Anzuwendende §§ für Aufenthaltserlaubnis bei Ehegattennachzug

22. Januar 2012 15:23 |
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Ausländerrecht


Situation (chronologisch):
- eingereist mit Turistenvisum (vor mehr als 10 Jahren)
- damals Asylantrag gestellt und rechtskräftig abgewiesen
- Ausweisung verfügt aber nicht durchgeführt weil abgetaucht
- Aufgriff vor ca. 3 Jahren
- Asylfolgeantrag gestellt, bis jetzt nicht beschieden
- Aufenthaltserl. nach 25.4 a AufenthG (z. Zt. Fiktionsbesch. wegen offenem Starfverfahren s. u.)
- Straftat durch Unterlassung die zu einer Verurteilung ohne Bewährung führt; Urteil ist gesprochen aber noch nicht rechtskräftig
- Heirat eines(r) Deutschen der/die seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat
- gemeinsamer Lebensunterhalt ist gesichert
- Wohnraum ebenfalls ausreichend vorhanden

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$ 28 Familiennachzug zu Deutschen

(1) Die Aufenthaltserlaubnis ist dem ausländischen
1. Ehegatten eines Deutschen,
2. minderjährigen ledigen Kind eines Deutschen,
3. Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge

zu erteilen, wenn der Deutsche seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat.
Sie ist abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 in den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 zu erteilen. Sie soll in der Regel abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 erteilt werden.
Sie kann abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 dem nicht personensorgeberechtigten Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen erteilt werden, wenn die familiäre Gemeinschaft schon im Bundesgebiet gelebt wird. § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2, Satz 3 und Abs. 2 Satz 1 ist in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 entsprechend anzuwenden.

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Nun die Fragen:
- Ist Absatz (1) von § 28 AufenthG "(1) Die Aufenthaltserlaubnis ist dem ausländischen
1. Ehegatten eines Deutschen,
zu erteilen, wenn der Deutsche seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat."
als eine abschließende Festlegung, bei der keine weiteren Bedingungen zu erfüllen, sind anzusehen?

- Verstehe ich das richtig, dass die folgenden beiden Sätze des § 28 AufenthG "Sie ist abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 in den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 zu erteilen. Sie soll in der Regel abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 erteilt werden." sich auf die minderjährigen Kindern eines Deutschen (Nr. 2 von $ 28 AufenthG) und das Elternteil .... (Nr. 3 von $ 28 AufenthG) beziehen?

- In §5 AufenthG wird nur allgemein von Ausweisungsgründen gesprochen, ohne diese direkt zu benennen. Ist eine solche Straftat (eine definitiv einmalige und nicht vorsätzliche sondern durch Unterlassung begangene Straftat) geeignet die Ausstellung einer Aufenthaltsgenehnigung zu verhindern? Wenn Ja, bitte §§ nennen aufgrund der dies möglich ist.

- Kann die ABH die Erteilung der Aufenthaltsgenehmigung, mit Verweis auf das nicht abgeschlossene Strafverfahren, verweigern oder vorläufig nicht ausstellen?

- welche §§ solten zur Beantragung einer Aufenthaltserlaubnis herangezogen werden?

- Kann bei endgültiger Verurteilung des Ausländers ohne Bewährungsstrafe die Aufenthaltserlaubnis trotz gültiger Ehe widerrufen werden und seine Ausreise erzwungen werden? Mit welchen §§ kann man eine solche Ausweisung ggf. abwenden?

Für die Beantwortung im voraus recht herzlichen Dank
Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegeben Informationen verbindlich wie folgt beantworten:


Nun die Fragen:
- Ist Absatz (1) von § 28 AufenthG "(1) Die Aufenthaltserlaubnis ist dem ausländischen
1. Ehegatten eines Deutschen,
zu erteilen, wenn der Deutsche seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat."
als eine abschließende Festlegung, bei der keine weiteren Bedingungen zu erfüllen, sind anzusehen?

