Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegeben Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Fangen wir mit dem Ende an:
> sie hat mich angezeigt...
> ...zu der Vernehmung zu gehen...
Ihnen liegt also eine Vorladung zur polizeilichen Vernehmung vor.
1. Sie müssen der Vorladung nicht Folge leisten.
2. Sie können als Beschuldigter schweigen. Schweigen heißt schweigen, also zur Sache nichts sagen.
3. Sie können hingehen und sich zur Sache äußern.
Jetzt ist die Frage, was steht denn in der Anzeige genau drin? Was wurde ggf. von der Anzeigeerstatterin ausgesagt?
Das wissen Sie nicht. Deswegen gilt die erste Verteidigerregel: Keine Einlassung ohne Akteneinsicht.
So vorzugehen ist für Sie als Beschuldigter völlig legitim. Erst danach kann nämlich sachgerecht entschieden werden, wie es weiter geht, welche Verteidigungsstrategie verfolgt wird. Es kann dann durchaus sein, dass es zweckdienlich ist, wenn Sie sich zur Sache äußern. Das wissen wir aber erst nach der Akteneinsicht.
Alle Ratschläge und Einschätzungen ohne Akteneinsicht sind eher theoretisches Fabulieren, das stimmen kann, aber auch eben nicht.
> ..."kauf mich" und panikmach - Kampagnen der Rechtsanwälte...
Das haben Sie jetzt aber schön gesagt. :-)
Aber wenn man mal das "kaufmich" weg lässt, beruht mancherlei Panikmache zu einem Gutteil auf der Erfahrung, dass eben das Außerachtlassen der oben genannten Grundsätz und Vorgehensweise dazu führen kann, den Karren richtig in den Dreck zu fahren. Um es mal prosaisch zu formulieren. Nicht wenige haben sich eben schon um Kopf und Kragen geredet und ein Verteidiger steht blöd da (und ärgert sich auch ein wenig), wenn dann nichts mehr zu retten ist.
Der Knackpunkt ist, das die Arbeit eines Verteidigers Geld kostet, und zwar auch dann, wenn sich herausstellt, dass an einer Beschuldigung gar nichts dran ist.
An dieser Stelle muss man als Beschuldigter abwägen, was einem eine sachgerechte Verteidigung Wert ist. Oft, Sie deuteten es ja auch an, fehlt es auch an Kostentransparenz, so dass man als Mandant das Gefühl hat, hoffentlich bekomme ich jetzt nicht nochmal das Fell über die Ohren gezogen, und zwar mit einer gepfefferten Rechnung von der ich vorher nichts ahnte. Hier kann ich nur empfehlen, sprechen Sie die Kostenfrage offensiv an. Vereinbaren Sie z.B. ein abgestuftes Vorgehen, d.h. z.B. zunächst die Einholung der Akteneinsicht und dann Besprechung der weiteren Vorgehensweise. Danach könne Sie den Auftrag immer noch fortsetzen.
So, nun zur Sache:
In Ihrem Fall könnte § 238 Absatz 1 Nr. 2 StGB einschlägig sein: "..nachstellt, in dem er beharrlich unter Verwendung von Telekommunikationsmitteln ... Kontakt zu ihm herzustellen versucht".
Als "beharrlich" wurden vom LG Lübeck bereits zwei Nachstellungshandlungen angesehen. Der BGH hat entschieden, dass "eine in jedem Einzelfall Gültigkeit beanspruchende, zur Begründung der Beharrliuchkeit erforderlich (Mindest-)Anzahl von Angriffen des Täters" nicht festgelegt werden könne (BGH, Beschluss vom 19. 11. 2009 - 3 StR 244/09, NJW 2010, 1680).
Vor dem Hintergrund dieses Urteils können auch Tathandlungenüber einen längeren Zeitraum verteilt zusammengefasst werden. es kommt dann auf eine Würdigung der Gesamtumstände an.
Als Taterfolg muss eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Lebensgestaltung eintreten. Dieses Merkmal kann so nicht bewertet werden und hängt von den Darstellungen der Anzeigeerstatterin ab. es gilt hier aber kein rein subjektiver Maßstab, sondern eine objektive Betrachtung. Außerdem muss sich der Tätervorsatz auch auf dieses Merkmal beziehen, d.h. er muss es zumindest billigend in Kauf genommen haben, dass das Opfer schwerwiegend in seiner Lebensführung beeinträchtigt wird. Auf diesen Vorsatz wird mittels äußerer Umstände geschlossen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Hilpüsch, Rechtsanwalt
Hallo Herr Rechtsanwalt,
vielen Dank für Ihre Antwort.
Jetzt könnte ich wieder ins lamentieren kommen. Aber ich sehe es hängt in erster Linie davon ab, was die Anzeigende ausgesagt hat.
Hat sie einfach angezeigt, dass sie sich belästig fühlt und das so stehen lassen?
