Abfindungsguthaben bei Ausscheiden aus KG bei ausstehender Einlage

15. September 2012 14:15 |
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Gesellschaftsrecht


Beantwortet von


10:54
Zum Sachverhalt:
Eine KG wurde 2001 gegründet, sämtliche Gesellschafter haben gem. Gesellschaftsvertrag nur 55% des Kapitals einbezahlt, jeder Gesellschafter hat noch eine ausstehende Einlage in Höhe von 45% seines gezeichneten Kommanditkapitals. Im Handelsregister sind 100% als Haftungssumme eingetragen.

Die KG hat keine liquiden Mittel mehr (aber auch keine größeren Schulden), die Geschäftsführung möchte nun von den Gesellschaftern 6% Nachschuß haben um einen Prozess gegen das Finanzamt führen zu können.

Nun möchten einige Kommanditisten aus der Gesellschaft ausscheiden. Das Ausscheiden ist unstreitig zum Jahresende möglich.

Es geht um die Höhe des Abfindungsguthabens.
Im Gesellschaftsvertrag steht hierzu
„Soweit in diesem Vertrag nichts anderes geregelt ist, bemisst sich die Abfindung des ausscheidenden Gesellschafters oder Treugebers nach der Höhe des Verkehrswertes seines Kapitalanteils im Zeitpunkt des Ausscheidens. Kann über die Höhe der Abfindung zwischen dem Komplementär und dem ausscheidenden Gesellschafter oder Treugeber kein Einvernehmen erzielt werden, wird die Abfindung durch einen von der Wirtschaftsprüferkammer München zu benennenden Wirtschaftsprüfer als Schiedsgutachter, der auch über die Kosten seiner Inanspruchnahme entsprechende Bestimmungen der §§ 91 f. ZPO zu befinden hat, verbindlich ermittelt.
Die Abfindung ist in Raten zu entrichten, die jeweils mit den von der Gesellschaft vorzunehmenden Ausschüttungen fällig sind und demjenigen Betrag entsprechen, den der ausscheidende Gesellschafter oder Treugeber bei Verbleib in der Gesellschaft erhalten hätte. Die Raten sind nicht zu verzinsen. Der ausscheidende Gesellschafter oder Treugeber nimmt nicht an schwebenden Geschäften teil. Die Gesellschaft ist nicht zur Stellung von Sicherheiten verpflichtet."

Die Geschäftsführung hat nun folgenden Kommentar abgegeben:
„Berechnung des Auseinandersetzungsguthabens
Die in der Prognoserechnung dargestellte mögliche Ausschüttungssumme im Jahr 2015 wird auf das Datum des Ausscheidens abdiskontiert und gemäß dem Anteil seiner Beteiligung am gesamten Fondsvolumen auf den ausscheidenden Gesellschafter heruntergerechnet. Dieser Wert ist der Anteil des Gesellschafters am Verkehrswert des Unternehmens.
Nach dem Prinzip der Gesamtabrechnung sind beim Ausscheiden eines Gesellschafters alle zwischen der Gesellschaft und dem Gesellschafter zu diesem Zeitpunkt noch bestehenden Forderungen und Verbindlichkeiten zu saldieren. Von dem vorgenannten anteilig auf den Anleger entfallenden Verkehrswert des Unternehmens ist somit der Betrag der Forderung, die die Gesellschaft gegen den Gesellschafter aufgrund der ausstehenden Einlage hat, abzuziehen.
Auf Grundlage der Zahlen des Jahresabschlusses 2011 sowie der Prognoserechnung bis 2015 ergibt sich somit ein negatives Abfindungsguthaben. Das heißt, bei einer Kündigung des Gesellschaftsanteils erhält der kündigende Gesellschafter kein Geld von der Gesellschaft, sondern muss Geld in die Gesellschaft einzahlen."

In der Prognoserechnung bis 2015 wird von Ausschüttungen in Höhe von 0,1% des Kommanditkapitals ausgegangen.
Das Schreiben erweckt den Eindruck, man müsse die ausstehenden 45% beim Ausscheiden nachschießen. Dies wäre m.E. dann logisch, wenn alle (oder die meisten) anderen Kommanditisten 100% einbezahlt hätten.
Im vorliegenden Fall haben jedoch ALLE Kommanditisten noch 45% ausstehen. Somit erscheint es unlogisch, wenn Gesellschafter beim Ausscheiden 45% ausstehende Einlage nachschießen müssten und diese in der KG verbleiben würden.