Das sind besondere Bedingungen für die Erteilung einer AE. Allgemeine Bedingungen sind in § 5 AufenthG vorgeschrieben.

- Verstehe ich das richtig, dass die folgenden beiden Sätze des § 28 AufenthG "Sie ist abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 in den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 zu erteilen. Sie soll in der Regel abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 erteilt werden." sich auf die minderjährigen Kindern eines Deutschen (Nr. 2 von $ 28 AufenthG) und das Elternteil .... (Nr. 3 von $ 28 AufenthG) beziehen?

Jain, Nr. 3 kann sich auf einen volljährigen Teil eines deutschen Kindes(Kind mit deutscher Staatsangehörigkeit).

- In §5 AufenthG wird nur allgemein von Ausweisungsgründen gesprochen, ohne diese direkt zu benennen. Ist eine solche Straftat (eine definitiv einmalige und nicht vorsätzliche sondern durch Unterlassung begangene Straftat) geeignet die Ausstellung einer Aufenthaltsgenehnigung zu verhindern? Wenn Ja, bitte §§ nennen aufgrund der dies möglich ist.

Eien unterlassene Tat kann sowohl vorsätzlich oder fahrlässig begangen werden. Es kommt auf den Schuldausspruch an, d.h. zu welcher Freiheitsstrafe er verurteilt worden ist und darauf an, ob die Tat fahrlässig oder vorsätzlich begangen worden ist.


- Kann die ABH die Erteilung der Aufenthaltsgenehmigung, mit Verweis auf das nicht abgeschlossene Strafverfahren, verweigern oder vorläufig nicht ausstellen?

Ja,weil die Tatsachen zum Abschluss des Verfahrens fehlen.

- welche §§ solten zur Beantragung einer Aufenthaltserlaubnis herangezogen werden?

§ 28 AufenthG.

- Kann bei endgültiger Verurteilung des Ausländers ohne Bewährungsstrafe die Aufenthaltserlaubnis trotz gültiger Ehe widerrufen werden und seine Ausreise erzwungen werden? Mit welchen §§ kann man eine solche Ausweisung ggf. abwenden?

§§ 56 Abs. 1 Nr. 4 AufentlhG genießt ein Ausländer, der mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt. besonderen Ausweisungsschutz. Der Ausländer lebt aber nicht in familiärer Gemeinschaft, sondern ist von seiner Ehegattin zwangsweise getrennt.

Gem. § 56 Abs. 1 Satz 1 AufenthG gilt Folgendes:

Der Ausländer wird nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen. Schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung liegen in der Regel in den Fällen der §§ 53 und 54 Nr. 5 bis 5b und 7 vor. Liegen die Voraussetzungen des § 53 vor, so wird der Ausländer in der Regel ausgewiesen. Liegen die Voraussetzungen des § 54 vor, so wird über seine Ausweisung nach Ermessen entschieden.

Es kommt unter anderen darauf an, zu welcher Strafe der Ausländer verurteilt worden ist. Wenn er zu drei Jahre wegen vorsätzlicher unterlassener Tat verurteilt worden ist, muss er ausgewiesen werden.



Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen
Edin Koca, Rechtsanwalt
Rückfrage vom Fragesteller 22. Januar 2012 | 17:46

Sehr geehrter Herr Koca,

vielen Dank für ihre Antworten.

Ich habe da ein paar verständnisprobleme, wewegen ich hier nun Nachfragen stelle:

zur 1. Frage:
Aus Ihrer Antwort lässt sich nur ableiten, dass es besondere Bedingunngen sind. Das ist vorher schon klar. Sind weitere Bedingungen einzuhalten?

zur 2. Frage:
Was ist ein volljähriger Teil eine deutschen Kindes????

zur 3. Frage:
in dem Fragetext steht schon drin, dass es nicht vorsätzich war, also auch nicht vorsätzlich durch Unterlassung. Bitte beantworten Sie die Frage entsprechend. Bitte nennen Sie die entsprechenden §§, so wie angefragt.

zur 4. Frage:
auf welche 333 stützt sich diese Aussage?

zur 6. Frage:
Der Ausländer ist ja nur zwangsweise getrennt solange die Strafe abgesessen wird. Nach Verbüßung der Strafe wird die familiäre Gemeinschaft wieder hergestellt. Kann in dieser infinitiv kurzen Zeit eine Ausweisung erfolgen? Worauf stützt sich diese Aussage?

