Inkassoforderung aus Abrufkredit

| 20. Oktober 2009 22:32 |
Preis: 60€ Historischer Preis
Hier finden Sie einen
Aktuellen Kostenvorschlag
|

Inkasso, Mahnungen


Beantwortet von

Rechtsanwalt Marco Liebmann

Eine Bekannte von mir hat am 30.7.1991 einen Abrufkreidt bei einer Bank als Mitantragstellerin unterschrieben. Der Antragssteller (ebenfalls unterschrieben) war ihr damaliger Ehemann. Die Eheleute hatten damals 2 Kinder, der Ehemann war bereits schwer alkoholabhängig. Mit dem Darlehen wurde das gemeinsame Girokonto ausgeglichen und der Dispo gelöscht. Ein LV Vertrag (25.000 DM) war im Antragsformular als Vermögen aufgeführt worden.
Im Oktober 1993 hat meine Bekannte mit inzwischen 3 Kindern den Ehemann verlassen, da seine Alkoholabhängigkeit Ihr und den Kinden nicht mehr zumutbar war. Sie ging zunächst in ein Frauenhaus. Der betroffenen Bank hat meine Bekannte die Trennung persönlich gegenüber einem Mitarbeiter mitgeteilt. Ab diesem Zeitpunkt hatte Sie auch keinen Zugriff mehr auf das gemeinsame Girokonto. Meine Bekannte hat damals deshalb angenommen dass Sie mit den Schulden, Konten und Darlehen des Ehemannes nichts mehr zu tun hatte. Sie wurde nicht auf eine weiter bestehende Haftung bezüglich des Darlehens hingewiesen. Die Raten für den Kredit wurden vom Ehemann eine Zeit lang weiter beglichen.
Ab diesem Zeitpunkt war meine Bekannte bis heute mehrfach umgezogen und hatte sich jeweils ordnungsgemäß an den Wohnorten gemeldet bzw. umgemeldet.
Nach einem 2 Jahre dauernden Scheidungsverfahren wurde die Ehe mit Rechtskraft zum 05.12.1995 geschieden.
Über die weiteren Lebensumstände des Exmannes war meiner Bekannten nichts mehr bekannt. Unterhalt für sie oder die 3 gemeinsamen Kinder hatte er nie geleistet. Im Januar 1997 wurde Ihr von einem Verwandten des Exmannes mitgeteilt dass dieser bereits am 31. Oktober 1996 verstorben war, in Folge seines Alkoholmißbrauchs.
Erstmals im April erhielt Sie ein Schreiben von einem Inkassobüro. Nach schriflticher Bitte um Erläuterung und einem Telefonat erhielt Sie am 11.06.2002 erneut Post von diesem Inkassobüro. Erst dadurch hat Sie erfahren dass Ihr Exmann die Darlehensforderungen nicht beglichen hat. Mit diesem Schreiben wurden Ihr an Sie addressierte Schreiben der Bank vom 22.09.1993 überstellt in der die Bank die Schuld einforderte uns den Kreditvertrag kündigte. Wegen falscher Addressierung hatte Sie dieses Schreiben nie erreicht. Auch ein ebenfalls beigelegtes Schreiben der Bank vom 27.Juli 2000, welches ebenfalls an die falsche Adresse mitteilte, dass ein Inkassounternehmen mit Einzug der Forderung beauftragt würde.
Das Inkassoschreiben enthielt eine Forderungsaufstellung mit der Bitte um Begleichung. Der urprünliche Kredit von 12.000 DM war wie folgt aufgelaufen:
Hauptforderung 5.837,74 Euro; Inkassovergütung 623,02; Zinsen bis 11.06.2006 von 4.797,95 Euro, Gesamtbetrag 11.258,71 Euro zzgl. Zinsen von 7,57% p.A.
Sie beauftragte einen Anwalt. Was dieser damals unternommen hatte ist heute nicht mehr klar. Es existiert darüber kein Schrifverkehr.
Jedenfalls unterschrieb meine Bekannte am 10.12.2007 einen Abzahlungsvergleich über monatlich 20 Euro bezüblich einer Gesamtschuld vn 12.423,59 Euro.
Überschrift dieses Formulares des Inkassobüros: Meine Schulden aus dem rechtskräftigen Titel. Aktenzeichen des Gerichts. Zu beiden Formularzeilen sind keine Daten ersichtlich.
"Abzahlungsverlgeich: Die Gesamtforderung kann ich nicht sofort zahlen und bitte um Stundung. Zur Vermeidung von Zwangsmaßnahmen schlage ich folgenden Abzahlungsvergleich vor und verpflichte mich die bei Ihrem Auftraggeber entstandenen Einigungsvergügungen von 0,00 Euro zu erstatten, soweit sie nach Gesetz und Rechtsprechung als Verzugsschaden ersatzpflichtig sind.
Zum Beweis meiner Zahlungsbereitschaft werde ich sofort am 15.12.2007 einen Teilbetrag von 20 Euro überweisen.
Den Rest überweise ich in montatlichen Raten von 20 Euro beginnend am Januar 2008. "
Das Formular enthält noch eine Formulierung zur Sicherungsabtretung und Verzugsfolgen.
Unterschrieben von Schulder 1, meine Bekannte, das Feld Schuldner 2 ist nicht ausgefüllt da der Betroffene ja bereits verstorben war.
Seit diesem Zeitpunkt bezahlt Sie die 20 Euro monatlich.
Am 11.11.2008 erhielt Sie ein Angebot einmalig 1.979,00 Euro zu bezahlen, dann würde die Restforderung erlassen, sie sei dann schuldenfrei. Mangels Zahlungsmöglichkeit als alleinstehende Mutter von inzwischen 4 Kindern hat sie dieses Angebot nicht annehmen können.
Inzwischen hatte ich von der Sache erfahren und mit dem Inkassobüro Verbindung aufgenommen, meine Bekannte hatte mich gegenüber dem Inkassobüro dazu autorisiert. Es gab ein erneutes Angebot vom 15.07.2009, die Gesamtforderung von 12.858,38 Euro würde auf 4.557,74 Euro reduziert. Zahlbar weiterhin mit Raten von je 20 Euro. Ein Formular zur Unterschrift lag bei. Dieses erhielt erstmals einen Passus mit der Formulierung "Selbstständiges Schuldanerkenntnis zur Gesamtforderung von 12.858,38 Euro zzgl. Zinsen von 5% über dem Basissatz auf die restliche Hauptforderung!
Abzahlungsangebot: Die Forderung wird wie oben beschrieben reduziert auf 4.557,74 Euro. Abzahlbar in Monatsraten á 20 Euro.
Es folgt ein Hinweis zur Sicherungsabtretung und zu den Verzugsfolgen. Hierbei ist der Hinweis enthalten dass bei Verzug oder bei wesentlicher Verbesserung der wirtschafltichen Verhältnisse wieder die ursprüngliche Gesamtforderung fällig würde.
Meine Bekannte zahlt weiterhin die 20 Euro aus dem ursprünglichen Vergleich und hat dieses neue Angebot nicht angenommen.

