23. August 2012
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19:29
Antwort
vonRechtsanwalt Christoph M. Huppertz
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Ihre Fragen beantworte ich Ihnen unter Berücksichtigung Ihrer Schilderung und des gewählten Einsatzes im Rahmen einer Erstberatung gerne wie folgt.
Zunächst haben Sie ja bereits ein Urteil, welches für Sie sehr günstig ist, gefunden und zutreffend wiedergegeben.
Ich möchte darauf hinweisen, dass zum Teil allerdings auch die genau gegenteilige Auffassung vertreten wird. So darf ich z.B. auf die Entscheidung des VG Neustadt aus 2009 (3 L 314/09) hinweisen, in der es heißt:
"Sinn und Zweck einer nach den §§ 11 -14 FeV angeordneten Aufklärungsmaßnahme ist es damit allein, die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen zu überprüfen, um ungeeignete Kraftfahrer vom motorisierten Straßenverkehr und damit eine von diesen ausgehende Gefährdung der Rechtsgüter (Leib und Leben) anderer Verkehrsteilnehmer ausschließen zu können. Nicht hingegen dient die Fristsetzung dazu, dem Betroffenen die Wiederherstellung seiner Kraftfahreignung zu ermöglichen.
Demzufolge kann nur ein Anspruch auf Einräumung einer zum Nachweis der trotz Eignungszweifel der Fahrerlaubnisbehörde vorhandenen Kraftfahreignung ausreichend bemessenen Frist bestehen, die nach § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV die Fahrerlaubnisbehörde festlegt. Diese Frist muss nach den allgemeinen rechtsstaatlichen . Grundsätzen angemessen sein. Da eine feste allgemeingültige Frist, in der ein zu Recht gefordertes Gutachten vorzulegen ist, nicht existent, sind die Umstände des
Einzelfalls maßgeblich. Die Frist ist deshalb so zu bemessen, dass das geforderte Gutachten von der beauftragten Gutachterstelle erstellt werden kann. Zu berücksichtigen ist hierbei, dass die zur Begutachtung erforderliche Untersuchungsme-thode grundsätzlich der untersuchenden Stelle aufgrund deren Fachkompetenz zu überlassen ist; der Untersuchungsart muss die Fristsetzung Rechnung tragen. Das Risiko, das Gutachten zur Ausräumung der Eignungszweifel wegen der von der Begutachtungsstelle gewählten Untersuchungsart nicht fristgerecht beibringen zu können, darf dabei nicht dem Betroffenen auferlegt wenden. Die zur Einholung des angeforderten Gutachtens zu gewährende Frist muss so bemessen sein, dass eine amtlich anerkannte Gutachterstelle aufgrund ihrer Untersuchungsmethode und der bei ihr herrschenden Gegebenheiten (z.B. Auslastung mit Aufträgen zur Begutachtung) zur Erstellung des Gutachtens tatsächlich in der Lage ist. Diese Kriterien hat die Behörde bei der Festlegung der Beibringungsfrist zu beachten.
Da das Gutachten nach der Gesetzeslage ausschließlich dazu dient, den Fahrerlaubnisinhaber in die Lage zu versetzen, vorhandene Eignungszweifel auszuräumen, besteht hingegen keine Verpflichtung, die zur Beibringung des Gutachtens festzulegende Frist daran auszurichten, welche Zeit der Betreffende zur Wiederherstellung seiner Kraftfahreignung benötigt. In seine Sphäre fällt nämlich das Risiko, dass die aufgrund der in seiner Person liegenden und die Eignungszweifel begründenden Umstände sich nach dem Ergebnis der Begutachtung zur Feststeilung der Ungeeignetheit verdichten. In diesem Fall ist ihm nach
§ 3 Abs. StVG in Verbindung mit § 46 FeV die Fahrerlaubnis zu entziehen.