Im voraus vielen Dank für die Klarstellungen

MfG

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 22. Januar 2012 | 18:42

Danke für die Nachfrage!

zur 1. Frage:
Aus Ihrer Antwort lässt sich nur ableiten, dass es besondere Bedingunngen sind. Das ist vorher schon klar. Sind weitere Bedingungen einzuhalten?

Wenn es schon vorher klar war umso besser. Es sind keine weitere Bedingungen vorhanden, aber schon nach allgemeinen Bedingungen darf kein Ausweisungsgrund vorliegen.

zur 2. Frage:
Was ist ein volljähriger Teil eine deutschen Kindes????

Elternteil war gemeint. Es steht schon im Gesetz, § 28 Abs. 1 Nr. 3 AufenthaltG. Das hat aber mit Ihrem Fall gar nichts zu tun. Wenn der Gefangene ein deutsches Kind und Sorgerecht hätte, könnte er auch aus diesem Grund eine AE beanspruchen. Ich weiß nicht, warum Sie danach gefragt haben.

zur 3. Frage:
in dem Fragetext steht schon drin, dass es nicht vorsätzich war, also auch nicht vorsätzlich durch Unterlassung. Bitte beantworten Sie die Frage entsprechend. Bitte nennen Sie die entsprechenden §§, so wie angefragt.

Nein, das steht eben nicht drinnen, sondern: "eine definitiv einmalige und nicht vorsätzliche sondern durch Unterlassung begangene Straftat" . Dann habe ich Ihnen erklärt, dass die Tatsache, ob eine Tat durch Unterlassung begangen worden ist oder nicht, nichts mit der Unterscheidung fahrlässig/vorsätzlich zu tun hat. Sie haben das aber anscheinend erst jetzt verstanden, tun aber als ob wie es gewusst hätten. Es ist eine Fragerweiterung.

Bei solcher Taten kommt es dann darauf an, ob er den besonderen Ausweisungsschutz genießt. Diesen hat er aber nicht. Ich sehe zur Zeit keine Grund, ihn nicht auszuweisen.


zur 4. Frage:
auf welche 333 stützt sich diese Aussage?
Nach § 69 Abs. 1 VwVfG. wonach nach Gesamtwürdigung zu entscheiden ist. Solange aber nicht alle Tatsachen vorliegen, kann nicht die geforderte Gesamtwürdigung vorliegen. Im Normalfall kann man schon nach 3 Monaten eine Untätigkeitsklage gem. § 75 VwGO bei Gericht einreichen. Hier liegt aber ein Ausnahmefall vor. Die Behörde kann die Beendigung des Verfahrens abwarten und dann entscheiden. Selbst wenn dies nicht der Fall wäre, wäre der Antrag abgewiesen, weil es einer familiären Lebensgemeinschaft fehlt.

zur 6. Frage:
Der Ausländer ist ja nur zwangsweise getrennt solange die Strafe abgesessen wird. Nach Verbüßung der Strafe wird die familiäre Gemeinschaft wieder hergestellt. Kann in dieser infinitiv kurzen Zeit eine Ausweisung erfolgen? Worauf stützt sich diese Aussage?

Diese Aussage stützt sich auf den Wortlaut. Es ist offensichtlich, dass das Paar nicht zusammenlebt. Wenn er künftig mit der Ehefrau zusammenleben will, soll er nochmal eine Familienzusammenführung nach der Ausweisung - wenn es soweit kommt- beantragen.




