Anrechnung Geldgeschenk im Erbfall

20. Februar 2025 10:58 |
Preis: 60,00 € |

Erbrecht


Beantwortet von


09:24
Guten Tag, folgende Situation:
Meine Eltern leben noch beide, meine Mutter nicht mehr geschäftsfähig, mein Vater ja. Beide ziehen jetzt ins Pflegeheim und wir haben vor, ihr Haus abzukaufen.
Nachdem wir das Haus gekauft haben, müssen wir es sanieren. Mein Vater möchte mir/uns 100.000€ dafür schenken. Schenkungssteuer werden wir dafür nicht bezahlen müssen, da der Freibetrag bei 400.000€ liegt. Soviel weiß ich.
Meine Frage bezieht sich auf die Pflichtzahlung an meinen Bruder oder auch meine Mutter??? im Erbfall.
Ein Testament auf Gegenseitigkeit haben wir noch nicht gefunden, kann aber vorhanden sein, deshalb müssen wir beide Möglichkeiten in Betracht ziehen.

Wieviel müssten wir wann, an wen zahlen, wenn

1. mein Vater zuerst stirbt, mit oder ohne Testament auf Gegenseitigkeit

2. meine Mutter zuerst stirbt, mit oder ohne Testament auf Gegenseitigkeit

3. zählt bei diesem Geldgeschenk auch die 10 Jahresfrist mit der jährlichen Minderung der Zahlungspflicht von 10%?

4. wir gehen davon aus, dass mein Bruder genauso erbberechtigt ist wie ich und keine Enterbung vorliegt.

Konkrete Beispiele helfen mir hier mehr als nur Fachausdrücke.

Ich danke Ihnen dafür.

Mit freundlichen Grüßen U. aus A.
20. Februar 2025 | 11:24

Antwort

von


(3186)
Marktstraße 17/19
70372 Stuttgart
Tel: 0711-7223-6737
Web: https://www.hsv-rechtsanwaelte.de
E-Mail: hesterberg@hsv-rechtsanwaelte.de
Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

1. Wenn Ihr Vater zuerst stirbt:

- Ohne Testament auf Gegenseitigkeit:
Wenn Ihr Vater zuerst stirbt und es kein Testament gibt, greift die gesetzliche Erbfolge. Sie und Ihr Bruder wären als Kinder des Erblassers erbberechtigt und würden die Hälfte des Nachlasses erben, wenn Ihre Mutter keinen Ehevertrag haben sollte. Die Schenkung von 100.000 Euro könnte als vorweggenommene Erbfolge betrachtet werden, was bedeutet, dass sie auf Ihren Erbteil angerechnet werden könnte, sofern Ihr Bruder dies verlangt. Die 10-Jahresfrist für Schenkungen spielt hier keine Rolle, da es sich um eine lebzeitige Zuwendung handelt, die nicht in den Nachlass fällt.

- Mit Testament auf Gegenseitigkeit: Sollte ein solches Testament existieren, könnte es Regelungen enthalten, die die Erbfolge anders gestalten, z.B. dass der überlebende Ehepartner zunächst Alleinerbe wird. In diesem Fall würde Ihr Bruder erst nach dem Tod des zweiten Elternteils erben, sofern das Testament keine anderen Bestimmungen trifft.

2. Wenn Ihre Mutter zuerst stirbt:

- Ohne Testament auf Gegenseitigkeit: Stirbt Ihre Mutter zuerst und es gibt kein Testament, tritt wiederum die obige (zu 1.) gesetzliche Erbfolge ein. Die Schenkung von 100.000 Euro bleibt unberührt, da sie von Ihrem Vater stammt.

- Mit Testament auf Gegenseitigkeit: Auch hier könnte das Testament bestimmen, dass der überlebende Ehepartner Alleinerbe wird. Die Erbfolge für Sie und Ihren Bruder würde sich dann erst nach dem Tod des zweiten Elternteils klären.

3. 10-Jahresfrist bei Schenkungen:

Die 10-Jahresfrist bezieht sich auf den Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2325 BGB. Wenn Ihr Vater Ihnen 100.000 Euro schenkt und innerhalb von 10 Jahren verstirbt, könnte Ihr Bruder einen Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend machen. Dieser Anspruch vermindert sich jährlich um 10%, sodass nach 10 Jahren keine Anrechnung mehr erfolgt.

4. Erbansprüche Ihres Bruders:

Da Sie davon ausgehen, dass Ihr Bruder genauso erbberechtigt ist wie Sie, würde er im Erbfall, sofern keine Enterbung vorliegt, einen Anspruch auf seinen gesetzlichen Erbteil haben. Die Schenkung von 100.000 Euro könnte, wie oben beschrieben, auf Ihren Erbteil angerechnet werden, wenn Ihr Bruder dies verlangt.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Daniel Hesterberg

Rückfrage vom Fragesteller 21. Februar 2025 | 07:55

Sehr geehrter Herr Hesterberg,

Vielen Dank für die informative Antwort. Da ich für meine Eltern alle Angelegenheiten übernehme und dadurch einen großen Mehraufwand habe, würde mein Vater für mich eine finanzielle Entlastung wollen.


1. Wenn im Schenkungsvertrag keine Pflichtteilsergänzungsklausel vorhanden ist (also nicht gefordert), wird die Schenkung dann nicht der Erbmasse bzw. meinem Anteil hinzugerechnet?
2. Wann tritt ein Pflichtteilergänzungsanspruch ein und wann muss die lebzeitige Schenkung voll auf den Erbanteil angerechnet werden? Was ist der Unterschied?
3. Muss meine Mutter im Erbfall als Miterbin oder Alleinerbin die Anrechnung der Schenkung auf den Erbteil aktiv fordern?
4. Welche Gestaltung eines Schenkungsvertrages empfehlen Sie, um eine günstige Regelung/Konstellation für spätere geringe Ansprüche zu gewährleisten? Notar oder ohne? Was sollte unbedingt enthalten sein? Nicht enthalten sein?
5. wird der Nachlass bei zusammenveranlagten Ehegatten immer aus allen Konten gebildet, also auch den Einzelkonten oder hat da jeder seinen eigenen Anteil? (Bei gemeinsamen Konten jeweils 50% und bei eigenen 100%?)


Vielen Dank für Ihre Antwort

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 21. Februar 2025 | 09:24

Sehr geehrter Fragesteller,

ich kann hier nur Rückfragen beantworten, für alles andere habe ich Ihnen ein Zusatzangebot unterbreitet.
Danke für Ihr Verständnis.

Jedenfalls folgendes:
Ihre Mutter muss im Erbfall als Miterbin oder Alleinerbin die Anrechnung der Schenkung auf den Erbteil aktiv fordern.

Mit freundlichen Grüßen

ANTWORT VON

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