fristlose kündigung nach lohnanmahnung/Abtretung

| 14. August 2008 18:25 |
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Arbeitsrecht


Seit 2/2006 war mein Lebensgefährte, gelernter Schreinermeister, als Möbel- und Küchenmonteuer, eines Logistikunternehmens beschäftigt. Seit Dez.07 erfolgten monatliche Lohnabzüge von insgesamt EUR 1.100,00 bis April 2008. Gehaltsabrechnungen wurden seit Februar 2008 vom AG nicht erstellt.Per 31.07.2008 bestehen insgesamt Lohnrückstände i.H. von EUR 4.300,00. Nach Einschaltung einer Fachanwältin am 31.07.08 und deren Fax am selben Tag an den AG mit Fristsetzung, wurde am 01.08.08 die fristlose Kündigung wegen "unzumutbarer" Zusammenarbeit nach Verweigung der Annahme zuerst in den Briefkasten eingeworfen und wenige Tage später nochmals per Post zugesandt. Grundsätzlich hat er kein Interesse mehr an einer weiteren Beschäftigung und einer evt. Kündigungsschutzklage und ist seit dem Termin erfolgreich selbständig tätig.
Frage 1. : Wie soll hier weiter verfahren werden, um schnellstmöglich an sein ausstehendes Gehalt zu kommen ( Urlaubsansprüche von 25 Tagen bestehen auch noch ?? )

Nachdem zum Kündigungstermin noch diverse Aufträge offen bzw. teilerledigt waren, wurden am 11.08.08 mit Datum zum 01.08.2008 detaillierte Aufstellungen zu den einzelnen Kundenaufträgen mit Kundendaten, wie Adresse und Telefonnummern sowie dem aktuellen Bearbeitungsstand und den noch zu erbringenden Leistungen gesandt sowie eine Schlussabrechnung erstellt und per Einschreiben/Rückschein dem AG übersandt.Die Schlußabrechnung beinhaltet erhaltene Kunden-Akontozahlungen, also Einnahmen, sowie Ausgaben über verauslagte Kosten wie Material, Diesel u.a. Gleichzeitig wurden die Kunden von ihm persönlich über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses informiert und an den AG für die weitere Auftragsbearbeitung verwiesen.
Hier tut sich nun zusätzlich ein Problem auf, da sich in meiner, dem früheren Arbeitsgeber meines Lebensgefährten gegen Mietzahlung überlassenen Garage, u.a. fertiggestellte Fensterläden befinden, die nur noch zu montieren sind und vom Kunden dringend gebraucht werden (Akontozahlung bei Auftragserteilung über EUR 500,00 wurde vom Kunden bezahlt). Der Ex-AG wurde generell über die hier lagernden Gegenstände informiert, es erfolgt jedoch keine Abholung zur Weiterbearbeitung. Im Gegenteil es wurde der Kundin heute telefonisch von ihm mitgteilt, dass er den Auftrag nicht fertigstellen kann.Einerseits wollen wir der Kundin ja sehr gern helfen, wissen jedoch nicht wie und ob.

Frage: Besteht irgendwie die Möglichkeit, diesen Auftrag im Sinne der Kundin fertigzustellen, evtl. gegen Abtretung in irgendeiner Form, da ja Lohnrückstände bestehen ?

Sehr geehrte Ratsuchende,

1.
Ihr Lebensgefährte sollte nach dem Ablauf der von seiner Rechtsanwältin gesetzten Frist, wenn bis dahin nicht gezahlt wurde, seine Ansprüche so bald wie möglich gerichtlich geltend machen, hierzu kann er das rückständige Gehalt (§§ 611 Abs. 1, 614 BGB) und auch eine Abgeltung für kündigungsbedingt nicht genommenen Urlaub (§ 7 Abs. 4 BurlG) vor dem Arbeitsgericht einklagen.

Denn es ist nach Ihrer Sachverhaltsschilderung zu befürchten, dass der Arbeitgeber über kurz oder lang zahlungsunfähig wird, und um dieser Entwicklung zuvorzukommen, benötigt Ihr Lebensgefährte so schnell wie möglich einen vollstreckbaren Titel. Eine andere Variante besteht darin, zunächst einen gerichtlichen Mahnbescheid zu erwirken (§§ 688 ff ZPO). Wenn der Arbeitgeber und Schuldner Widerspruch erhebt, kommt es auf weiteren Antrag hin zu einem streitigen Gerichtsverfahren, wird jedoch nicht widersprochen, kann der Gläubiger einen Vollstreckungsbescheid beantragen, hiergegen kann der Schuldner wiederum Einspruch einlegen, um ein streitiges Verfahren herbeizuführen. Der Vorteil dieser Variante besteht darin, dass Ihr Lebensgefährte seine Ansprüche zunächst nicht näher begründen müssen und dass er schneller an einen vollstreckbaren Titel herankommen kann.

