Anspruch auf Abfindung für ausgeschiedenen GmbH Gesellschafter

8. Oktober 2009 20:40 |
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Gesellschaftsrecht


Beantwortet von

Guten Tag!

Meine Frage:

Ich habe auf Betreiben meines Mitgesellschafter meine Position als GGF und Gesellschafter unserer gemeinsamen GmbH aufgegeben – nun verweigert mir mein ehemaliger Kollege eine Abfindung, auf die ich meines Erachtens einen Anspruch habe. Die Fronten sind wie allzu oft verhärtet, daher würde ich Sie bitten:

Ø sich die Sache einmal anzusehen und grundsätzlich zu entscheiden ob es Sinn macht das Thema weiter zu verfolgen.

Ø einen Vorschlag zu machen wie wir weiter vorgehe.

Ausgangssituation:

Ich war vom 16.10.2006 bis zum 15.6.2009 Gesellschafter der Firma A mit Sitz in K. Gegenstand des Unternehmens ist die IT- Unternehmensberatung. Mein Anteil an der Gesellschaft betrug 48%, die restlichen Anteile (52%) gehörten meinem Mitgesellschafter Herrn B.

Nun hat die Gesellschaft mit Beschluss vom 5.12.2008 meinen Ausschluss als Gesellschafter zum 31.12.2008 beschlossen. Basis dessen ist mein Gesellschaftervertrag, §13, „Austritt und Kündigung“.

Eine Abfindung wie in meinem Gesellschaftervertrag, §15, „Bewertung und Abfindung“ vereinbart erfolgte nicht und wurde mit von meinem Mitgesellschafter aktiv verwehrt. Diese Abfindung ist nun der zentrale Punkt eines Konfliktes zwischen mir und Herrn B.

Unternehmenswerte in der IT Industrie liegen erfahrungsgemäß im Bereich des 2-3 fachen Jahresumsatzes des Unternehmens. Dieser lag bei der Firma A in den Jahren 2007 und 2008 im Bereich von 450.000 Euro. Eine Vorgehensweise für die konkrete Berechnung des Unternehmenswertes ist in meinem Gesellschaftervertrag, §15, „Bewertung und Abfindung“ vereinbart.

Mein Ausscheiden aus der Gesellschaft verlief nach folgendem Vorgehen:

· Mitte Oktober 2008 hat mich Herr B seine Entscheidung eröffnet unsere Kooperation zu beenden und mich aus der Gesellschaft ausschlissen zu wollen
· 5.12.2008 :Gesellschafterbeschluss zu meinem Ausscheiden zum 31.12.2008
· Mitte Mai 2009: Erstellen des Jahresabschlusses 2008
· Ende Mai 2008: Herr B eröffnet mir telefonisch dass er keine Grundlage für die Zahlung einer Abfindung erkennen kann.
· 1.6.2009: Telefonat mit Herrn B, dieser stellte fest dass er die mir zustehende Tantieme für 2008 wegen „finanzieller Schwierigkeiten“ nicht zahlen können würde wenn ich nicht auf einen Anspruch auf eine Abfindung verzichtete. Weiterhin stellte er fest dass er in Zukunft keine weitere Energie in der Unternehmen investieren werde und mit einer weiteren Ausschüttung nicht zu rechnen sei falls ich auf eine Abfindung nicht verzichten würde. Er schlagt vor dass ich vertraglich auf eine Zahlung verzichten solle.
· 2.6.2008: Gesellschafterbeschluss mit dem Ausschluss einer Abfindung für mich. Dieser Gesellschafterbeschluss kam unter Ausnutzung meiner wirtschaftlichen Notlage zugrunde (ich bin seit Januar 2009 arbeitslos).
· 15.6.2008 Notartermin zum Verkauf meiner Unternehmensanteile an Herrn B, Auszahlung meiner Stammanteile.
· 12.7.2009 Auszahlung der Tantieme 2008 an mich.

Diese Situation bewerte ich wie folgt:

Herr B verwehrt sich der Zahlung einer Abfindung an mich obwohl der Wert der Firma A zum fraglichen Zeitpunkt klar über 0€ gelegen hat.

Dazu besteht jedoch meinerseits ein Rechtsanspruchs der auch nicht von einem anders gearteten Gesellschafterbeschluss vom 2.6.2008 infrage gestellt werden kann, da dieser Vertrag (Knebelungsvertrag) unter Ausnutzung einer wirtschaftlichen Notlage meinerseits (Arbeitslosigkeit seit 6 Monaten) zustande kam, meine persönliche und wirtschaftliche Freiheit erheblich einschränkt, damit als sittenwidrige Knebelung gegen § 138 BGB („Sittenwidriges Rechtsgeschäft; Wucher“) verstößt und somit die Nichtigkeitsfolge nach § 138 BGB eintritt.

Weiterhin könnten man wegen der Ausnutzung meiner wirtschaftlichen Notlage ein Konflikt mit § 123 BGB („Anfechtbarkeit wegen Täuschung oder Drohung“) erkennen.