Meine Frage nun:
1. Wie sieht es mit der Verjährung in dem Fall aus
2. Hat die Inkasso eine Handhabe zur Einforderung der Schuld
3. Das letzte aufgeführte Angebot ist doch keine Verbesserung der Lage, nach meiner Ansicht will die Inkasso doch Zeit gewinnen bis die Kinder aus dem Haus sind und meine Bekannte dann eher zur Zahlung genötigt werden kann. Oder?
4. Sollte ich meiner Bekannten zu einem Vergleichsangebot raten, z.B. einmalig 1.000 Euro zu zahlen um dann von der Gesamtforderung endgültig und für immer frei zu kommen? Ist dieser Betrag angemessen und besteht Aussicht auf erfolg?
5. Besteht Aussicht auf Erfolg das ganze abzuweisen und auf einen Rechtsstreit zu setzen?



Sehr geehrter Ratsuchender,

ich möchte Ihre Fragen auf Grund des dargelegten Sachverhalts und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes wie folgt beantworten:

Ich weise darauf hin, dass dies einer ersten Orientierung über die bestehende Rechtslage dient und ein ggf. persönliches Beratungsgespräch bei einem Anwalt Ihrer Wahl nicht ersetzt.

Das Hinzufügen oder Weglassen von Informationen kann die rechtliche Beurteilung beeinflussen.

Dies vorangestellt beantworte ich Ihre Fragen wie folgt:

Frage 1)

Dem Rückzahlungsanspruch der Bank kann die Verjährungseinrede nicht wirksam entgegengehalten werden.
Die Forderung ist nicht verjährt.

Die Verjährung beginnt nach § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB erneut zu laufen, wenn der Schuldner (Ihre Bekannte) dem Gläubiger gegenüber den Anspruch durch Abschlagszahlung, Zinszahlung, Sicherheitsleistung oder in anderer Weise anerkennt.

Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Durch den Abschluss der Ratenzahlungsvereinbarung und der fortlaufenden Zahlung von 20 Euro auf die Forderung, hat Ihre Bekannte die Forderung anerkannt.

