Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich auf Grundlage Ihrer Angaben wie folgt beantworte:
Maßgebend ist hier zum einen der Gesellschafterbeschluss, wonach eine Abfindung ausgeschlossen wurde und der notarielle Übertragungsvertrag der Gesellschafteranteile gegen Auszahlung des Stammkapitals.
Diese beiden Maßnahmen sprechen für sich zunächst dafür, dass Ihnen keine weitere Abfindung zusteht. Mit dem Gesellschafterbeschluss geben Sie objektiv nach außen Ihren Willen kund auf eine Abfindung zu verzichten und bekräftigen dies mit dem notariellen Kaufvertrag über die GmbH Anteile.
Um einen Rechtsanspruch auf eine Abfindung zu bejahen wäre daher zunächst der Gesellschafterbeschluss zu überwinden und im zweiten Schritt der notarielle Übertragungsvertrag für die GmbH Anteile.
Hinsichtlich des Gesellschafterbeschlusses besteht durchaus die Möglichkeit einer Anfechtung, jedoch richtet sich dies nicht nach § 123 BGB
, sondern nach § 243 Abs. 1 AktG
. Danach ist eine Beschluss anfechtbar, wenn er gegen Gesetz oder Satzung verstößt ohne, dass der Beschluss nichtig ist. Insoweit kommt über die Regelung des § 243 Abs. 1 AktG
erst die Regelung des § 123 BGB
oder § 138 BGB
zum Tragen.
Voraussetzung für die Anfechtbarkeit ist zunächst, dass das Beschlussergebnis verbindlich festgestellt wurde, was hier durch die wahrscheinlich in der Satzung vorgesehenen Gesellschafterversammlung erfolgt ist.
Zur Erhebung der Anfechtungsklage entsprechend § 243 AktG
ist jeder Gesellschafter befugt. Gesellschafter ist, wer als solcher gemäß § 16 GmbHG
bei der Gesellschaft angemeldet ist. Allerdings geht mit Abtretung des Geschäftsanteils auch das Anfechtungsrecht auf den Erwerber über. Der anfechtende Gesellschafter muss also nicht bereits zum Zeitpunkt der Beschlussfassung Gesellschafter gewesen sein. BGHZ 43, 261
, 267 ff.
Durch die Übertragung Ihres Gesellschafteranteils an B ist somit auch das Recht der Anfechtbarkeit des Gesellschafterbeschlusses auf B übergegangen, so dass Sie nicht mehr zur Anfechtung des Gesellschafterbeschlusses vom 15.06.2009 berechtigt wären.
Aber auch die Frist für die Geltendmachung des Anfechtungsanspruches wäre hier zu beachten. Eine Anfechtungsklage unter den Gesellschaftern wirkt sich nachhaltig auf die bestehende Vertrauensgrundlage aus, so dass zunächst alle Möglichkeiten einer außergerichtlichen Einigung erschöpft werden müssen BGHZ 104, 66
, 71. Deshalb muss der Gesellschafter die Anfechtungsklage lediglich mit aller ihm zumutbaren Beschleunigung erheben, wobei die Monatsfrist nach § 246 AktG
nur als Leitbild bzw. absolute Untergrenze herhalten kann.
Liegen keine besonderen Umstände vor und ist eine einvernehmliche Regelung nicht zu erwarten, muss der Gesellschafter Mängel, die ihm bereits bei der Beschlussfassung erkennbar sind, innerhalb eines Monats durch Klageerhebung geltend machen. BGHZ 111, 224
,225.
Nicht zumutbar wäre eine Klageerhebung innerhalb eines Monats z.B. bei schwebenden Verhandlungen oder der vorherigen Klärung rechtlicher oder tatsächlicher Fragen, die zur Beurteilung der Erfolgsaussicht der Klage erforderlich sind.
Da zwischenzeitlich vier Monate seit der Beschlussfassung verstrichen sind, wird es schwierig sein, hier eine Begründung darzulegen, warum es Ihnen nicht möglich war, innerhalb der Monatsfrist Klage gegen den Gesellschafterbeschluss zu erheben.
Als Zwischenergebnis lässt sich festhalten, dass vorbehaltlich der Kenntnis der gesamten Unterlagen eine Anfechtung des Gesellschafterbeschluss ausscheidet, da Ihnen zum einen durch die not. Übertragung/Abtretung der Gesellschafteranteile eine Anfechtungs- und damit auch eine Klagebefugnis fehlt, zum anderen auch die Monatsfrist, nicht eingehalten wurde.
