Sehr geehrte Fragestellerin,
gerne beantworte ich Ihre Frage unter Zugrundelegung des von Ihnen geschilderten Sachverhalts und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes wie folgt:
1. Für die Übertragung des Grundstückseigentums ist eine Form der §§ 873
, 925 BGB
erforderlich. § 873 I BGB
setzt eine Einigung des Berechtigten und des anderen Teils über den Eintritt der Rechtsänderung voraus.
a) Die obengenannte Einigung ist ein dinglicher Vertrag, auf den die allgemeinen Vorschriften, unter anderem auch die §§ 104 ff BGB
anwendbar sind.
b) Gem.: § 104 Nr. 2 BGB
ist jemand, der sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, geschäftsunfähig. Demenz ist eine solche Krankheit, die Geschäftsunfähigkeit i.S.d. § 104 Nr. 2 BGB
zur Folge haben kann.
c) Die Willenserklärung eines Geschäftsunfähigen ist gem.: § 105 I BGB
nichtig. Damit wäre also die für die Grundstücksübertragung erforderliche Einigung (genannt Auflassung) dieser Dame nichtig, die Auflassung also unwirksam.
2. Prozessrechtlich sieht folgendermaßen aus. Da die Geschäftsfähigkeit ein Normalfall ist, muss derjenige, der sich auf die Geschäftsunfähigkeit beruft, diese auch beweisen (Beweislastregeln). Im Prozess obliegt es also Ihnen zu beweisen, dass die Dame im Zeitpunkt der Auflassung geschäftsunfähig war. Im Prozess wird meistens ein Gutachter mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt (Gerichtsgutachter). In Ihrem Fall spricht das Gutachten eindeutige Sprache, betreffend der Geschäftsfähigkeit der Dame zum Zeitpunkt der Auflassung. Die andere Seite wird allerdings behaupten, dass trotz Demenzkrankheit die Dame zum Zeitpunkt der Auflassung ein lichtes Moment hatte und geschäftsfähig war. Ausgang derartiger Prozesse hängt also maßgeblich vom Gutachten ab.
3. Unter anderem können Sie auch Klage auf Grundbuchsberichtigung gem.: § 894 BGB
einreichen. Das Grundbuchbuch ist unrichtig, da darin ein leibliches Kind zu Unrecht (Unwirksamkeit der Auflassung) als Alleineigentümer eingetragen wurde. Nach der gesetzlichen Erbfolge sind ja die beiden leiblichen Kinder Eigentümer geworden. (Es wird hier davon ausgegangen, dass kein Testament vorliegt). Berechtigt für die Geltendmachung dieses Anspruchs wäre das zweite Kind der Dame, da dieses zu Unrecht nicht in das Grundbuch als Eigentümerin eingetragen wurde.
Ich darf an dieser Stelle anmerken, dass die Erstberatung nur die erste rechtliche Beurteilung des Rechtsproblems auf Grund von Ihnen mitgeteilten Sachverhalts bieten kann. Bei Unklarheiten biete ich Sie die kostenlose Nachfragefunktion zu nutzen. Abgesehen davon können Sie bei weiteren Fragen auch die Funktion “Direktanfrage” in Anspruch nehmen.
Ich wünsche Ihnen viel Glück und verbleibe mit freundlichen Grüßen:
T. Kakachia
-Rechtsanwalt-
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Temuri Kakachia
Anwaltskanzlei
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Fax: 07621/5107962
Sehr geehrter Herr Kakachia,
herzlichen Dank für Ihre Antwort zu meinem Anliegen.
Ich verstehe Sie also dahingehend richtig, daß der Geisteszustand "am Notartisch" entscheidend ist/war?
Der Zustand in dieser entscheidenden Stunde ist nicht beweisbar, auch nicht für einen (nachträglichen) Gutachter. Der Notar wird als Zeuge nichts Nachteiliges aussagen, ebenso nicht das begünstigte Kind.
Folglich ist die Chance auf Beweis der GeschäftsUNfähigkeit im Moment der Auflassung bei NULL ?
Würden Sie das auch so sehen?
Vielen Dank für Ihre Bemühungen
Sehr geehrte Fragestellerin,
ja es kommt tatsächlich darauf an, ob die alte Dame im Moment der Auflassung, also vor dem Notar auch geschäftsunfähig war oder, ob sie trotz demenzbedingter Geschäftsunfähigkeit an dieser Stunde doch ein "lichtes Moment" gehabt hat. Das ist ja gerade der Trick der Gegenseite, diese Behauptung aufzustellen und Sie dadurch im Beweisnot zu bringen.
Sie müssen also nachweisen, dass Sie generell und auch im Moment der Unterzeichnung des Vertrages geschäftsunfähig war. Gelingt das Ihnen nicht, so wird die Klage abgewiesen.
Der Gutachter kann ja zu der Frage Stellung nehmen, ob bei dieser alten Dame die lichten Momente überhaupt in Frage kommen. Wenn nein, dann brauchen Sie nichts mehr zu beweisen.
Mit freundlichen Grüßen:
T. Kakachia
-Rechtsanwalt-