Sehr geehrte Ratsuchende,
auf der Grundlage Ihrer Sachverhaltsschilderung stellt sich die Rechtslage für Sie nicht ganz unproblematisch dar:
1.
Wie Sie bereits richtig voraussetzen, liegt hier ein Dauerschuldverhältnis vor, gekennzeichnet durch das Merkmal ständiger Pflichtanspannung während der Vertragslaufzeit.
Mangels Vereinbarung eines Beendigungstermins oder einer ordentlichen Kündigungsmöglichkeit bleibt Ihnen somit – wenn nicht noch eine einvernehmliche Vertragsaufhebung zustande kommt – gemäß § 314 BGB
nur eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund, um sich von dem Webhosting-Vertrag zu lösen.
Ein wichtiger Grund ist laut § 314 Abs. 1 Satz 2 BGB
gegeben, wenn der kündigenden Partei „unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses (...) nicht zugemutet werden kann“.
Dabei kommt es auf ein Verschulden der anderen Partei nicht an.
Die von Ihnen beabsichtigte Geschäftsaufgabe stellt eine wesentliche Änderung der das Vertragsverhältnis bestimmenden Verhältnisse dar.
Eine solche wesentliche Änderung ist aber nach ständiger Rechtsprechung nur dann ein beachtlicher Kündigungsgrund, wenn sie nicht aus dem eigenen Risikobereich des Kündigenden entspringt (BGH NJW 1991, 1829; BGH NJW 1996, 714
).
Daran wird es hier meines Erachtens scheitern, denn selbst wenn Sie Ihr Geschäft nicht aus freiem Entschluss, sondern gezwungen durch äußere Umstände aufgeben, realisiert sich damit das allgemeine unternehmerische Risiko, das sich der Kunde nicht zurechnen lassen muss.
Sie können dennoch versuchen, diese Variante zu verfolgen und hoffen, dass der Kunde sich freiwillig darauf einlässt. Gegebenenfalls bieten Sie ihm eine kleine Abfindung an, wenn Ihnen das möglich ist.
Beachten Sie aber, dass nach § 314 Abs. 3 BGB
die Kündigung aus wichtigem Grund nur innerhalb einer je nach Vertragstyp angemessenen Frist zulässig ist, nachdem Sie „vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt“ haben, in der Regel sind das maximal zwei Monate. (Allerdings wird Ihnen der Kunde den genauen Zeitpunkt Ihres Entschlusses, den Betrieb einzustellen, zunächst kaum nachweisen können.)
2.
Daneben besteht natürlich die von Ihnen angedachte Möglichkeit, dem Kunden wegen seines Vertragsverstoßes zu kündigen.
Die dauerhafte und sich steigernde Überschreitung des vertraglich vereinbarten monatlichen Transfervolumens um mittlerweile 100% ist ja auch nicht unerheblich und kann Sie zumindest theoretisch gegenüber Ihrem Anbieter in Schwierigkeiten bringen, wenn dieser an dem zugesicherten unbeschränkten Transfervolumen etwa wegen Überlastung nicht mehr festhalten will oder eine Fortführung zu diesen Bedingungen von einem erhöhten Preis abhängig macht.
Vor einer außerordentlicher Kündigung wegen pflichtwidrigen Verhaltens müssen Sie aber gemäß § 314 Abs. 2 BGB
den Kunden zuerst abmahnen bzw. ihn unter Fristsetzung zur Abhilfe anhalten, es sei denn, es läge bereits jetzt eine endgültige und ernsthafte Erfüllungsverweigerung oder eine besondere Unzumutbarkeit für Sie vor (§ 323 Abs. 2 BGB
).
Hier besteht natürlich die „Gefahr“, dass sich der Kunde darauf einlässt, also sein Volumen reduziert, und Sie dann weiter den Vertrag erfüllen müssen.
