Sehr geehrte(r) Fragesteller,
ich bedanke mich für Ihre Frage, die ich gerne im Rahmen einer ersten Einschätzung beantworte:
1. Erbschaften sind, folgend einer Entscheidung des SG Aachen (Urteil vom 11. 9. 2007 – S 11 AS 124/07
), die in der Literatur positiv besprochen wurde, als Vermögen und nicht als Einkommen zu bewerten (eine höchstrichterliche Klärung dieser Frage steht jedoch noch aus; andere Gerichte und JobCenter/ARGEn gehen davon aus, dass es sich um Einkommen handelt. Gegen eine solche Handhabung sollte man sich unbedingt, ggfs. mit Eilanträgen, wehren.). Dies macht auch Sinn, da Erbschaften häufig in Sachwerten bestehen; ihre Bewertung als Einkommen würde bedeuten, dass die Bedürftigkeit umgehend entfallen würde - von geerbtem Schmuck, Reitpferden oder - wie in Ihrem Falle - renovierungs- bzw. restaurierungsbedürftigen Immobilien aber kann niemand essen. Folgerichtig ist aber auch, dass das Sozialgericht sämtliche Vorkommensformen des Erbes als Vermögen ansieht - also auch Barschaften.
Das Vermögen ist bis zur Grenze gewisser Freibeträge geschützt. Eine Orientierung erhalten Sie hier:
www.zwd.de/zwd/pdf/B6Verm.pdf
http://www.arbeitsagentur.de/nn_25834/Navigation/zentral/Buerger/Arbeitslos/Alg-II/Hilfen/Freibetraege/Freibetraege-Nav.html
Sie dürfen mir aber auch gerne Angaben zu Alter, Familiensituation etc. mailen oder faxen und erhalten dann von mir eine konkretere EInschätzung zu den Freibeträgen.
2. Sollte der Erbanteil die Freibeträge nicht überschreiten, so ist die Situation unproblematisch.
3. Überschreitet das Erbe die Freibeträge erheblich, so sehe ich in Wesentlichen zwei Möglichkeiten.
a) Ein Erbe (nicht der Hartz-IV-Empfänger) wird einvernehmlich als Verwalter eingesetzt und beginnt mit notwendigen Sicherungsmaßnahmen zum Schutz der Allgemeinheit und des Vermögenswertes. Der Leistungsempfänger teilt ARGE/JobCenter mit, dass er geerbt hat, die Gesamthöhe aber erst noch festgestellt werden müsse (Renovierungsstau, Verkehrswert, Aufwendungen etc.). Gibt sich das Amt mit dieser Auskunft nicht zufrieden, so antwortet der Verwalter und teilt mit, wie seiner Einschätzung nach mittlerweile der Verkehrswert der Immobilie ist, und wieviel vom Barvermögen übrig geblieben ist.
ACHTUNG: ARGE/JobCenter vermuten leicht auch mal Gestaltungsmißbrauch. Zu einer solchen Vorgehensweise kann ich nur raten, nachdem Sie sich eingehend konkret unter Angabe der relevanten Vermögenswerte, Anzahl der Erben, Bedürftigkeit und Hilfebezug des Leistungsempfängers etc. anwaltlich haben beraten lassen, damit es nicht zu Haftungsrisiken kommt.
b) Eine Alternative bestünde darin, dass der Leistungsbezieher das Erbe auschlägt. Auch dies steht im Einvernehmen mit bestehender Rechtsprechung:
LG Aachen FamRZ 2005, 1506
= NJW-RR 2005, 307
= ZEV 2005, 120
= ZErb 2005, 1 m. Anm. Ivo:
Die durch einen Sozialhilfeempfänger erklärte Erbausschlagung ist nicht nach § 138 BGB
sittenwidrig, weil es auch unter Berücksichtigung der Interessen der Eigengläubiger des Ausschlagenden keinen Zwang zur Erbannahme gibt und es sich bei der Entscheidung über die Annahme oder Ausschlagung einer Erbschaft um ein höchstpersönliches Recht des Erben handelt.