Kennzeichnend für einen Vergleich ist, dass die Beteiligten einen Streit oder eine Ungewissheit durch beiderseitiges Nachgeben ausräumen. An das Nachgeben sind keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Es genügt jedes Zugeständnis der Parteien, mag es auch ganz geringfügig sein. Ist eine Forderung streitig, genügt es, wenn der Schuldner (Ihre Bekannte) sie anerkennt und der Gläubiger (Bank / Inkasso) im Gegenzug Ratenzahlung gewährt.

Das zum Zeitpunkt der Ratenzahlungsvereinbarung die Forderung möglicherweise bereits verjährt gewesen ist, steht diesem nicht entgegen.

Zwar kann nur eine noch nicht abgelaufene Verjährungsfrist erneut beginnen, durch den Abschluss der Ratenzahlungsvereinbarung kann aber ein Verzicht auf die Verjährungseinrede anzunehmen sein.

Frage 2)

Das Inkassounternehmen kann, ggf. im Auftrag der Bank, die Forderung begründet geltend machen. Dabei kann der Anspruch bereits aus dem Anerkenntnis im Rahmen des Vergleiches erfolgreich begründet werden.

Frage 3)

Das letzte Angebot stellt zum früheren sicherlich keine bessere Situation für Ihre Bekannte da, da dieses eine Geltendmachung der Gesamtforderung im Fall einer Vermögensverbesserung vorsieht.

Das eine Verfallsklausel enthalten ist, nach der die Gesamtforderung im Fall des Verzuges fällig wird, ist nicht zu beanstanden und üblich, da der Schuldner dadurch zur kontinuierlichen Zahlung angehalten werden soll.

Eine Nötigung zur Zahlung kann darin jedoch nicht gesehen werden, da die Forderung der Bank gerechtfertigt ist.

Da Ihre Bekannte Darlehensnehmerin ist, ist diese auch im Verhältnis zur Bank zur Rückzahlung verpflichtet. Die Trennung und Scheidung von ihrem Mann, ändert daran nichts, da dies nur das Innenverhältnis zwischen Ihrer Bekannten und deren (Ex-)Mann betrifft.

Ein Hinweis der Bank auf eine weitere Haftung musste nicht erfolgen, da Ihre Bekannte nicht aus der Haftung des Darlehensvertrages entlassen wurde.

Frage 4)

Letztendlich entscheidet allein die Bank darüber, ob durch eine Einmalzahlung ein Teil der Restschuld erlassen wird.

Ob 1.000,- Euro in diesem Fall angemessen sind, kann nicht abschließend beantworten werden, da die Angemessenheit sich auch nach der Höhe der noch bestehenden Restforderung beurteilt.

Durchaus kann jedoch Ihre Bekannten, ggf. vertreten durch Sie, der Bank / Inkasso ein entsprechendes Vergleichsangebot unterbreiten. Grundsätzlich sind diese jedoch nicht verpflichtet, ein aus deren Sicht unzureichendes Angebot anzunehmen.

Wichtig wäre in diesem Fall für Ihre Bekannte eine eindeutige Vereinbarung, dass im Fall einer höheren Einmalzahlung, die dann bestehende Restforderung vorbehaltlos erlassen wird.

Frage 5)

Auf einen Rechtsstreit sollte es Ihre Bekannte nicht ankommen lassen, da die Forderung berechtigt und nicht verjährt ist. Die Erfolgsaussichten der Bank überwiegen.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen einen ersten Überblick über die bestehende Rechtslage geben und Ihre Fragen zu Ihrer Zufriedenheit beantworten.

Bestehende Unklarheiten beantworte ich Ihnen gern innerhalb der kostenlosen Nachfragefunktion, wobei ich darum bitte, die Vorgaben dieses Forums zu beachten.

Darüber hinausgehende Fragen beantworte ich Ihnen gern im Rahmen einer Mandatserteilung.
Durch eine Mandatserteilung besteht auch die Möglichkeit einer weiterführenden Vertretung.

Die Kommunikation bei größerer Entfernung kann via Email, Post, Fax und Telefon erfolgen und steht einer Mandatsausführung nicht entgegen, sofern Sie der Nutzung dieser Möglichkeiten aufgeschlossen gegenüberstehen.

Eine weiterführende Vertretung zieht allerdings weitere Kosten nach sich. Im Fall einer Beauftragung würde ich den hier gezahlten Einsatz auf meine nachfolgenden Gebühren vollständig anrechnen.


Mit freundlichen Grüßen

Marco Liebmann
Rechtsanwalt

Bewertung des Fragestellers 20. Oktober 2009 | 23:54

Hat Ihnen der Anwalt weitergeholfen?

Wie verständlich war der Anwalt?

Wie ausführlich war die Arbeit?

Wie freundlich war der Anwalt?

Empfehlen Sie diesen Anwalt weiter?

"

Die Frage wurde umfassend und sehr verständlich beantwortet. Vielen Dank.

"