Anschaffungsnahe Herstellkosten bei geerbtem Haus

| 26. April 2009 19:21 |
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Steuerrecht


Beantwortet von

Rechtsanwältin Dr. Corina Seiter

Betr. Einspruch auf Einkommenssteuerbescheid für 2007

Hintergrund:

Ich habe 3-Fam-Haus (Wert 200.000.--) am 2. 3. 2007 von der Erbengemeinschaft übernommen, Euro 100.000.-- an Miterben ausgezahlt.

Zwei der drei Wohnungen waren im ganzen Jahr 2007 vermietet, eine an unseren Sohn, eine zweite an Fremde. Dritte Wohnung stand bislang leer.

Nach Übernahme m Jahr 2007 habe ich Dach neu decken lassen müssen, da undicht und deswegen Balken morsch waren (ca. 35.000.—Euro) und defekte Gasheizungen (ca. 13 000 Euro) ersetzen müssen. Habe dies voll als Erhaltungsaufwand von der Steuer abgesetzt.

FA-Bescheid: Gasheizungsreparatur (zunächst) voll anerkannt, jetzt fraglich geworden.
Dachreparatur (Umdeckung) nicht anerkannt.

Aus der Begründung vom Finanzamt:
.
„Soweit Sie entgeltlich erworben haben und innerhalb von drei Jahren nach Anschaffung instandsetzen liegen nach § 6,I,1a EstG sog. anschaffungsnahe Herstellungskosten vor, wenn die Aufwendungen – bezogen auf den entgeltlichen Teil – 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen“.
---  Also nur 24.000 Euro!? (Als Anschaffungskosten schätzte das FA 80.000, bzw. ohne Grund und Boden 60.000.—Euro)
Meine Fragen: Wirklich nur vom entgeltlichen Teil ?
Dach und Heizung waren Reparaturen/Erhaltungsaufwand, also keine Anschaffungskosten? Unterschied?

„Da keine Belege für erhaltene Miete von Sohn eingereicht und dritte Wohnung noch leerstand, können nur ein Drittel der Ausgaben geltend gemacht werden.“ ---Also nur ein Drittel der 24.00 = 8000 Euro.!?
Habe Miete von Sohn erhalten, aber keine Quittungen eingereicht. Problem?

Die dritte in 2007 zunächst leerstehende Wohnung war noch voll mit Möbel unserer verstorbenen Mutter. Zudem war Schimmelbekämpfung in der Küche erforderlich. Wie relevant??

Das Finanzamt meint: Ich soll den Einspruch zurücknehmen, sonst werden auch die Ausgaben für die Gasheizungsreparatur nicht mehr anerkannt.

Wie sind Aussichten bei Aufrechterhaltung des Einspruch bzw. ist Klage ratsam?

Sehr geehrter Fragender,

im Rahmen einer Erstberatung auf Basis der von Ihnen hier gegebenen Informationen beantworte ich Ihre Frage wie folgt:

Zunächst ist zu unterscheiden, in welchem Umfang Sie das Mietobjekt im Wege der Erbfolge unentgeltlich und in welchem Umfang entgeltlich (hier: Ausgleichszahlung an die Miterben) erworben haben.

Denn für den unentgeltlich erworbenen (geerbten) Anteil (= 50% entsprechend des Verhältnisses zwischen Ausgleichszahlung/Kaufpreis und dem von Ihnen genannten Verkehrswert) haben Sie als Rechtsnachfolger des Erblassers dessen fortgeführte Anschaffungskosten (d. h. dessen urspr. Anschaffungs-/Herstellungskosten abzgl. Abschreibungen) zu übernehmen und fortzuführen.

Für den entgeltlich erworbenen Teil sind dagegen Ihre tatsächlichen Anschaffungskosten (AK) i. H. v. 100.000 EUR anzusetzen. Als zusätzliche AK zählen aber (neben Notarkosten, Grunderwerbsteuer etc.) insbesondere auch Aufwendungen für die Instandsetzung/Renovierung des Objektes, sofern es sich bei diesen um sog. "anschaffungsnahe Herstellungskosten" handelt. Die Voraussetzungen hierfür (innerhalb von 3 Jahren nach Anschaffung, mehr als 15% der AK oder wesentliche Verbesserung) hat Ihnen bereits zutreffend das Finanzamt genannt.