Vergleichbare Fälle ist bereits von der Rechtsprechung entschieden worden,..( sprich ich habe im Internet einmal etwas herumgesucht und bin auf folgende Stelle gestossen, hier würde ich Sie bitten, zu bewerten ob diese für den konkreten Fall relevant ist): beispielsweise ein Urteil des BGH vom 13.03.2006 (II ZR 295/04 ), siehe dazu auch Michalski, Rdn. 58, strenger Mayer DB 1990, 1319 (Abfindung unter Buchwert stets unwirksam).

Ich bin daher überzeugt dass ich mit einer eventuellen Klage gegen Herrn B auf Zahlung einer Abfindung Erfolg haben werde – nun interessiert mich Ihre Sicht der Dinge.

Die erwähnten Dokumente habe ich als pfd und stelle Ihnen diese gerne per eMail zur Prüfung zu.

Ich freue mich auf Ihre Antwort.

Herzlichst!

9. Oktober 2009 | 19:03

Antwort

von


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Sehr geehrter Ratsuchender,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich auf Grundlage Ihrer Angaben wie folgt beantworte:

Maßgebend ist hier zum einen der Gesellschafterbeschluss, wonach eine Abfindung ausgeschlossen wurde und der notarielle Übertragungsvertrag der Gesellschafteranteile gegen Auszahlung des Stammkapitals.

Diese beiden Maßnahmen sprechen für sich zunächst dafür, dass Ihnen keine weitere Abfindung zusteht. Mit dem Gesellschafterbeschluss geben Sie objektiv nach außen Ihren Willen kund auf eine Abfindung zu verzichten und bekräftigen dies mit dem notariellen Kaufvertrag über die GmbH Anteile.


Um einen Rechtsanspruch auf eine Abfindung zu bejahen wäre daher zunächst der Gesellschafterbeschluss zu überwinden und im zweiten Schritt der notarielle Übertragungsvertrag für die GmbH Anteile.

Hinsichtlich des Gesellschafterbeschlusses besteht durchaus die Möglichkeit einer Anfechtung, jedoch richtet sich dies nicht nach § 123 BGB , sondern nach § 243 Abs. 1 AktG . Danach ist eine Beschluss anfechtbar, wenn er gegen Gesetz oder Satzung verstößt ohne, dass der Beschluss nichtig ist. Insoweit kommt über die Regelung des § 243 Abs. 1 AktG erst die Regelung des § 123 BGB oder § 138 BGB zum Tragen.

Voraussetzung für die Anfechtbarkeit ist zunächst, dass das Beschlussergebnis verbindlich festgestellt wurde, was hier durch die wahrscheinlich in der Satzung vorgesehenen Gesellschafterversammlung erfolgt ist.
Zur Erhebung der Anfechtungsklage entsprechend § 243 AktG ist jeder Gesellschafter befugt. Gesellschafter ist, wer als solcher gemäß § 16 GmbHG bei der Gesellschaft angemeldet ist. Allerdings geht mit Abtretung des Geschäftsanteils auch das Anfechtungsrecht auf den Erwerber über. Der anfechtende Gesellschafter muss also nicht bereits zum Zeitpunkt der Beschlussfassung Gesellschafter gewesen sein. BGHZ 43, 261 , 267 ff.

Durch die Übertragung Ihres Gesellschafteranteils an B ist somit auch das Recht der Anfechtbarkeit des Gesellschafterbeschlusses auf B übergegangen, so dass Sie nicht mehr zur Anfechtung des Gesellschafterbeschlusses vom 15.06.2009 berechtigt wären.

Aber auch die Frist für die Geltendmachung des Anfechtungsanspruches wäre hier zu beachten. Eine Anfechtungsklage unter den Gesellschaftern wirkt sich nachhaltig auf die bestehende Vertrauensgrundlage aus, so dass zunächst alle Möglichkeiten einer außergerichtlichen Einigung erschöpft werden müssen BGHZ 104, 66 , 71. Deshalb muss der Gesellschafter die Anfechtungsklage lediglich mit aller ihm zumutbaren Beschleunigung erheben, wobei die Monatsfrist nach § 246 AktG nur als Leitbild bzw. absolute Untergrenze herhalten kann.
Liegen keine besonderen Umstände vor und ist eine einvernehmliche Regelung nicht zu erwarten, muss der Gesellschafter Mängel, die ihm bereits bei der Beschlussfassung erkennbar sind, innerhalb eines Monats durch Klageerhebung geltend machen. BGHZ 111, 224 ,225.

Nicht zumutbar wäre eine Klageerhebung innerhalb eines Monats z.B. bei schwebenden Verhandlungen oder der vorherigen Klärung rechtlicher oder tatsächlicher Fragen, die zur Beurteilung der Erfolgsaussicht der Klage erforderlich sind.
Da zwischenzeitlich vier Monate seit der Beschlussfassung verstrichen sind, wird es schwierig sein, hier eine Begründung darzulegen, warum es Ihnen nicht möglich war, innerhalb der Monatsfrist Klage gegen den Gesellschafterbeschluss zu erheben.