Hinsichtlich der Monatsfrist wäre im Falle eine entsprechenden Begründung grundsätzlich eine fristgerechte Klage möglich, wobei hier aber die Geltendmachung von schwebenden Verhandlungen und oder die Klärung von Voraussetzung für die Klageerhebung bis dato erforderlich wären.
Hierbei sind die Entscheidung hinsichtlich der Einhaltung der Frist auch unterschiedlich. So war die Anfechtung nach zehn Wochen nach der Beschlussfassung noch rechtzeitig BGHZ 111, 224
, 226. Andererseits wurde ein Monat und drei Wochen bzw. sechs Monate als zu lang angesehen BGH GmbHR 1992, 801
(Einziehungsbeschluss); BGH WM 1989, 63
,66; OLG Oldenburg GmbHR 1992.
Das von Ihnen zitierte Urteil des BGH, Urteil vom 13. 3. 2006 - II ZR 295/04
, NZG 2006, 425
bezieht sich auf die Abfindung in einer Personengesellschaft / BGB-Gesellschafter.
Der Abfindung eines Gesellschafters lag eine Abfindungsvereinbarung zugrunde. Grundlage war hier der Ertragswert, wobei der Liquidationswert den Ertragswert wesentlich überstiegt. Hier kam gem. § 723, Abs. 3 BGB
eine Unwirksamkeit der Abfindungsvereinbarung in Betracht, da die Abfindungsvereinbarung eine unzulässige Beschränkung des Kündigungsrechtes nach § 723 Abs. 3 BGB
darstellte.
Im Folgenden ein Auszug aus den Urteilgründen:
"Die Abfindungsvereinbarung sah vor, dass ein ausscheidender Gesellschafter auf der Basis des gemeinen Wertes, aber unter Ausschluss eines Geschäftswerts abzufinden ist. Der Kläger schied durch Kündigung aus der Gesellschaft aus. Der Beklagte berechnete das Auseinandersetzungsguthaben nach dem Ertragswert, während der Kläger den rund sechsmal höheren Liquidationswert ..... für maßgeblich hält.
Der BGH hat der Klage dem Grunde nach stattgegeben. Er betont zunächst, dass die Abfindungsvereinbarung auf Basis des gemeinen Wertes grundsätzlich den Ertragswert des Unternehmens meint und dass es für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits nicht auf die Frage ankommt, ob der Liquidationswert stets als Wertuntergrenze für Abfindungen heranzuziehen ist (dazu: Bilda, in: MünchKomm-AktG, 2. Aufl., 2001, § 305 Rdnr. 85). Für den vorliegenden Rechtsstreit war vielmehr entscheidend, dass eine Abfindung auf Basis des Ertragswerts eine unzulässige Beschränkung des Kündigungsrechts der GbR-Gesellschafter nach § 723, Abs. 3 BGB
darstellt. Weil der Zerschlagungswert des Unternehmens den Ertragswert um ein Vielfaches überstieg, wäre kein wirtschaftlich denkender Gesellschafter bereit, auf der Basis einer Abfindung nach dem Ertragswert von seinem Kündigungsrecht Gebrauch zu machen; in seiner Tragweite wertet der BGH dies als einen faktischen Ausschluss der Kündigungsmöglichkeit."
Der BGH hat damit das Kündigungsrecht eines Gesellschafters in Bezug zu seinem Abfindungsrecht gestellt. Diese Entscheidung beschränkt sich auf die Besonderheiten einer Personengesellschaft und wäre auf Ihren Fall nicht anwendbar.
Im Gegensatz zu Ihrem Fall lag auch eine Abfindungsvereinbarungen bereits vor, deren Höhe durch das BGH Urteil nur dahingehend beschränkt werden durfte, dass es nicht zu einem faktischen Ausschluss des Kündigungsrechts führt. In Ihrem Fall wurde eine entsprechende Regelung über die Abfindung nach dem Ausschluss getroffen und ein bestehendes Austrittsrecht aus der GmbH gerade nicht beeinträchtigt.
Insoweit sehe ich auf Grundlage Ihrer Angaben, insbesondere vor dem Hintergrund der Übertragung der GmbH Anteil wenige Erfolgsaussichten für die Durchsetzung eines Anfechtungsanspruches.
Ich bedaure Ihnen keine besseren Nachrichten geben zu können, hoffe aber Ihnen trotzdem einen hilfreichen Überblick verschafft zu haben. Bei Nachfragen nutzen Sie bitte die kostenlose Nachfragefunktion.
Mit besten Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Marcus Schröter, MBA
Hochwaldstraße 16
61231 Bad Nauheim
Tel: 06032/5074509
Web: https://www.rechtsanwalt-schroeter.de
E-Mail:
Rechtsanwalt Marcus Schröter, MBA