1.
Sie tragen im Hinblick auf § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG, wonach in der ersten Instanz keine Kostenerstattung der obsiegenden Partei stattfindet, das gleiche Kostenrisiko, egal ob sie sich jetzt mit der Gegenpartei vergleichen oder das Verfahren weiterführen, da insoweit ein einheitliches Verfahren vorliegt.
Gemäß Vorbemerkung 8 zu Nr. 8100 des Kostenverzeichnisses, Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG entfällt allerdings nur bei vollumfänglicher Beendigung des arbeitsgerichtlichen Verfahrens durch einen gerichtlichen Vergleich die in dem betreffenden Rechtszug angefallene Gerichtsgebühr.
Auch hierbei ist es zwar ohne Belang, ob der Vergleich bereits in der Güteverhandlung oder erst im streitigen Verfahren abgeschlossen wird. Die Gerichtgebühren entfallen aber nicht, wenn der Vergleich nur einen Teil des Streitgegenstands betrifft.
Nach Ihren Angaben lohnt es sich insofern durchaus, den vorgeschlagenen Teilvergleich nicht zu akzeptieren und zu versuchen, die eigenen Ansprüche zur Gänze durchzusetzen.
2./3.
Die Erfolgsaussichten Ihrer Klage hängen – wie Sie selbst richtig vermuten – hauptsächlich von der Beweislage ab.
Grundsätzlich gilt auch für ein Praktikum das Schriftformerfordernis sowohl bei der Kündigung (§ 623 BGB, § 15 Abs. 3 BBiG) als auch bezüglich der Befristung (§ 14 Abs. 4 TzBfG, § 19 BBiG).
Soweit aber nachweislich kein Arbeitsverhältnis vorliegt, sondern nur eine Anstellung, „um Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen zu erwerben, ohne dass es sich um eine Berufsausbildung“ im Sinne des Berufsbildungsgesetzes handelt, kann unter anderem „auf die Vertragsniederschrift verzichtet und bei vorzeitiger Lösung des Vertragsverhältnisses nach Ablauf der Probezeit abweichend von § 16 Abs. 1 Satz 1 Schadensersatz nicht verlangt werden (§ 19 BBiG).
Ein solches Praktikantenverhältnis liegt vor, wenn Sie ohne systematische Berufsausbildung nur für eine bestimmte Dauer in dem Betrieb tätig sind und Sie weder Schüler noch Student sind, der im Rahmen seiner Ausbildung ein Praktikum zu absolvieren hat.
Möglicherweise sagen die von Ihrem Arbeitgeber benannten Zeugen wahrheitswidrig aus, dass ein Praktikum in oben genannten Sinne vereinbart wurde, so dass er sich auf den nur mündlichen Vertragsschluss berufen kann.
Demgegenüber können Sie gegebenenfalls argumentieren und Ihrerseits durch Zeugenaussagen belegen, dass die Stelle im Hotelempfang vorher und nachher nur mit fest angestellten Personen besetzt war.
Des Weiteren hat auch das Inserat, wonach die Stelle als € 400-Job angeboten war, einen erheblichen Beweiswert.
Zwar kann hieraus kein schriftlicher Arbeitsvertrag abgeleitet werden.
Bei Fehlen eines schriftlichen Arbeitsvertrages liegt aber ein sogenanntes faktisches Arbeitsverhältnis vor, während dessen Dauer nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sich die gegenseitigen Rechte und Pflichten ohne Einschränkung nach den für ein wirksames Arbeitsverhältnis geltenden Vorschriften richtet.
Ihr Arbeitgeber wird sich unter den gegebenen Umständen schwer tun, seinen Sinneswandel nachvollziehbar darzulegen, warum er also angeblich von einer Anstellung in geringfügiger Beschäftigung abgesehen hat.
4.
Sie sollten im streitigen Verfahren versuchen, die Glaubhaftigkeit der gegnerischen Zeugenaussage zu erschüttern.
Hierfür empfiehlt es sich, einen arbeitsrechtlich spezialisierten Rechtsanwalt vor Ort einzuschalten, der dann Zeugen entsprechend gezielt befragen kann.
Wenn Sie sich die Anwaltskosten nicht leisten können, kommt für Sie die Beantragung von Prozesskostenhilfe in Betracht.
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit meiner Antwort eine erste Orientierung vermitteln konnte.
Gerne können Sie noch eine kostenlose Rückfrage stellen.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfram Geyer
Rechtsanwalt
Sehr geehrter Herr Geyer,
vielen Dank für die schnelle und ausführliche Beantwortung meiner Fragen.
Wie der AG erwähnte, sind die Angestellten am Empfang in VZ und TZ keine Fachkräfte, der AG selbst ist BWL´er, es gibt keine Praktikanten. Ich selbst habe die letzten 16 Berufsjahre im Büro gearbeitet, sodass mir nur ein Teil der Tätigkeiten fremd war. Die in der Anzeige gestellten Forderungen habe ich, bis auf "...Berufserfahrung von Vorteil...", erfüllt.
Die tel. Kündigung wurde am 9.12.05 ausgesprochen, die Inverzugsetzung erfolgte am 21.2.06, die der AG angebl. nicht erhalten hat.
Ab welchem Zeitpunkt kann ein Entgeltausfall berechnet werden?
Besten Dank im voraus für die Beantwortung.
Sehr geehrte Ratsuchende,
um einen Entgeltausfall verlangen zu können, ist es normalerweise notwendig, dass ein Arbeitsverhältnis besteht, Sie dem Arbeitgeber Ihre Arbeitsleistung anbieten und dieser die Leistung nicht annimmt.
Er kommt dann in „Annahmeverzug“ (§ 293 ff. BGB), mit der Folge, dass er gemäß § 615 BGB „für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen kann, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein“, wobei Sie sich jedoch den Wert anderweitigen Erwerbs oder böswillig unterlassenen Erwerbs anrechnen müssen.
Ein tatsächliches Angebot Ihrer Arbeitsleistung ist allerdings nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts „überflüssig“ (§ 296 BGB), wenn der Arbeitgeber unberechtigt kündigt.
In Ihrem Fall bedeutet dies, dass Sie Verzugslohn bereits für die Zeit ab dem 09.12.2005 verlangen können, soweit die Voraussetzungen im Übrigen gegeben sind.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfram Geyer
Rechtsanwalt