6. Januar 2020
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16:06
Antwort
vonRechtsanwalt Sascha Lembcke
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Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen wie folgt beantworten:
Die Vertretung erkrankter Mitarbeiter stellt einen anerkannten Befristungsgrund dar. In einer Entscheidung vom 29.6.2011 hat das BAG die Krankheitsvertretung als Fall einer "auflösenden Bedingung" betrachtet, für die jedoch die gleichen Grundsätze wie für die Zweckbefristung gelten.
Wenn der Befristungsgrund wegfällt, wandelt sich das Arbeitsverhältnis jedoch nicht unmittelbar in ein unbefristetes Verhältnis um. Hierbei muss daher differenziert werden, zwischen Zeitbefristung und Zweckbefristung.
Liegt z.B. eine zeitliche Befristung vor, da der Arbeitgeber einen längeren Ausfall des Mitarbeiters erwartet hat und meldet sich der erkrankte Mitarbeiter unerwartet kurzfristig zurück, so muss der Arbeitgeber die Vertretung für die Dauer der Auslauffrist weiterbeschäftigen, obwohl der Vertretungsbedarf nicht mehr besteht. Eine Entfristung findet dann nicht statt.
Haben die Parteien ein befristetes Arbeitsverhältnis mit sachlichem Grund (§ 14 Abs. 1 TzBfG) vereinbart und fällt der Befristungsgrund im Verlaufe der Vertragsdauer weg, hat dies daher auf die Wirksamkeit der Befristung zunächst keinen Einfluss.
Anders können die Dinge aber liegen, wenn die Parteien während der Vertragsdauer einen neuen (befristeten) Arbeitsvertrag abschließen und zu diesem Zeitpunkt der Befristungsgrund bereits fehlte.
Fällt der bei Vertragsschluss gegebene Sachgrund für die Befristung später weg, entsteht daher kein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn sich während der Dauer des befristeten Arbeitsverhältnisses die Tätigkeit des Arbeitnehmers ändert. Kommt es jedoch zu einem Änderungsvertrag unter Beibehaltung der Befristung, dann unterliegt dieser Vertrag der Befristungskontrollklage (BAG, Urteil vom 17.5.2017 - 7 AZR 301/15).
Wenn wie vorliegend, dass Arbeitsverhältnis unter einer auflösenden Bedingung (Zweckbefristung), nämlich Rückkehr des vormals erkrankten Mitarbeiters steht, so tritt diese nicht schon dann ein, wenn der Mitarbeiter zurück kehrt. Vielmehr darf sich der Arbeitgeber meines Erachtens von dem Gesundheitszustand und der Arbeitstauglichkeit des zurückkehrenden ein tatsächliches Bild machen. Ggf. ist der Arbeitsplatz auch zwischen den Mitarbeitern zu übergeben oder dieser wieder neu einzuweisen etc..
Erst wenn der Arbeitgeber im Rahmen einer angemessenen Zeitdauer überzeugt ist, muss er das Arbeitsverhältnis auch bei Wegfall des Sachgrund lösen. Eine automatische Verlängerung nur aufgrund der taggenauen Rückkehr findet meines Erachtens nicht statt. Dem steht auch inhaltlich § 15 TzBfG entgegen.
Sollte der Arbeitgeber jedoch das Arbeitsverhältnis über eine übliche Angemessenheitsschwelle (un-)verändert fortsetzen, kann grundsätzlich anderes gelten, da dann mit der Fortsetzung der tätigkeit ein unbefristetes neues Arbeitsverhältnis begründet sein kann, sofern keine zeitliche (Höchst-)Befristung vereinbart ist und es die Umstände des Einzelfall ergeben.
Die Wirksamkeit einer Zweckbefristung setzt daher neben dem Vorliegen eines sachlich gerechtfertigten Grundes zusätzlich voraus, dass der Zeitpunkt der Zweckerreichung für den Arbeitnehmer frühzeitig erkennbar ist, d. h. vom Arbeitgeber rechtzeitig angekündigt wird. Die Dauer der erforderlichen sog. Ankündigungs- bzw. Auslauffrist ist nach § 15 Abs. 2 TzBfG auf 2 Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber festgelegt worden.
Gemäß § 15 Abs.2 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) endet ein zweckbefristeter Arbeitsvertrag mit Erreichen des Zwecks, frühestens aber zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgerber über den Zeitpunkt der Zweckerreichung.
Nach bisherigem Recht gilt zudem: Wurde die konkret notwendige Auslauffrist nicht eingehalten, so führte dies nicht zu einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien, sondern nur zu einer Auflösung des Arbeitsverhältnisses zum Endzeitpunkt der fiktiv zu ermittelnden Auslauffrist. Ob diese Rechtsprechung aufrechterhalten bleibt, muss abgewartet werden.
Nach aktuellem Recht soll dagegen Folgendes gelten: Erfolgt die Mitteilung verspätet, so endet das Arbeitsverhältnis 2 Wochen nach Zugang der schriftlichen Mitteilung. Wird dem Mitarbeiter das Enddatum jedoch mündlich oder in keiner Weise angekündigt, so fehlt es an der nach § 15 Abs. 2 TzBfG notwendigen gesetzlichen Schriftform. Der befristete Vertrag läuft daher weiter bis 2 Wochen nach der notwendigen schriftlichen Information durch den Arbeitgeber. Bemerkt der Arbeitgeber seinen Fehler möglicherweise erst mehrere Monate später, so ist die sachliche Rechtfertigung der Zweckbefristung infolge des Zeitablaufs wohl entfallen. Rechtsfolge: Das Arbeitsverhältnis ist unbefristet!
Im Ergebnis bedeutet dies, dass eine kurzeitige bzw. überschaubare Überschneidung zwischen Weiterbeschäftigung und Rückkehr des Vertretenen meines Erachtens nach der bisherigen Rechtsprechung keine Auswirkung haben und insbesondere nicht zu einer Entfristung zwangsläufig führen. Auch wenn die notwendige Ankündigung des § 15 TzbfG verspätete erfolgt, aber noch im zeitnahen Zusammenhang, erfolgt nicht sofort eine Entfristung. Vielmehr müssen weitere Umstände hinzukommen, z.B. erheblicher Zeitablauf, Änderung der Vertragskonditionen etc. um eine Entfristung zu begründen.
Wenn Sie als Arbeitnehmer der Meinung sind, dass die in Ihrem Arbeitsvertrag enthaltene Befristung unwirksam ist, können Sie vor dem Arbeitsgericht Klage gegen die Befristung erheben. Eine solche Befristungskontrollklage muss auf die Feststellung gerichtet sein, "dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung nicht beendet ist" (§ 17 Satz 1 TzBfG).
Die Entfristungsklage müssen Sie spätestens binnen drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrages erheben (§ 17 Satz 1 TzBfG). Wenn Sie diese dreiwöchige Klagefrist versäumen, was auch durch Stellung eines falschen Antrags geschehen kann, wird unwiderleglich vermutet, dass das Arbeitsverhältnis mit Ablauf der zuletzt vereinbarten Befristung endete.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt Sascha Lembcke