Als Zwischenergebnis lässt sich festhalten, dass vorbehaltlich der Kenntnis der gesamten Unterlagen eine Anfechtung des Gesellschafterbeschluss ausscheidet, da Ihnen zum einen durch die not. Übertragung/Abtretung der Gesellschafteranteile eine Anfechtungs- und damit auch eine Klagebefugnis fehlt, zum anderen auch die Monatsfrist, nicht eingehalten wurde.
Hinsichtlich der Monatsfrist wäre im Falle eine entsprechenden Begründung grundsätzlich eine fristgerechte Klage möglich, wobei hier aber die Geltendmachung von schwebenden Verhandlungen und oder die Klärung von Voraussetzung für die Klageerhebung bis dato erforderlich wären.

Hierbei sind die Entscheidung hinsichtlich der Einhaltung der Frist auch unterschiedlich. So war die Anfechtung nach zehn Wochen nach der Beschlussfassung noch rechtzeitig BGHZ 111, 224 , 226. Andererseits wurde ein Monat und drei Wochen bzw. sechs Monate als zu lang angesehen BGH GmbHR 1992, 801 (Einziehungsbeschluss); BGH WM 1989, 63 ,66; OLG Oldenburg GmbHR 1992.

Das von Ihnen zitierte Urteil des BGH, Urteil vom 13. 3. 2006 - II ZR 295/04 , NZG 2006, 425 bezieht sich auf die Abfindung in einer Personengesellschaft / BGB-Gesellschafter.

Der Abfindung eines Gesellschafters lag eine Abfindungsvereinbarung zugrunde. Grundlage war hier der Ertragswert, wobei der Liquidationswert den Ertragswert wesentlich überstiegt. Hier kam gem. § 723, Abs. 3 BGB eine Unwirksamkeit der Abfindungsvereinbarung in Betracht, da die Abfindungsvereinbarung eine unzulässige Beschränkung des Kündigungsrechtes nach § 723 Abs. 3 BGB darstellte.

Im Folgenden ein Auszug aus den Urteilgründen:
"Die Abfindungsvereinbarung sah vor, dass ein ausscheidender Gesellschafter auf der Basis des gemeinen Wertes, aber unter Ausschluss eines Geschäftswerts abzufinden ist. Der Kläger schied durch Kündigung aus der Gesellschaft aus. Der Beklagte berechnete das Auseinandersetzungsguthaben nach dem Ertragswert, während der Kläger den rund sechsmal höheren Liquidationswert ..... für maßgeblich hält.

Der BGH hat der Klage dem Grunde nach stattgegeben. Er betont zunächst, dass die Abfindungsvereinbarung auf Basis des gemeinen Wertes grundsätzlich den Ertragswert des Unternehmens meint und dass es für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits nicht auf die Frage ankommt, ob der Liquidationswert stets als Wertuntergrenze für Abfindungen heranzuziehen ist (dazu: Bilda, in: MünchKomm-AktG, 2. Aufl., 2001, § 305 Rdnr. 85). Für den vorliegenden Rechtsstreit war vielmehr entscheidend, dass eine Abfindung auf Basis des Ertragswerts eine unzulässige Beschränkung des Kündigungsrechts der GbR-Gesellschafter nach § 723, Abs. 3 BGB darstellt. Weil der Zerschlagungswert des Unternehmens den Ertragswert um ein Vielfaches überstieg, wäre kein wirtschaftlich denkender Gesellschafter bereit, auf der Basis einer Abfindung nach dem Ertragswert von seinem Kündigungsrecht Gebrauch zu machen; in seiner Tragweite wertet der BGH dies als einen faktischen Ausschluss der Kündigungsmöglichkeit."
Der BGH hat damit das Kündigungsrecht eines Gesellschafters in Bezug zu seinem Abfindungsrecht gestellt. Diese Entscheidung beschränkt sich auf die Besonderheiten einer Personengesellschaft und wäre auf Ihren Fall nicht anwendbar.

Im Gegensatz zu Ihrem Fall lag auch eine Abfindungsvereinbarungen bereits vor, deren Höhe durch das BGH Urteil nur dahingehend beschränkt werden durfte, dass es nicht zu einem faktischen Ausschluss des Kündigungsrechts führt. In Ihrem Fall wurde eine entsprechende Regelung über die Abfindung nach dem Ausschluss getroffen und ein bestehendes Austrittsrecht aus der GmbH gerade nicht beeinträchtigt.

Insoweit sehe ich auf Grundlage Ihrer Angaben, insbesondere vor dem Hintergrund der Übertragung der GmbH Anteil wenige Erfolgsaussichten für die Durchsetzung eines Anfechtungsanspruches.

Ich bedaure Ihnen keine besseren Nachrichten geben zu können, hoffe aber Ihnen trotzdem einen hilfreichen Überblick verschafft zu haben. Bei Nachfragen nutzen Sie bitte die kostenlose Nachfragefunktion.

Mit besten Grüßen


Rechtsanwalt Marcus Schröter, MBA

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