Betriebsratsvorsitzender und Rechtsanwalt des BR

| 2. September 2014 12:18 |
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Arbeitsrecht


Beantwortet von


13:33
Sehr geehrte Damen und Herren,

unser Betriebsrat ist ein gut funktionierendes Gremium. Nur leider gibt es einen negativen Beigeschmack. Der Vorsitzende des Betriebsrates ist gleichzeitig auch ein sehr guter Freund und Nachbar des BR-Rechtsanwalts.

Wir - aber auch die anderen Mitglieder des BR - sind hier nicht sicher, ob alles mit rechten Dingen abläuft. Die anderen BR-Mitglieder haben das Gefühl, vieles wird verheimlicht. Wir haben das Gefühl, das private Angelegenheiten des Vorsitzenden (arbeitsrechtlicher Natur) über die Firma abgerechnet werden.

In wie weit haben wir als GF hier Möglichkeiten etwas zu verändern, mitzuwirken oder Informationen zu erhalten? Muss der RA in seiner Rechnung Angaben zum Inhalt (oder Themen) der Beratungen des BR machen? Ist das alles geheim? Irgendwas ist hier faul.

Ich freue mich auf eine Rückmeldung.
2. September 2014 | 12:59

Antwort

von


(2767)
Brandsweg 20
26131 Oldenburg
Tel: 0441-7779786
Web: https://www.jan-wilking.de
E-Mail: info@jan-wilking.de
Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Ich gehe davon aus, dass der Rechtsanwalt nicht zur Vertretung in einem Gerichtsverfahren bzw. in dessen Vorfeld beauftragt wurde, sondern als Sachverständiger im Sinne des § 80 Absatz 3 BetrVG beratend tätig wird.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann der Betriebsrat dann einen Anwalt als Sachverständigen heranziehen, wenn dieser dem Betriebsrat spezielle Rechtskenntnisse vermitteln soll, die der Betriebsrat zur Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben benötigt. Voraussetzung ist allerdings, dass die Hinzuziehung des Rechtsanwalts auch erforderlich im Sinne des § 80 Absatz 3 BetrVG ist. Der Be­triebs­rat muss dabei das In­ter­es­se der Ar­beitneh­mer an ei­ner sach­ge­rech­ten Wahr­neh­mung sei­ner Auf­ga­ben ge­gen das In­ter­es­se des Arbeit­ge­bers abwägen, unnöti­ge Kos­ten zu vermeiden. Vereinfacht gesagt muss sich der Betriebs­rat stets die Fra­ge stel­len, ob er auch dann ei­nen An­walt be­auf­tra­gen würde, wenn er des­sen Ho­no­rar selbst be­zah­len müss­te.

Ist die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts im Sinne des § 80 Abs. 3 BetrVG erforderlich, darf der Betriebsrat den Anwalt aber trotzdem erst dann einschalten, wenn er sich über die Einzelheiten der Anwaltsbeauftragung (u.a. auch Thema und Kosten) mit dem Arbeitgeber geeinigt hat. Insoweit muss der Rechtsanwalt Ihnen als Rechnungsempfänger grundsätzlich auch Umfang und Thema der abgerechneten Beratungsleistung offenlegen. Bei berechtigten Zweifeln können Sie m.E. auch eine ausdrückliche Bestätigung verlangen, dass die Abrechnung keine betriebsratfremde, individuelle Beratung umfasst.


Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Jan Wilking

Rückfrage vom Fragesteller 2. September 2014 | 13:05

Vielen Dank für die ausführliche Antwort.

Der RA schreibt in seiner Rechnung lediglich, Beratung unter Berücksichtigung § 40 BetrVG. Das ist ja auch nicht ganz korrekt oder?

Was passiert, wenn dieser RA für den Betriebsratsvorsitzenden persönlich tätig wird (in arbeitsrechtlichen Angelegenheiten)? Ist dann die Tätigkeit nebenher für den BR noch akzeptabel?

Vielen Dank und viele Grüße

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 2. September 2014 | 13:33

Vielen Dank für Ihre Nachfrage, die ich wie folgt beantworte möchte:

Unter § 40 BetrVG fallen regelmäßig nur Kosten, die durch die gerichtliche Verfolgung oder Verteidigung von Rechten des Betriebsrats entstehen bzw. bei einer außergerichtlicher Vertretung, die zur Vermeidung eines gerichtlichen Verfahrens dienen soll. Allgemein beratende Tätigkeit umfasst diese Vorschrift eigentlich nicht, insofern ist die Angabe m.E. nicht korrekt bzw. unvollständig.

Das Bundesarbeitsgericht (Az. 7 ABR 60/03) hat entschieden, dass ein Rechtsanwalt sowohl den Betriebsrat als auch ein einzelnes Betriebsratsmitglied arbeitsrechtlich vertreten darf. Insofern sehe ich auch in Ihrem Fall allein aufgrund der "Doppeltätigkeit" keinen offensichtlichen Interessenkonflikt, der eine weitere Tätigkeit des Rechtsanwaltes für den BR ausschließen würde. Ich weise aber darauf hin, dass auch die Frage, welcher Anwalt beauftragt werden soll, durch ordnungsgemäßen Beschluss des Betriebsrates entschieden werden muss. Insbesondere ein Vertrauensverlust eines Großteils der Betriebsratsmitglieder kann durchaus einen Anwaltswechsel begründen.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen weiterhelfen und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Bewertung des Fragestellers 2. September 2014 | 13:40

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BEWERTUNG VOM FRAGESTELLER 2. September 2014
5/5.0

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