Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen wie folgt beantworten:
Frage 1:
ab ca. wieviel Prozent hat ein solcher Antrag auf Erfolg? Spielt es dabei eine Rolle, wenn meine Partnerin jetzt Sachverhalte angibt, die damals schon vorlagen aber nicht angegeben wurden?
Im Regelfall muss eine Veränderung um ca. 10 % des Unterhalts zu erwarten sein, in sehr beengten Verhältnissen reichen ggf. auch geringere Beträge. Allerdings müssen wohl zumindest 5 % erreicht sein.
Frage 2.:
im RA-Schreiben von 2012 wurde der objektive Wohnwert mit 750€ beziffert. Das sollte auch heute gültig sein, wegen der neuen Lebenspartnerschaft im Haushalt. Können wir diesen in einer exemplarischen Unterhaltsberechnung in voller Höhe berücksichtigen? Oder werden in irgendeiner Art von Pauschale oder Richtwert nichtumlagefähige Neben- und Unterhaltskosten abgezogen? Kann der Wohnwert überhaupt eine Höherstufung der Einkommensgruppe des Unterhaltsschuldners von 100% nach 110%begründen?
Der Wohnwert richtet sich nach objektiven Kriterien, also nach der ortsüblichen Kaltmiete. Nur solchen Kosten sind berücksichtigungswürdig, die der Mieter im Vergleich zum Eigentümer nicht hat. Wenn also Instandhaltungsmaßnahmen durchgeführt wurden, können diese - auf eine angemessene Zeit verteilt - berücksichtigt werden.
Wenn sich durch einen hohen Wohnwert (Zinsen für Darlehen sind abzugsfähig, Tilgung nur im Rahmen der Altersvorsorge mit 4 % des Vorjahresbruttoeinkommens) das Einkommen entsprechend erhöht, kann sich eine Höhenstufung auch dadurch ergeben.
Frage 3.:
Spielt es bei der Ermittlung des objektiven Wohnwerts eine Rolle, dass meine Partnerin damals Miteigentümerin des Hauses war und heute aber nicht mehr? Spielt es außerdem eine Rolle, dass der Antragsteller eine monatliche Rate zahlt (die er als Schulden vom Einkommen absetzt)?
Nein, bei der Berechnung des Wohnwertes geht es um die Nutzung. Wenn jetzt der Partner allein oder mit seiner neuen Partnerin Eigentümer ist, ist der Wohnwert abzüglich der Zinsen (zur Tilgung s.o.) anzusetzen.
Wenn beide Eigentümer und Kreditnehmer sind, ist ggf. nur der halbe Wohnwert und die Hälfte der Zinsen anzusetzen.
Frage 4.:
Wie werden in einer exemplarischen Unterhaltsberechnung Synergieeffekte aufgrund der neuen Lebenspartnerschaft geltend gemacht? Ich habe mal was von pauschalen Reduzierung des Selbstbehalts um 100€ gehört.
Der Selbstbehalt wird durch das Zusammenleben reduziert. Viele Gericht nehmen hier Beträge zwischen 10 % und 12,5 % des Selbsthalts als Reduzierung Bei 1080 € Selbstbehalt für einen Erwerbstätigen sinkt dieser entsprechend auf 945 € bis 972 €. Mit einer Reduzierung um 100 € liegen Sie also nicht ganz falsch.
Ich empfehle Ihnen bzw. Ihrer Partnerin, spätestens wenn der Gegner Verfahrenskostenhilfe erhält, einen im Familienrecht erfahrenen Anwalt zu beauftragen, weil im Unterhaltsverfahren Anwaltszwang herrscht.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen.
Mit freundlichen Grüßen
Anja Holzapfel
-Rechtsanwältin-
-Fachanwältin für Familienrecht-
Hallo Frau Holzapfel,
vielen Dank für Ihre rasche Antwort. Das Ganze ist ja erst mal sehr erfreulich.
Verständnisrückfragen:
Ich verstehe, dass über die Erfolgsaussicht des Antrages entscheidend ist, wie sich der Unterhaltsanspruch nach heutiger Sachlage darstellt, unabhängig davon ob die beim damaligen Titel schon herrschenden Sachverhalte angegeben wurden oder nicht. Richtig?
Wg. Der Bemessung des wohnwerten Vorteils geht meine Frage in die Richtung, ob die nichtumlagefähigen Wohnkosten die Unterhaltshöhe im Zuge des aktuellen Antrages beeinflussen. Also der Antragsgegner sammelt jetzt meinetwegen Instandsetzungsmaßnahmen zusammen, drückt damit das fiktive Wohnwert-Einkommen nach unten, dadurch entsteht ein Unterhaltsanspruch von nur noch 85% und deswegen hat sein Antrag Aussicht auf Erfolg, und es wird PKH bewilligt. Für diesen Fall ist meine Frage die nach einer möglicherweise allgemein zu berücksichtigenden angemessenen Pauschale.
Alternativ (und so verstehe ich Ihre Antwort): der Unterhalt wird ermittelt, wobei der objektive Wohnwert in jedem Fall in voller Höhe angesetzt wird. Und wenn am Haus was zu machen ist, zeigt der Antragsteller das der Gegnerin situativ an, und man verständigt sich auf eine entsprechende Reduzierung des Unterhaltsbetrags über einen angemessenen Zeitraum.Es kann dabei unter Umständen der gesamte fiktive Wonvorteils-Einkommensanteil reduziert werden. Richtig?