Mir ist bewusst, dass mit dem Ausscheiden aus der KG das negative Kapitalkonto versteuert werden muss, auf die steuerrechtliche Seite soll hier deshalb NICHT eingegangen werden.

FRAGE: Wie ist die vorgenannte Stellungnahme der Geschäftsführung zu bewerten? Ist die ausstehende Einlage tatsächlich vom Verkehrswert abzuziehen, sodass 45% der Einlage nachgeschossen werden müssten?
Wenn nein: Hat die Aussage der Geschäftsführung zumindest ansatzweise einen Wahrheitsgehalt, oder muss man von vorsätzlicher Verdrehung der Sachlage ausgehen?

Da die KG derzeit noch von 0,1% Ausschüttung bis 2015 ausgeht gehe ich davon aus, dass ich nun einfach kündigen kann, und (abgesehen von den steuerlichen Aspekten und vielleicht einer Bearbeitungsgebühr) nichts nachschießen muss, insbesondere keine ausstehende Einlage. Ist dies richtig so?
15. September 2012 | 14:55

Antwort

von


(1624)
Hochwaldstraße 16
61231 Bad Nauheim
Tel: 06032/5074509
Web: https://www.rechtsanwalt-schroeter.de
E-Mail: Schroeter@Rechtsanwalt-Schroeter.de
Sehr geehrter Ratsuchender,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich auf Grundlage Ihrer Angaben wie folgt beantworte:

Der Verkehrswert der KG Anteile wird zunächst unabhängig von der Höhe der tatsächlich getätigten Einlage bewertet. Die fehlende Einlage wirkt sich hierbei auf den Verkehrswert nicht aus.

1. Wie ist die vorgenannte Stellungnahme der Geschäftsführung zu bewerten? Ist die ausstehende Einlage tatsächlich vom Verkehrswert abzuziehen, sodass 45% der Einlage nachgeschossen werden müssten?

Nach den Ausführungen des Geschäftsführers wird der Abfindungsanspruch für den KG-Anteil auf das Jahr 2015 berechnet. Der ermittelte Wert wird auf das Datum des Ausscheidens abgezinst. Von diesem verbleibenden Betrag werden die wechselseitigen Forderungen zwischen KG und Gesellschafter ausgeglichen. D.h. von dem Verkehrswert wird die ausstehende Einlage in Abzug gebracht.
Folglich besteht eine Nachschusspflicht, die im Wege der Aufrechnung untergeht.
2. Wenn nein: Hat die Aussage der Geschäftsführung zumindest ansatzweise einen Wahrheitsgehalt, oder muss man von vorsätzlicher Verdrehung der Sachlage ausgehen?

Aus meiner Sicht ist diese Vorgehensweise korrekt, da mit dem Ausscheiden wechselseitige Forderungen ausgeglichen werden sollen. Die übrigen Gesellschafter bleiben weiterhin zum Nachschuss verpflichtet. Zudem wird bei der Ermittlung des Verkehrswertes die fehlende Einlage nicht berücksichtigt.

3. Da die KG derzeit noch von 0,1% Ausschüttung bis 2015 ausgeht gehe ich davon aus, dass ich nun einfach kündigen kann, und (abgesehen von den steuerlichen Aspekten und vielleicht einer Bearbeitungsgebühr) nichts nachschießen muss, insbesondere keine ausstehende Einlage. Ist dies richtig so?

Im Falle einer Kündigung ist mit einer Nachschusspflicht zu rechnen. Da das Abfindungsguthaben offenbar geringer ist als die Einlageverpflichtung verbleibt ein negatives Abfindungsguthaben, so dass Sie im Rahmen der Abwicklung noch Geld in die KG investieren müssen.

Um einer solchen Nachschusspflicht zu entgehen, bestünde auch die Möglichkeit, den Anteil an andere Mitgesellschafter zu übertragen, inkl. der Nachschusspflicht. Dadurch ist die Ermittlung des Verkehrswertes des Gesellschafteranteils nicht mehr erforderlich. Voraussetzung ist natürlich, dass Interesse seitens der anderen Gesellschafter oder eines Gesellschafters besteht.

Ich hoffe ich konnte Ihnen weiterhelfen und stehe bei Nachfragen im Rahmen der kostenlosen Nachfragemöglichkeit gerne zur Verfügung.