3. Fazit:
Versuchen Sie zunächst eine einvernehmliche Aufhebung zu erreichen, unter Hinweis auf alle relevanten Aspekte, bei gleichzeitigem Abhilfeverlangen mit Fristsetzung (um Zeit zu gewinnen). Vielleicht verliert der Kunde ja dann sein Interesse an Ihrer Dienstleistung. Ist dies nicht der Fall, versuchen Sie es eben per Kündigung.
Ich hoffe, Ihnen mit diesem Rat und der Prüfung der Rechtslage weitergeholfen zu haben.
Sollten meine Ausführungen noch Unklarheiten enthalten, nützen Sie bitte die Nachfragefunktion.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfram Geyer
Rechtsanwalt
Zunächst einmal Vielen Dank für Ihre Antwort. Wir haben noch eine Frage. Ändert sich etwas an der Sachlage wenn die Aufgabe des Geschäftes mit eben diesem Kunden zusammenhängt? Er hatte nämlich Drucksachen bei uns bestellt, deren Annahme er verweigert hat. Da wir schon oft etwas für den Kunden gemacht hatten, haben wir nicht alles schriftlich festgehalten. Dies hat bei uns einen Schaden von rund 300 € erzeugt, welcher uns zwar nicht ruiniert, uns aber dazu Entschlossen hat das ganze aufzugeben.
Sehr geehrte Ratsuchende,
nach Ihren zusätzlich gegebenen Informationen beurteilt sich der Fall in der Tat für Sie rechtlich günstiger:
Abgesehen davon, dass Sie ein Verschulden des Kunden wohl nicht nachweisen können, verhält es sich doch so, dass der Grund für die Geschäftsaufgabe nun also doch zumindest auch aus dem Risikobereich des Kunden herrührt.
Zudem werden Sie sich wegen der massiven Störung des Vertrauensverhältnisses auf eine besondere Unzumutbarkeit weiteren Festhaltens an dem Vertrag berufen können, soweit die Lieferung der Drucksachen innerhalb des Webhosting-Vertrages erfolgt ist.
Ich rate Ihnen daher, nun doch direkt per fristloser Kündigung (schriftlich per Einschreiben/Rückschein) unter Angabe aller Gründe vorzugehen. Behalten Sie sich die Geltendmachung der € 300 als Schadensersatz ausdrücklich vor. Auch wenn Sie insoweit keinen Beweis erbringen können, so erhöhen Sie doch auf diese Weise den Druck auf die Gegenseite.
Sollten im weiteren Verlauf der Geschäftsauflösung noch Probleme auftauchen, stehe ich Ihnen gerne für eine weitere – kostenpflichtige – Beratung oder Vertretung zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfram Geyer
Rechtsanwalt
Sehr geehrte Ratsuchende,
nach Ihren zusätzlich gegebenen Informationen beurteilt sich der Fall in der Tat für Sie rechtlich günstiger:
Abgesehen davon, dass Sie ein Verschulden des Kunden wohl nicht nachweisen können, verhält es sich doch so, dass der Grund für die Geschäftsaufgabe nun also doch zumindest auch aus dem Risikobereich des Kunden herrührt.
Zudem werden Sie sich wegen der massiven Störung des Vertrauensverhältnisses auf eine besondere Unzumutbarkeit weiteren Festhaltens an dem Vertrag berufen können, soweit die Lieferung der Drucksachen innerhalb des Webhosting-Vertrages erfolgt ist.
Ich rate Ihnen daher, nun doch direkt per fristloser Kündigung (schriftlich per Einschreiben/Rückschein) unter Angabe aller Gründe vorzugehen. Behalten Sie sich die Geltendmachung der € 300 als Schadensersatz ausdrücklich vor. Auch wenn Sie insoweit keinen Beweis erbringen können, so erhöhen Sie doch auf diese Weise den Druck auf die Gegenseite.
Sollten im weiteren Verlauf der Geschäftsauflösung noch Probleme auftauchen, stehe ich Ihnen gerne für eine weitere – kostenpflichtige – Beratung oder Vertretung zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfram Geyer
Rechtsanwalt