Führerscheinentzug nach Cocain-Fahrt - MPU obligatorisch?

18. Januar 2010 00:48 |
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Verkehrsrecht


Beantwortet von

Rechtsanwältin Astrid Altmann

Am 31.03.2007 wurde ich mit privat geliehenem PKW in Hamburg angehalten, vermutlich weil meine Beifahrerin nicht angeschnallt war. Ein Beamter forderte mich auf, auszusteigen, griff zielsicher in die kleine Münztasche meiner Jeans und zog ein abgewetztes Briefchen mit ca. 0,1g Kokain heraus. Für den Besitz bekam ich eine Geldstrafe von € 300,- (20 Tagessätze) . Außerdem einen Bußgeldbescheid über € 250,- mit Fahrverbot über einen Monat wegen des Führens eines Kraftfahrzeugs "unter der Wirkung des berauschenden Mittels (Benzoylecgonin, Wert: 75,0 ng/ml)". Nach Rückgabe des Führerscheins ordnete die Führerscheinstelle (LBV) die Beibringung eines fachärztlich toxikologischen Gutachtens binnen eines Monats an. Eine MPU wurde nicht gefordert. Das Gutachten konnte ich nicht erbringen, da ich nur ca. 1mm Kopfhaar hatte. Daraufhin wurde mir die Fahrerlaubnis erneut entzogen und auf ein Schreiben hingewiesen, in dem wegen 1,4 ng/ml Cocain und 7,5 ng/ml Benzoylecgonin die Beibringung einer MPU gefordert worden sei. Jedoch war weder in dem bezogenen Schreiben noch sonst wo die MPU gefordert worden. Der Abteilungsleiter begründete das Durcheinander mit „Tippfehlern” und bekräftigte die Forderung nach einer MPU. Das sei inzwischen ohnehin üblich. Als weitere Ungereimtheit tauchten die Werte 1,4 ng/ml und 7,5 ng /ml erstmals auf. Zuvor war für Cocain kein Wert benannt worden, jedoch der 10-fache Wert (75ng/ml) für Benzoylecgonin.

Da ich zurzeit nicht ohne ALGII auskomme und meinen Führerschein für eine erwartete Stellung als Pharmareferent dringend benötige, muss ich wissen, was die Behörde von mir fordern darf. Inzwischen ist mein Haupthaar soweit gewachsen, dass eine Untersuchung möglich wäre. Eine von mir zuvor bei der DEKRA beauftragte Untersuchung meiner Brusthaare war an deren technischem Unvermögen gescheitert.

Meine Fragen:

Kann die Behörde mit Hinweis auf eine in einem Bescheid geforderte MPU eine MPU fordern, obwohl diese in dem bezogenen Bescheid überhaupt nicht vorkommt und kann sie sich sodann auf einen Tippfehler berufen, der nicht relevant sei, da die MPU gewöhnlich immer gefordert würde?

Kann ich eine Kopie der Analyse verlangen, weil in einem Bescheid der 10-fache Wert gegenüber einem anderen Bescheid zur Begründung der Anordnung angeführt wird?

Was kostet eine Akteneinsicht mit detaillierter Beurteilung des Sachverhaltes?

Sehr geehrte/r Fragesteller/in,

hiermit nehme ich zu den von Ihnen aufgeworfenen Fragen unter Berücksichtigung des dargestellten Sachverhaltes wie folgt Stellung:

Ohne Einsichtnahme in die Ermittlungsakten ist eine abschließende Beurteilung nicht möglich.

Grundsätzlich muss gegen einen Bescheid ein Rechtsmittel eingelegt werden. Hierzu ist die Einhaltung bestimmter Fristen erforderlich.

Ein Tippfehler erscheint mit wenig glaubhaft. Die Anordnung eine MPU muss ausdrücklich erfolgt sein.

Die Akten können nur von einem Rechtsanwalt eingesehen werden.
Bei einer Akteneinsicht würden gemäß RVG eine Grundgebühr - Mittelgebühr - in Höhe von EUR 85,00 anfallen und eine Verfahrensgebühr - Mittelgebühr - in Höhe von EUR 135,00, zuzüglich Kopierkosten, Akteneinsichtsgebühren in Höhe von EUR 12,00, Auslagenpauschale in Höhe von EUR 20,00 und 19 % Mehrwertsteuer. Sollten Sie mich hiermit beauftragen wollen, so werden die Gebühren, die ich über das Portal erhalte angerechnet.

Abschließend möchte ich Sie noch auf Folgendes hinweisen: Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Ihren Angaben basiert, handelt es sich lediglich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

Ich hoffe Ihnen einen ersten Einblick in die Rechtslage verschafft haben zu können und verbleibe
mit freundlichen Grüßen


Astrid Hein
Rechtsanwältin

Rückfrage vom Fragesteller 18. Januar 2010 | 14:08

Sehr geehrte Frau Hein,

leider habe ich Ihrer heutigen Nachricht von 6:51 Uhr die Antwort auf meine drei Fragen nicht gefunden und bitte kurz um Beantwortung:

- Wie hoch sind die Kosten für eine Akteneinsicht mit DETAILLIERTER BEURTEILUNG?
(Ist diese detaillierte Beurteilung in der von Ihnen aufgelisteten Verfahrensgebühr enthalten oder was ist darunter zu verstehen?)

- Kann ich eine Kopie der Analyse verlangen, weil in einem Bescheid der 10-fache Wert gegenüber einem anderen Bescheid zur Begründung der Anordnung angeführt wird?

- Kann die Behörde mit Hinweis auf eine in einem Bescheid geforderte MPU eine MPU fordern, obwohl diese in dem bezogenen Bescheid überhaupt nicht vorkommt und kann sie sich sodann auf einen Tippfehler berufen, der nicht relevant sei, da die MPU gewöhnlich immer gefordert würde?
(Ist die MPU in einem solchen Fall also immer obligatorisch oder müsste z.B. auch ein toxikologisches Gutachten ausreichen? Die Fristen für die Rechtsmittel gegen die Bescheide sind abgelaufen, jedoch ist die Frage, ob man gegen einen Bescheid, der keine Rechtsgrundlage hat auch nach Ablauf der Frist vorgehen kann.)

Mit freundlichen Grüßen

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 19. Januar 2010 | 07:24

Sehr geehrte/r Fragesteller/in,

hiermit nehme ich Ihrer Nachfrage wie folgt Stellung:
Es tut mir leid, wenn meine Antworten nicht eindeutig waren.

1. Eine detaillierte Beurteilung ist in den von mir angegebenen Gebühren enthalten.

2. Nein, Akteneinsicht kann nur von einem Rechtsanwalt gefordert werden.

3. Nein, eine MPU muss ausdrücklich angeordnet sein. Allerdings wird die Behörde auf Ihre Nichteignung schließen, wenn Sie das Gutachten nicht bzw. nicht fristgerecht beigebracht haben. Darauf müssten Sie aber hingewiesen worden sein.
Nein, gegen rechtskräftige Bescheide kann man keine Rechtsmittel mehr einlegen.


Ich hoffe Ihnen weitergeholfen zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen


Astrid Hein
Rechtsanwältin

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