"Ein Erblasser hinterließ als gesetzliche Erben zwei Kinder. Eines davon, ein vermögensloser Sozialhilfeempfänger, schlug seinen Erbteil form- und fristgerecht aus. Das Nachlassgericht wies den Erbscheinsantrag seiner Schwester zurück, da die Ausschlagung wegen Verstoßes gegen § 138 BGB
nichtig sei. Das LG hob den Beschluss des Nachlassgerichts auf.
Nach Ansicht des LG habe der Sozialhilfeempfänger ein Recht, das Erbe auszuschlagen. Sittenwidrigkeit liege nicht vor, wenn ein Rechtsgeschäft mit den Maßstäben und Prinzipien der Rechtsordnung im Einklang steht. Dies sei vorliegend der Fall. Bei der Ausschlagung handele es sich um ein höchstpersönliches Recht, über das der Erbe selbst entscheide. Den Erben würden keine Verpflichtungen treffen, ein Erbe anzunehmen, damit Dritte darauf zugreifen könnten. Hierfür spreche auch, dass in der Insolvenz das Ausschlagungsrecht ebenfalls beim Schuldner verbleibe. Zudem könne es nicht zulässig sein, dem Ausschlagenden über § 138 BGB
eine Erbenstellung mit allen Konsequenzen, wie z.B. die Haftung für Nachlassverbindlichkeiten aufzuzwingen."
Ich hoffe, dass meine Auskünfte Ihnen geholfen haben und eine erste Orientierung in der Sache ermöglichen. Bitte berücksichtigen Sie, dass dies auf der Grundlage der von Ihnen gegeben Informationen beruht. Abweichungen, die Ihnen geringfügig erscheinen mögen, können schon zu erheblich unterschiedlichen Bewertungen in der Angelegenheit führen.
Sehr gerne können Sie mich in dieser Angelegenheit auch beauftragen. Dank Email, Fax und Telefon stellt auch die Vertretung über größere Entfernung kein Problem dar.
Abschließend darf ich Sie auf die Möglichkeit der (kostenlosen) Nachfrage hinweisen, insbesondere hinsichtlich möglicher Vermögensfreibeträge.
Ich wünschen Ihnen und Ihren Geschwistern alles Gute und verbleibe
problematische Immobilie + Bargeld von Hartz IV Empfänger mitgeerbt
Hier finden Sie einen
Aktuellen Kostenvorschlag |
Sozialrecht
Beantwortet von
Rechtsanwältin Natascha Unruh
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir sind Geschwister, die durch Tod eines Elternteils
alleinig geerbt haben.
Das Erbe besteht aus Bargeld und Immobilien.
Die Immobilie ist in einem solchen Zustand, dass sie
nur durch Renovierungsinvestitionen nachhaltig
gewinnbringend zu erhalten bzw. zu verwerten ist.
Zu nicht unerheblichen Teilen ist die Immobilie auch in
einem solchen Zustand, dass aus Gründen der
Alleingemeingefährdung (z.B. Einsturzgefahr) Abstützmaßnahmen
oder Abrissarbeiten zwingend geboten sind.
Wir Erben sind uns einig, dass das ererbte Bargeld vorranig dafür
eingesetzt wird.
Meine Frage sind nun folgende:
Einer von uns Erben ist Hartz IV Empfänger.
Inwieweit kann verhindert werden, dass der Hartz IV Empfänger
staatlicherseits zwangsweise davon abgehalten wird,
einen Teil des Bargeld-Erbes zur Erhaltung/Stützung/Abriss (o.ä.)
der in Erbengemeinschaft geerbten Immobile anzulegen
(anstelle für den Lebensunterhalt zu verwenden) ?
Inwieweit kann man hierbei geltend machen, dass Teile der
Arbeit an der Immobilie aus Gründen der Allgemeinheit
(Sicherheit, Einsturzgefahr, unschöner Anblick und damit
Wert-Minderung von Nachbaranwesen, u.ä) nötig sind ?
Hartz Hartz Immobilie IV Empfänger