15. Mai 2018
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17:25
Antwort
vonRechtsanwältin Dr. Elke Scheibeler
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gerne beantworte ich Ihre Frage wie folgt: Nach dem Beschluss des BGH vom 20.07.2017, IX ZB 63/16 ist bei der Berechnung des pfändbaren Einkommens im Insolvenzverfahren grundsätzlich deutsches Recht anzuwenden, wenn das Insolvenzverfahren in Deutschland rechtshängig ist, auch wenn das Einkommen im Ausland erzielt wird. Ich gehe davon aus, dass diese Entscheidung auch für die Berechnung des abgetretenen pfändbaren Gehaltsanteils in der Wohlverhaltensphase gilt. Der zur Begründung vom BGH herangezogene § 335 ZPO ordnet ausdrücklich an, dass auch die "Wirkungen" des Insolvenzverfahrens dem Recht des Staates unterliegen, in dem das Verfahren eröffnet worden ist, und die Wohlverhaltensphase ist ja eine solche Wirkung.
Die Pfändung richtet sich somit nach §§ 36 InsO, 850 e ZPO. Letztere Vorschrift ordnet an, dass Beträge, die UNMITTELBAR aufgrund von steuerrechtlichen und sozialrechtlichen Vorschriften abzuführen sind, bei der Berechnung des unpfändbaren Einkommens nicht mitzurechnen sind. Gemeint ist hiermit nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 15.10.1985, 3 AZR 502/80 lediglich der UNMITTELBARE Lohnsteuerabzug eines deutschen Arbeitgebers nach § 38 EStG, der bei Ihnen nicht gegeben ist. Der pfändbare Anteil des Einkommens wäre also nur aus Ihrem Bruttogehalt (soweit nicht oder nur bedingte pfändbar wie Mehrpflegungsaufwand o.ä.) abzügich der Sozialversicherungsbeiträge zu berechnen. Sie könnten dann im Hinblick auf Ihre Lohnsteuervorauszahlungen beim Insolvenzgericht gemäß §§ 36 InsO, 850 f ZPO einen Antrag auf Erhöhung des Freibetrags stellen. Dies sollten Sie auch machen, denn der Insolvenzverwalter droht mit dem Vorwurf der Obliegenheitsverletzung ja mit der Versagung der Restschuldbefreiung, und damit ist nicht zu spaßen.
Zusammenfassend hat keiner der beiden Recht. Der Insolvenzverwalter mag im Ergebnis Recht behalten, wenn das Insolvenzgericht entschieden hat. Ohne einen solchen Antrag ist aber kein Grund gegeben, aus dem Ihr Vorauszahlungsbescheid berücksichtigt werden könnte. Die Vorgehensweise Ihres schweizer Arbeitgebers kann ich nicht nachvollziehen. Hierbei verstehe ich Sie so, dass die Einkommensteuervorauszahlung vom pfändbaren, also an den Verwalter abzuführenden Betrag berechnet wird. Mir ist keine Berechnungsweise bekannt, wonach Ausgaben mit dem pfändbaren Einkommen verrechnet werden. Entweder es wird das Bruttoeinkommen verringert, weil teilweise nicht oder nur bedingte pfändbare Anteile enthalten sind, oder es werden Mehraufwände z.B. wegen Krankheit durch eine Erhöhung des UNpfändbaren Betrags durch das Gericht auf Antrag berücksichtigt.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwältin Dr. Elke Scheibeler
Fachanwältin für Arbeitsrecht