Da die von Ihnen geleisteten Aufwendungen unstreitig diese 15%-Grenze übersteigen (ich unterstelle zudem, dass diese innerhalb der ersten drei Jahre nach Erwerb erfolgten), sind diese insoweit, wie sie den entgeltlich erworbenen Teil betreffen (hier also: 50%, s. o.), zu den AK hinzuzurechnen und (insoweit wie das Objekt der Einkünfteerzielung dient) abzuschreiben.

Die andere Hälfte der Aufwendungen ist danach als sofort abzugsfähiger Instandhaltungsaufwand abziehbar, da auf Grundlage der vorliegenden Informationen m. E. auch keine wesentliche Verbesserung des Objektes anzunehmen ist.

Zu prüfen ist nach Ihren Ausführungen allerdings, inwieweit die Immobilie der Erzielung von Einkünften aus Vermietung/Verpachtung (V+V) dient und inwieweit auf dieser Grundlage Objektaufwendungen abziehbar sind (ich gehe im Folgenden von etwa drei gleich großen Wohneinheiten aus):

- die an Fremde vermietete Wohnung zählt sicherlich unstrittig zur
V+V gem. §21 EStG ;
- bei der an den Sohn vermieteten Einheit jedoch kommt es auf
Folgendes an:

Nur wenn die Miethöhe bei mindestens 75 Prozent der üblichen
Marktmiete liegt, sind die mit den Mieteinnahmen
zusammenhängenden Werbungskosten voll abzugsfähig.
Liegt die vereinbarte Miete zwischen 56 und 75 Prozent der
ortsüblichen Marktmiete, ist zunächst eine Prognoserechnung für
einen Zeitraum von 30 Jahren zu erstellen. Damit hat der
Vermieter nachzuweisen, dass eine Einkünfteerzielungsabsicht
besteht. Fällt die Prognose positiv aus, sind die mit der verbilligten
Vermietung zusammenhängenden Kosten in voller Höhe
abziehbar. Ergibt sich aus der Prognoseberechnung jedoch ein
negatives Ergebnis, so muss der Vermieter die
Nutzungsüberlassung in einen entgeltlichen und in einen
unentgeltlichen Teil aufteilen. Aufwendungen für das
Vermietungsobjekt sind dann nur insoweit zu berücksichtigen, als
diese auf den entgeltlichen Teil entfallen.
Werden weniger als 56 Prozent der ortsüblichen Miete verlangt, ist
grundsätzlich in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil
aufzuteilen.

Die Überprüfung der richtigen Miethöhe kann man mit Hilfe eines
Mietspiegels der jeweiligen Stadt oder Gemeinde vornehmen.

Hierzu fehlen leider die entsprechenden Angaben Ihrerseits.

- bei der leer stehenden Wohnung kommt es darauf an, ob
ernsthaft beabsichtigt ist, diese zukünftig ebenfalls zu vermieten.
Dass diese sodann derzeit erst noch zur Vermietung hergerichtet
("entrümpelt") werden muss, wäre unbeachtlich, sodass
entsprechende Aufwendungen für diese Wohnung bereits jetzt
abziehbar wären.

Nach alledem denke ich, dass der Einspruch - sofern sich meine vorstehenden Annahmen mit den Tatsachen decken - aufrecht erhalten werden sollte.

Bei entsprechender Begründung bzw. entsprechendem Beleg (vgl. oben) könnte dieser erfolgreich sein.

Hinweis: Eine Klage kommt erst dann in Betracht, wenn der Einspruch abgewiesen wird bzw. in angemessener Zeit nicht über diesen entschieden werden sollte.

Da es sich in Ihrem Fall um eine steuerrechtlich nicht unkomplizierten Sachverhalt handelt, lege ich Ihnen dringend nahe, sich für den weiteren Verfahrensweg fachliche Unterstützung hinzuzuziehen.

Insbesondere, da ich in meiner Kanzlei auch interdisziplinär mit Steuerberatern zusammenarbeite, biete ich Ihnen gerne meine Hilfe im Rahmen einer gesonderten Beauftragung an.

Mit freundlichen Grüßen,

Dr. C. Seiter

Bewertung des Fragestellers 5. Mai 2009 | 18:58

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