In einem solchen Fall kann den Belangen der Verkehrssicherheit auch nicht durch das Belassen der Fahrerlaubnis unter Auflagen (vgl. BayVGH a.a.O.) Rechnung getragen werden. Zwar könnte durch entsprechende Laboruntersuchungen unter Umständen in Fällen von Eignungszweifeln bei Alkoholproblemen der Alkoholkonsum kontrolliert werden. Allerdings geht es in diesen Failgestaltungen nicht nur um das aktuelle Alkoholtrinkverhalten, sondern auch um das zukünftige und die Trennung von Alkoholkonsum und Teilnahme am motorisierten Straßenverkehr. Durch das angeordnete medfzinisch-psychologische Gutachten soll gerade die Veränderung des (Trink)Verhaltens und dessen Stabilität für die Zukunft untersucht und beurteilt werden
(vgl. Nr. 3.11.1 der Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahreignung, Bericht der Bundesanstalt für Straßenwesen, Mensch und Sicherheit, Heft M 115).
Ist aber eine stabile Verhaltensänderung noch nicht nachgewiesen und damit ein Rückfall in alte
(Trink-)Verhaltensmuster nicht auszuschließen, so gilt es, hieraus erwachsende Gefährdungen anderer Verkehrsteilnehmer abzuwenden.
Von einer nach diesen Grundsätzen ausreichend bemessen gewesenen Frist ist im vorliegenden Fall auszugehen. Auch nicht die von dem Antragsteller beauftragt gewesene Gutachterstelle hat die gesetzte Frist als zu kurz bemessen beanstandet, sondern die von dem Antragsteller besuchte verkehrspsychologische Beratungsstelle hat die Frist für nicht ausreichend erachtet, um in ihr die für eine positive Begutachtung erforderlichen Voraussetzungen zu schaffen.
In ihrer Stellungnahme vom 27. Januar 2009 hat diese Stelle nämlich dem Antragsteller bestätigt, zur vollständigen Aufarbeitung der Verkehrsauffälligkeiten unter Alkoholeinfluss seien vor einem abschließenden Therapiebericht "schätzungsweise weitere 10-12 Sitzungen notwendig" und daneben bedürfe es für das erfolgreiche Bestehen einer medizinisch-psychologischen Begutachtung zur Dokumentation der Abstinenz über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten normwerttger Blut- und Leberlaborwerten, wovon erst zwei vorlägen. Dies alles kann - wie dem Vortrag des Antragstellers zu entnehmen ist - nur der Wiederherstellung seiner Kraftfahreignung dienen. Wie dargelegt besteht der Sinn und Zweck der nach § 11 Abs. 6 FeV zur Gutachtensvorlage einzuräumenden Frist jedoch nicht darin, dem Fahrerlaubnisinhaber zu ermöglichen, seine Kraftfahreignung wiederherzustellen. Der Antragsgegner war nach alledem nicht verpflichtet, die ursprünglich zweimonatige Frist (Fristablauf am 18. Januar 2009) zur Vorlage des Gutachtens nach einer ersten Verlängerung bis zum 20. Februar 2009 nochmals zu verlängern, und zwar bis mindestens Ende Mai 2009.
Der Antragsteller hat somit das zu Recht angeordnete medizinisch-psychologische Gutachten nicht innerhalb der gesetzten Frist beigebracht, so dass nach § 11 Abs. 8 FeV, auf seine Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen geschlossen werden darf, nachdem er hierauf auch hingewiesen worden war."
Positiv für Sie ist - unter Berücksichtigung der örtlichen Zuständigkeit - die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (27.02.2007 - 11 CS 06.3132). Dieser liegt auf einer Linie mit dem VG Mainz.