Hat sie gesagt, ich würde das permanent machen, trotz mehrfacher Aufforderung ihrerseits, dies zu unterlassen
Fühlt sie sich tatsächlich in iher Lebensweise eingeschränkt oder gar bedroht
usw.. Ok, Akteneinsicht sehe ich ein :)
Danke
Ich persönlich gehe davon aus, dass sie einfach Gewissheit möchte dass diese Dinge nicht mehr vorkommen. Daher meine Idee, ihr nochmals auf dem elektronischen Wege oder gar über einen Anwalt anzubieten eine Unterlassungserklärung abzugeben, mit der Bitte daraufhin die Anzeige zurückzuziehen.
Sie ist ein ekelhafter Makel :) (Die Anzeige)
Was halten Sie davon und in wie weit würden Sie sich diese Sache zutrauen zu übernehmen und zum Abschluss zu bringen? Ihre Idee mit der Kostenstaffelung empfinde ich als sehr seriös.
Um nun doch zu lamentieren: Mir ist das natürlich auch äusserst unangenehm.. ich bin selber aus allen Wolken gefallen, als ich den angebeben Zeitraum gesehen habe. Da sliegt wohl daran, dass ich nahezu kein Privatleben habe. ich bin fast 1/3 des Jahres auf Reisen und kaum Zeit mich mit privaten Dingen so zu beschäftigen. Wenn dann mal kurz Zeit ist, klopfen plätzlich solche "undone things" wieder an und man (zumindest ich) hat dann den plötzlichen Drang das zum Ende zu bringen. Dabei fi..t einen dann das Zeitgefühl. Die Sache war ne Weile zur Seite gelegt, taucht plötzlich wieder auf. Wenn ich vor zwei Wochen gefragt worden wäre, wann ich zu letzt mit der Anzeigerin persönlich gesprochen habe, hätte ich vermutlich gesagt Januar oder Februar und nicht Oktober/November.
ich hab da den Blick verloren, dass die ganze Sache für die Anzeigende wahrscheinlich schon seit nem 3/4 Jahr einfach abgelegt war.
Besten Dank
Sehr geehrter Ratsuchender,
gerne beantworte ich Ihre Nachfrage.
> usw.. Ok, Akteneinsicht sehe ich ein :)
Finde ich gut und auch richtig.
> Daher meine Idee,...
> ihr nochmals auf dem elektronischen Wege...
Vorsicht, in einem solchen Fall gar keine gute Idee!
> oder gar über einen Anwalt anzubieten eine
> Unterlassungserklärung abzugeben
Viel bessere Idee.
Eine Unterlassungserklärung kann durchaus ein probates Mittel sein. Üblicherweise wird das Unterlassungsversprechen untermauert mit dem Versprechen, bei Verstoß eine Vertragsstrafe zu zahlen. Dadurch wird eine etwaige Wiederholungsgefahr ausgeräumt. Eine solche strafbewehrte Unterlassungserklärung ist ein lebenslang gültiger Vertrag und weil jeder Verstoß Geld kostet, auch eine Art Damoklesschwert. Ohne förmliche Unterlassungserklärung lebt der Mensch entspannter.
> mit der Bitte daraufhin die Anzeige
> zurückzuziehen.
§ 238 StGB ist ein relatives Antragsdelikt. Strafantrag muss binnen drei Monaten gestellt werden (Exkurs: Ist die Frist gewahrt?). Dass hier die Staatsanwaltschaft das öffentliche Interesse bejaht hat, bezweifle ich. Eine Rücknahme des Strafantrags ist nach § 77d StGB möglich.
Guter Weg: Mit Rücknahme des Strafantrags ist die Sache vom Tisch.
> Was halten Sie davon und in wie weit würden
> Sie sich diese Sache zutrauen zu übernehmen
> und zum Abschluss zu bringen? Ihre Idee mit
> der Kostenstaffelung empfinde ich als sehr
> seriös.
Was halten Sie davon, wenn wir das per E-Mail oder telefonisch erörtern? Geben Sie mir doch z.B. einfach per E-Mail Bescheid, wo und wann ich Sie anrufen kann. Gerne höre ich von Ihnen.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Hilpüsch
-Rechtsanwalt -
72379 Hechingen
Bahnhofstr. 7
Tel 07471-7020941
Fax 07471-7020942
E-Mail kanzlei@awoka.de
www.awoka.de
Insgesamt teile ich Ihre Einschätzung, dass das Verfahren durchaus eingestellt werden könnte, vor allem wenn Ihre Motivlage glaubhaft dargelegt werden kann.
Zu guter Letzt aber wieder der Hinweis, dass m.E. allem eine Akteneinicht vorausgehen sollte, ohne damit Panik verbeiten zu wollen.
In diesem Sinne wünsche ich gutes Gelingen.
Mit freundliche Grüßen
Michael Hilpüsch
Rechtsanwalt