ich beantworte Ihre Frage gerne wie folgt:
Zunächst einmal wäre hier zu prüfen, ob Sie für die geplante Errichtung des Wintergartens/Balkonverglasung und die Versetzung der Tür eine Baugenehmigung brauchen. Das ist öffentliches Baurecht, welches sich nach der Landesbauordnung bestimmt. Ich kann leider nicht erkennen, in welchem Bundesland Sie wohnen. Möglicherweise besteht auch Genehmigungsfreiheit, das kommt auf die Landesbauordnung an. Zu prüfen ist zudem, ob es einen Bebauungsplan gibt und in welchem Bereich das Gebäude liegt.
Das bezieht sich sowohl auf die von Ihnen geplante Maßnahme, als auch auf die damalige Maßnahme des Dachgeschossbewohners.
Davon abhängig ist es nämlich auch, wie ein Beschluss der WEG zu werten ist. Grundsätzlich handelt es sich bei beiden Maßnahmen um solche, für die Sie einen Beschluss der WEG benötigen. Das ergibt sich aus § 22 I WEG (Wohungseigentumgsgesetz). Es handelt sich um eine bauliche Veränderung, wofür die Zustimmung aller Mitglieder der WEG notwendig ist. Eine bauliche Veränderung ist eine auf Dauer angelegte Umgestaltung des gemeinschaftlichen Eigentums.
Ein solcher Beschluss kann aber auch nichtig sein- und damit kommen wir wieder zum Ausgangspunkt- wenn ein Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften vorliegt.
Die damalige Maßnahme ist nach Ihrer Mitteilung schon länger als 10 Jahre her. Ob es eine Baugenehmigung gab, ist nicht bekannt. Ein WEG Beschluss wurde offenbar nicht getroffen oder möglicherweise einstimmig. Eine Rückbauverpflichtung ist nach 10 Jahren verjährt. Die Verjährung tritt nach §§ 195 ff. BGB nach drei Jahren zum Jahresende ein. (Allerdings könnte die WEG dennoch einen gemeinsamen Rückbau unter Umlegung der Kosten auf alle WEG-Mitglieder beschließen, was ja aber nicht in Ihrem Interesse liegt.)
Wenn man nun also zu dem Ergebnis kommt, dass die von Ihnen geplanten Maßnahmen genehmigungsfrei sind, so müssten Sie einen einstimmigen Beschluss der WEG erreichen, wonach man Ihren Maßnahmen zustimmt. Dann kann ein solcher Beschluss getroffen werden, ohne dass die zivilrechtliche Gefahr der Nichtigkeit besteht, weil dann kein Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Bauvorschriften vorliegen würde. Welche Argumente Sie dann gegenüber dem anderen Mitglied der WEG in der WEG-Versammlung bleibt Ihnen natürlich überlassen, jedoch gibt es einen rechtlichen Grundsatz, der besagt, dass es keine Gleichheit im Unrecht gibt. ( " du hast damals rechtswidrig gebaut, dann darf ich das auch"). Wenn es eine Baugenehmigung gab damals, so ist Ihre Argumentation natürlich schwächer, wenngleich der WEG-Beschluss möglicherweise nichtig war, sofern es einen gab.
Wenn man zu dem Ergebnis kommt, dass die Maßnahmen genehmigungsbedürftig sind, so ist dringend anzuraten, erst einmal Baugenehmigungen oder eine Bauvoranfrage zu machen und dann die Eigentümerversammlung mit dem entsprechenden Beschluss abhalten. Die Gefahr einer Nichtigkeit besteht nicht, bezüglich der Argumente gilt das gleiche wie oben, jedoch ist Ihre Position natürlich besser, wenn Sie eine Baugenehmigung haben oder in Aussicht haben.
Ich hoffe, Ihnen weiter geholfen zu haben und verbleibe mit freundlichen Grüßen. Nutzen Sie ggf. gerne die kostenlose Nachfragefunktion.
Draudt
Rechtsanwältin
Wir kommen aus Hessen. Die andere Partei hat vor X Jahren für den Ausbau des Dachgeschoss eine Baugenehmigung gehabt - die Zustimmung wurde damals sozusagen formlos und stillschweigend erteilt. Innerhalb der letzten 3 Jahre wurden oben auf der Dachterrasse die Rollläden gemacht sowie die Flurwans bis hin zu unserer Wohneinheit tapeziert. Wenn ich das richtig deute, hätten diese Änderungen ja ebenfalls unsrer Zustimmung bedurft weil sie eine Änderung des gemeinschaftseigentums hervorrufen. Dies würde argumentativ für uns zumindest ein geben und nehmen bedeuten, sprich ein "euch haben wir ja auch machen lassen".
Muss diese konkrete Zustimmung denn immer bestehen, sofern konkret keiner in irgendeiner Art und Weise beeinträchtigt wird?
Danke & Viele Grüße
Sehr geehrter Fragesteller,
zu Ihrer Nachfrage teile ich Ihnen gerne mit, dass der Beschluss der WEG immer dann gesetzlich zwingend vorgeschrieben ist, wenn eine bauliche Veränderung ansteht. Anhand Ihrer Schilderung ist von einer solchen auszugehen.
Sie müssten sich dann wie gesagt auch noch darum kümmern, ob Sie eine öffentlich-rechtliche Baugenehmigung benötigen. Wie gesagt, muss man dazu wissen, in welchem Gebiet das Hausgrundstück gibt und, ob es einen Bebauungsplan gibt. Das haben Sie leider nicht mitgeteilt, so dass ich Ihnen keine näheren Angaben machen kann.
Wenn Sie möchten, prüfe ich das noch. Dazu erhalten Sie von mir nachfolgend ein Folgeangebot.
Mit freundlichen Grüßen
Draudt
Rechtsanwältin