Im Falle eines arbeitsgerichtlichen Verfahrens ist zu beachten, dass die Anwaltskosten der obsiegenden Partei in der I. Instanz nicht von der Gegenpartei zu tragen sind, siehe § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG.

2.
Mit dem Wirksamwerden der außerordentlichen Kündigung ist Ihr Lebensgefährte nicht mehr verpflichtet, die angefangenen Arbeiten zu Ende zu bringen.
Wenn er allerdings den Auftrag anstelle seines Arbeitgebers doch noch weiter durchführen will, ist es am Sichersten, wenn die Kundin zuerst ihren Auftrag gegenüber dem Arbeitgeber nach erfolglosem Ablauf einer letzten schriftlich gesetzten kurzen Frist zur Weiterbearbeitung zurückzieht, also den Rücktritt vom Vertrag erklärt und dann Ihren Lebensgefährten im Rahmen seiner selbstständigen Tätigkeit weiter beauftragt.

Dabei ist zu beachten, dass die Kundin dennoch für bereits geleistete Arbeiten an den ursprünglichen Auftraggeber bezahlen muss, soweit dies nicht durch die Vorauszahlung abgedeckt ist. Außerdem besteht noch das Problem, dass Ihr Lebensgefährte an die Fensterläden herankommen muss, die ihm nicht gehören. Da Sie die Räume, in denen sich die Fensterläden befinden, an den Arbeitgeber Ihres Lebensgefährten vermietet haben, darf auch nur dieser die Räume betreten.
Ihr Lebensgefährte kann allerdings einen Herausgabeanspruch hinsichtlich der Fensterläden im Namen der Kundin geltend machen, wenn er den Auftrag der Kundin übernommen hat. Eine Abtretung ist dann nicht erforderlich.

Ich hoffe, ich konnte Ihre Rechtsfragen hinreichend und verständlich beantworten. Bei Unklarheiten können Sie gerne von der Möglichkeit Gebrauch machen, Rückfragen zu stellen.

Die oben genannten Vorschriften finden Sie unter den nachfolgend benannten Links:

http://bundesrecht.juris.de/bgb/index.html
http://bundesrecht.juris.de/burlg/index.html
http://bundesrecht.juris.de/zpo/index.html
http://bundesrecht.juris.de/arbgg/index.html

Mit freundlichen Grüßen

Wolfram Geyer
Rechtsanwalt
Rückfrage vom Fragesteller 15. August 2008 | 10:01

Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt Geyer,
herzlichen Dank für Ihre rasche und wertvolle Antwort. Hab noch eine Verständnisfrage bezüglich des ausstehenden Kundenauftrags.
Die Kundin stellt dem AG eine kurze Frist zur Fertigstellung des Auftrages, also z.B. bis Ende kommender Woche und erklärt in diesem Schreiben gleichzeitig bei nicht Einhaltung sofort den Rücktritt mit gleichzeitiger Forderung auf Herausgabe der Fensterläden durch Abholung gegen Verrechnung der Akontozahlung, sprich .. ich als Vermieter der Garage kann die Läden in ihrem Auftrag herausnehmen. Daraufhin erhält mein Freund einen neuen Auftrag von ihr zur Fertigstellung. Kann die Kundin dies problemlos in einem Schreiben zusammenfassen, um den Vorgang zu verkürzen ? Nochmals herzlichen Dank für Ihre kompetente und hilfreiche Beantwortung.
Mit freundlichen grüßen

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 15. August 2008 | 10:19

Sehr geehrte Ratsuchende,

es ist durchaus möglich, die geplante Vorgehensweise in einem einzigen Schreiben zusammenzufassen, ähnlich wie Sie es hier beschreiben. Nur in einem Punkt müssen Sie aufpassen, denn Sie dürfen als Vermieterin (im Auftrag der Kundin) die Fensterläden nur dann aus der Garage herausnehmen, wenn der Mieter Ihnen dies ausdrücklich gestattet. Der Herausgabeanspruch ist eben nur auf Herausgabe gerichtet, nicht auf Wegnahme.

Mit freundlichen Grüßen

Wolfram Geyer
Rechtsanwalt

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