Mit besten Grüßen


Rechtsanwalt Marcus Schröter, MBA

Rückfrage vom Fragesteller 16. September 2012 | 23:18

Sehr geehrter Herr Schröter,

vielen Dank für Ihre sehr schnelle Antwort.

Leider ist mir nicht klar was Sie mit der Formulierung „Folglich besteht eine Nachschusspflicht, die im Wege der Aufrechnung untergeht." meinen. Geht die Nachschusspflicht am Ende unter, sodass nichts nachzuschießen wäre? Am Ende schreiben Sie jedoch „Im Falle einer Kündigung ist mit einer Nachschusspflicht zu rechnen.". Ich weiß nicht, was nun Sache ist, und vor allem nicht, warum.

Mir ist auch nicht klar, wieso die ausstehende Einlage den Verkehrswert nicht beeinflusst. Nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) sind ab 2010 die ausstehenden Einlagen offen mit dem Eigenkapital der Gesellschaft zu saldieren. In der Bilanz der KG sind die ausstehenden Einlagen deshalb NICHT aktiviert . Aus diesem Grund ist der Verkehrswert nahe 0 und in diesem Fall senkt die ausstehende Einlage m.E. eben doch den Verkehrswert, denn wäre das Kommanditkapital vollständig einbezahlt läge der Verkehrswert derzeit bei ca. 45%, weil dann 100% des Kommanditkapitals aktiviert wären. (55% des Kommanditkapitals und damit die vollständigen getätigten Einlagen wurden an Verlusten erwirtschaftet).

Angenommen, alle Kommanditisten würden heute die 45% ausstehende Einlagen einbezahlen, dann läge der Verkehrswert bei 45%, und wenn ich morgen ausscheiden würde, bekäme ich die 45% wieder zurück. Ich würde in diesem Fall also mit 0 rausgehen. Das wäre doch letztlich das gleiche Nullsummenspiel, wie wenn ich nun ausscheide, ohne die 45% einzubezahlen, oder nicht?

Da die ausstehende Einlage nicht aktiviert ist und der Verkehrswert nahe 0 liegt und gleichzeitig keine nennenswerten Verbindlichkeiten vorliegen wäre es m.E. völlig unlogisch, wenn ich nun beim Ausscheiden 45% nachschießen müsste. Angenommen, es würden nach und nach alle Kommanditisten ausscheiden, dann hätte der letzte verbleibende Gesellschafter am Ende 45% des gesamten (nicht seines persönlichen) ursprünglichen Kommanditkapitals bar auf dem Konto liegen. Das kann m.E. so nicht sein.

Nach altem Bilanzierungsrecht musste die ausstehende Einlage aktiviert werden. Dann würde der Verkehrswert ca. 45% des Kommanditkapitals betragen, und dann wäre es auch vollkommen logisch, dass bei der Ermittlung des Abfindungsguthabens vom Verkehrswert in Höhe von 45% die ausstehende Einlage in Höhe von 45% abgezogen würde um wieder auf 0 zu kommen. Dann könnte ich Ihre Antwort auch verstehen.

Wenn die ausstehende Einlage aber gar nicht aktiviert ist, und somit der Verkehrswert schon 0% des Kommanditkapitals beträgt, warum um alles in der Welt sollte von diesem Verkehrswert die ausstehende Einlage abgezogen werden?

Ich würde mich freuen, wenn Sie die Sachlage nochmals möglichst allgemeinverständlich beleuchten würden. Vielen Dank.

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 18. September 2012 | 10:54

Vielen Dank für die Rückmeldung.

Aus meiner Sicht hat die Darstellung des Eigenkapitals keine Änderung des Verkehrswertes zur Folge, da das Eigenkapital um die ausstehende Einlage gekürzt wird, aber als Forderung auf der Passivseite gegen die Gesellschafter auftaucht. Soweit die Einlage eingezahlt würde, würde die Forderung gegen die Gesellschafter entfallen und lediglich ein Passivtausch erfolgen.

Allerdings ist mir zugegebenermaßen ein Denkfehler unterlaufen. Wenn Sie Ihrer Einlageverpflichtung nachkommen, erhöht sich gleichermaßen der Abfindungsanspruch. Insoweit kann zur Verkürzung der Zahlungswege hier saldiert bzw. aufgerechnet werden, so dass die Einlageverpflichtung nicht besteht, außer die Gesellschaft hätte einen Verlust auszugleichen.

Gerne stehe ich Ihnen bei weiteren Nachfragen oder Unklarheiten weiterhin per Email zur Verfügung.

Mit besten Grüßen

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