Wörtlich heißt es:
"Allerdings muss die Gutachtensanforderung und dies hat die Fahrerlaubnisbehörde verkannt, mit ihrer Fristsetzung dem erforderlichen Abstinenznachweis Rechnung tragen. Wird die Zeitspanne, innerhalb derer ein Gutachten vorzulegen ist, das dem Nachweis der Wiedererlangung der Fahreignung nach vorangegangenem Betäubungsmittelkonsum dienen soll, so knapp bemessen, das sich bis zu ihrem Ablauf der von Rechts wegen erforderliche Abstinenznachweis nicht führen lässt, so zieht das die Rechtswidrigkeit der Gutachtensanforderung nach sich (vgl. BayVGH vom 13. Dezember 2005 11 CS 05.1350). Der Betäubungsmittelkonsument muss in der Regel eine einjährige Abstinenz (vgl. oben) durch ärztliche Untersuchungen nachweisen. Dies geschieht bei einem Nachweis durch Urinscreenings auf der Basis von mindestens vier unvorhersehbar anberaumten Laboruntersuchungen innerhalb dieser Jahresfrist in unregelmäßigen Abständen (vgl. 3.12.1 der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrereignung). Im Einzelfall kann der Abstinenznachweis auch durch eine Haaruntersuchung erfolgen. Unabhängig von der Beschaffenheit der Haare, insbesondere auch der Länge, ist es allerdings nicht einfach, das Ausmaß von Drogenkonsum im Haar zu bestimmen. Die Frage, ab welcher Konsumfrequenz und Intensität Drogenrückstände in Haaren individuell zuverlässig nachweisbar sind, ist nicht ausreichend sicher zu beantworten (vgl. Schubert/Schneider/Eisenmenger/Stephan, Kommentar zu den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrereignung, S. 181). In der Regel erfolgt der Abstinenznachweis daher durch Urinscreenings. Von einem solchen Abstinenznachweis ist offensichtlich auch das TÜV-Institut Landshut ausgegan gen und hat dem Antragsteller mitgeteilt, wie er vorgetragen hat, dass ohne dieses überwachte Drogenscreening kein positives Ergebnis der Begutachtung zu erwarten sei (vgl. vorgelegtes Schreiben des TÜV vom 14.12.2006). Der Tatsache, dass ein Abstinenznachweis durch Urinscreenings erfolgen müsse, hätte die Fahrerlaubnisbehörde bei der Fristsetzung zur Vorlage des Gutachtens Rechnung tragen müssen. Die Zeitspanne von 6 Wochen war dafür jedenfalls zu kurz gewählt. Den Belangen der Verkehrssicherheit kann entweder dadurch Rechnung getragen werden, dass zunächst ein von der Behörde überwachtes Drogenscreening angeordnet wird (vgl. BayVGH vom 9.5.2005 a.a.O.) und anschließend noch die erforderliche psychologische Begutachtung oder die Behörde die medizinisch-psychologische Begutachtung mit längerer Fristsetzung anordnet und Vorlagefristen für die medizinischen Nachweise - ggf. nach Absprache mit der Untersuchungsstelle - vorsieht. Geht die Behörde im Einzelfall davon aus, dass ein Abstinenznachweis durch Haaranalyse in Betracht kommt, hat sie dies sinnvollerweise im Vorfeld mit der Begutachtungsstelle abzuklären oder im Anschreiben an die Begutachtensstelle zum Ausdruck zu bringen. Zwar ist die Untersuchungsmethode wohl grundsätzlich der Wahl des Arztes überlassen, andererseits muss aber die Fristsetzung der Untersuchungsart angemessen sein. Jedenfalls darf das Risiko, das Gutachten wegen der von der Begutachtungsstelle gewählten Untersuchungsart nicht Erfolg versprechend fristgerecht beibringen zu können, nicht dem Betroffenen auferlegt werden. Da es Aufgabe der Behörde ist, mit einer angemessen Frist sicherzustellen, dass der erforderliche Abstinenznachweis erbracht werden kann, kommt es nicht mehr darauf an, ob der Antragsteller für die Nichtbeibringung des Gutachtens einen ausreichenden Grund vorgebracht hat bzw. der Antragsteller unverschuldet verhindert war, das Gutachten fristgerecht beizubringen (vgl. BVerwG vom 12. März 1985 NJW 1985, 2490 ff., BayVGH vom 7.11.2006 11 ZB 05.3034). Im Übrigen läge auch ein solcher Entschuldigungsgrund vor."
Es sollte daher in Ihrem Fall mit den Urindrogentests begonnen werden. Zugleich sollte mit einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung Kontakt aufgenommen werden.
Mit dem Argument, dass weitere Screenings erforderlich und abzuwarten sind (s.o.), sollte dann vor Ablauf der Frist - unter Vorlage bereits erhaltener Unterlagen - die Verlängerung beantragt werden.
Am Besten ist es natürlich, sich anwaltlich vertreten zu lassen.
Ich hoffe, Ihnen geholfen und einen ersten Überblick verschafft zu haben. Hierzu dient das vorliegende Forum. Eine Einzelfalltätigkeit kann und will dieser Beitrag natürlich nicht ersetzen. Für eine solche stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Sollte noch eine Unklarheit bestehen, können Sie selbstverständlich gerne auch von der kostenfreien Nachfragemöglichkeit Gebrauch machen.
Rechtsanwalt Christoph M. Huppertz