Mit freundlichen Grüssen


Edin Koca
Rechtsanwalt


Ergänzung vom Anwalt 22. Januar 2012 | 19:34
Hallo nochmal,

ich habe noch nachgeforscht, könnte aber keine günstigere Entscheidung finden. Hier eine Entscheidung nach der früheren gesetzlichen Lage:

Aufgrund der Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshof vom 21.07.1997
Aktenzeichen: 13 TG 4776/96 wird die eheliche Lebensgemeinschaft durch eine ihrer Natur nach nur vorübergehende unfreiwillige Trennung der Ehegatten, wie etwa durch die Verbüßung einer Strafhaft, unabhängig von der konkreten Dauer der hierdurch bedingten Trennung des Ehepaares grundsätzlich nicht beendet. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Kontakt zwischen den Eheleuten auf Grund der erzwungenen Unterbrechung der ehelichen Gemeinschaft abreißt, so daß nicht mehr davon ausgegangen werden kann, daß das Ehepaar nach Beendigung der Trennung wieder zusammenleben wird.


Es ging damals um Vorschriften des Ausländergesetztes und um die Frage des Bestehens der ehelichen Gemeinschaft. Inzwischen haben sich die Vorschriften geändert. Jetzt müssen die Eheleute zusammenleben.


Mit freundlichen Grüssen
Ergänzung vom Anwalt 22. Januar 2012 | 20:24
Ich habe noch weitere einschlägige Urteile ausgewertet, und zwar dieses mit dem folgenden Leitsatz:

"Bestehen durchschlagende Zweifel, dass es nach Beendigung der Strafhaft zur Fortführung der familiären Lebensgemeinschaft mit dem Kind kommen wird, so kann von einer fortbestehenden, durch die Strafhaft nur unfreiwillig unterbrochenen familiären Lebensgemeinschaft nicht ausgegangen werden, so dass ein besonderer Ausweisungsschutz nach § 56 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 AufenthG ausscheidet"

(Verwaltungsgericht des Saarlandes Urteil vom 10.03.2010, Aktenzeichen: 10 K 711/09)

sowie dieses mit diesem Leitsatz: "Zur Prognose über das Bestehen einer familiären Lebensgemeinschaft."

(VG Hamburg vom 05.08.2010, Aktenzeichen: 4 E 1981/10.).

Daher kann es doch auf die Prognose der familiären Ehegemeinschaft (für die Zukunft) ankommen. Allerdings muss belegt werden, dass eine Lebensgemeinschaft unterbrochen wurde und dass eine positive Zukunftsprognose vorliegt. DaS VG Hamburg hat auch Folgendes ausgeführt: "Für den Grundrechtsschutz aus Art. 6 Abs. 1 GG kommt es vielmehr darauf an, dass eine familiäre Lebensgemeinschaft in Form der häuslichen Gemeinschaft besteht (BVerfG, Beschl. v. 12.5.1987, BVerfGE 76, 1, 42 f.; Beschl. v. 22.12.2003, NVwZ 2004, 606; Beschl. v. 23.1.2006, NVwZ 2006, 682)."

Diese häusliche Gemeinschaft gibt es aber in diesem Fall gar nicht, so dass dies die Chancen praktisch gleich Null macht.

Sie können auch verlangen, dass eine Aufenthaltserlaubnis nach § 28 AufenthG erteilt wird. Die Ausländerbehörde muss eine Prognose erstellen. Nach Ablauf der 3-Monats-Frist können Sie klagen, wobei das Gericht dann auch auf die Prognose abstellen würde. Bestehen aber schon Zweifeln am Fortbestehen der Ehe nach der Haftentlassung müssen Sie damit rechnen, dass besonderer Ausweisungsschutz und damit auch die begehrte AE nicht vorhanden ist bzw. nicht erteilt wird.


Mit freundlichen Grüssen

Edin Koca

Rechtsanwalt

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