Was ich über den Fragen als Sachverhalt bzw. persönlichen Erkenntnissen geschrieben habe (wie z.B. das mit dem Verzichtsverlangen) war auch durchaus als Frage gemeint, ob ich mit diesen Auffassungen richtig liege. Ich nehme Ihre Reaktion deswegen so wahr, dass es an diesen Auffassungen und Entscheidungen nichts zu beanstanden gibt. Richtig?
Insbesondere ist für mich von Interesse, ob die benannte e-mail als Beweismittel ausreicht – der Antragssteller selbst hat dagegen mit Sicherheit kein Beweismittel und auch nur in seinem Antrag geschrieben, dass meine Partnerin 2013 über die Veränderung der Verhältnisse informiert worden sei.
Also nochmals vielen Dank für Ihre Antwort, sie hilft uns sehr viel weiter!
Sehr geehrter Fragesteller,
gern beantworte ich Ire Nachfragen wie folgt:
Ich verstehe, dass über die Erfolgsaussicht des Antrages entscheidend ist, wie sich der Unterhaltsanspruch nach heutiger Sachlage darstellt, unabhängig davon ob die beim damaligen Titel schon herrschenden Sachverhalte angegeben wurden oder nicht. Richtig?
Nein. Grundsätzlich dient das Abänderungsverfahren nur dazu, Veränderungen seit der letzten Titulierung zu berücksichtigen. Fehler, die bei einer früheren Berechnung gemacht wurden, können damit eigentlich nicht korrigiert werden. Allerdings: Wenn sich ausreichend Einzelaspekte geändert haben, nimmt das Gericht häufig eine komplette Neuberechnung vor, so dass Sie alles, was zugunsten der Leistungsfähigkeit des Gegners spricht, ins Feld führen sollten.
Wg. Der Bemessung des wohnwerten Vorteils geht meine Frage in die Richtung, ob die nichtumlagefähigen Wohnkosten die Unterhaltshöhe im Zuge des aktuellen Antrages beeinflussen. Also der Antragsgegner sammelt jetzt meinetwegen Instandsetzungsmaßnahmen zusammen, drückt damit das fiktive Wohnwert-Einkommen nach unten, dadurch entsteht ein Unterhaltsanspruch von nur noch 85% und deswegen hat sein Antrag Aussicht auf Erfolg, und es wird PKH bewilligt. Für diesen Fall ist meine Frage die nach einer möglicherweise allgemein zu berücksichtigenden angemessenen Pauschale.
Alternativ (und so verstehe ich Ihre Antwort): der Unterhalt wird ermittelt, wobei der objektive Wohnwert in jedem Fall in voller Höhe angesetzt wird. Und wenn am Haus was zu machen ist, zeigt der Antragsteller das der Gegnerin situativ an, und man verständigt sich auf eine entsprechende Reduzierung des Unterhaltsbetrags über einen angemessenen Zeitraum.Es kann dabei unter Umständen der gesamte fiktive Wonvorteils-Einkommensanteil reduziert werden. Richtig?
Fiktive Instandhaltungsrücklagen werden üblicherweise nicht berücksichtigt, schon gar nicht, wenn der Mindestunterhalt in Frage steht. Nur wenn kürzlich Kosten entstanden sind oder vorhersehbar in naher Zukunft tatsächlich anfallen, kommt eine Berücksichtigung bei der Berechnung im Rahmen des Verfahrens in Betracht.
Einvernehmlich kann auch außerhalb eines Gerichtsverfahrens eine Verständigung über die Reduzierung erfolgen. Wenn das nicht möglich ist, muss der Gegner ggf. erneut eine Abänderung bei Gericht beantragen, wenn nach Abschluss des Verfahrens solche Kosten anfallen.
Was ich über den Fragen als Sachverhalt bzw. persönlichen Erkenntnissen geschrieben habe (wie z.B. das mit dem Verzichtsverlangen) war auch durchaus als Frage gemeint, ob ich mit diesen Auffassungen richtig liege. Ich nehme Ihre Reaktion deswegen so wahr, dass es an diesen Auffassungen und Entscheidungen nichts zu beanstanden gibt. Richtig?
Insbesondere ist für mich von Interesse, ob die benannte e-mail als Beweismittel ausreicht – der Antragssteller selbst hat dagegen mit Sicherheit kein Beweismittel und auch nur in seinem Antrag geschrieben, dass meine Partnerin 2013 über die Veränderung der Verhältnisse informiert worden sei.
Ob eine wirksame Reduzierung vorliegt, ist durch Auslegung zu ermitteln. Allein die fehlende Antwort schließt das nicht aus, wenn zwei Jahre lang ohne Beanstandung der geringere Betrag gezahlt wurde. In diesem Fall - wenn die Kindesmutter also trotz vorliegendem Vollstreckungstitel nicht vollstreckt hat - wird man wohl eine einvernehmliche Absenkung des Kindesunterhalts annehmen können. Ob damit ein Verzicht auf die Rechte aus dem Titel für die Zukunft oder nur eine vorläufige Reduzierung vereinbart wurde, hängt im Zweifel vom Wortlaut der Mail ab.
Wenn der Gegner trotz des Verzichtsverlangens weitergezahlt hat, sollte sich Ihre Partnerin auf Entreicherung (Verbrauch des Geldes für den Unterhalt) bzw. Verwirkung, weil er erst jetzt das Verfahren betreibt, berufen.
Ich hoffe, ich konnte Ihre Unsicherheiten beseitigen und wünsche Ihnen und Ihrer Partnerin viel Erfolg.
Mit freundlichen Grüßen aus Wunstorf
Anja Holzapfel