidungsfreiheit des Bürgen aufgrund des besonderen Näheverhältnis zum Schuldner durch den Gläubiger selbst oder dem Schuldner in unzulässiger Weise beeinflusst wird;

- die Bürgschaft den Bürgen nach seinen Vermögensverhältnissen krass überfordert (BGH, NJW 00, 1182) und sie für den Gläubiger sinnlos ist.

Im Falle einer ordentlichen Kündigung des Bürgschaftsvertrages ist diese erst mit angemessener Frist zulässig.

Hinsichtlich der weitergehenden Prüfung einer außerordentlichen Kündigung wegen der Kündigung des Arbeitsverhältnisses empfehle ich einen Kollegen mit der weiteren Prüfung zu beauftragen, da hier die Gesamtumstände zu berücksichtigen sind.

Ich hoffe Ihnen einen hilfreichen Überblick verschafft zu haben. Im Rahmen der Nachfragefunktion stehe ich Ihnen zur Verfügung.

Mit besten Grüßen

Marcus Schröter
Rechtsanwalt & Immobilienökonom


Rechtsanwalt Marcus Schröter, MBA

Rückfrage vom Fragesteller 7. Juli 2008 | 20:12

Sehr geehrter Herr Schröter,
danke erst einmal für Ihre ausführliche Antwort. Im Bürgschaftsvertrag steht, dass mit Wirksamwerden der Kündigung sich die Bürgschaft auf den Bestand der verbürgten Ansprüche zu diesem Zeitpunkt beschränkt. Die Vereinbarungen aus dieser Bürgschaft gelten bis zur vollständigen Erfüllung der verbürgten Verbindlichkeiten des Hauptschuldners weiter.
Was genau heisst das für mich? Fach-Chinesisch war leider noch nie meine Stärke.

Und kann mir mein Noch-Mann, wenn er von meinen Plänen erfährt, die Bürgschaft zu kündigen, daraus einen Strick drehen?

Empfehlen Sie einen Kollegen für Arbeitsrecht oder Bankrecht?


Vielen Dank

Ergänzung vom Anwalt 13. Juli 2008 | 20:53
Die Kündigung der Bürgschaft verhindert nicht die Inanspruchnahme für die Zukunft. Lediglich ist die Inanspruchnahme aus der Bürgschaft begrenzt auf den Betrag der Darlehensinanspruchnahme zum Zeitpunkt der Kündigung. Erst wenn das verbürgte Darlehen zurückgeführt ist, kann auch keine Inanspruchnahme der Bank erfolgen.

Konsequenzen seitens Ihres Mannes haben Sie nicht befürchten, außer natürlich, dass Sie seitens der Bank in Anspruch genommen werden könnten, wenn das verbürgte Darlehen nicht mehr bedient wird.

Für die weitere Beratung empfehle ich einen Kollegen im Bank- bzw- Wirtschafstrecht.

Mit besten Grüßen

Marcus Schröter
Rechtsanwalt & Immobilienökonom
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