Sehr geehrter Ratsuchende,
vielen Dank für Ihre Anfrage und Ihren Einsatz.
Ihre Fragen möchte ich wie folgt beantworten:
Da Sie nach Ihrer eigenen Schilderung bei dem Unfall einen BAK-Wert von mehr als 1,1 Promille aufgewiesen haben, waren Sie nach medizinischer Definition absolut fahruntüchtig.
Durch das Führen des Autos in dem von Ihnen beschriebenen Zustand, nämlich höchst alkoholisiert, haben Sie zunächst den Tatbestand des § 315 c Abs. 1 Nr. 1 a StGB
verwirklicht. Die Vorschrift lautet:
1) Wer im Straßenverkehr
1. ein Fahrzeug führt, obwohl er
a) infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender
Mittel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Als Ersttäterin werden Sie zwar "nur" mit einer Geldstrafe rechnen müssen, was aber schwerer ins Gewicht fallen wird, ist der unweigerliche Führerscheinentzug gem. § 69 StGB
:
1) Wird jemand wegen einer rechtswidrigen Tat, die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so entzieht ihm das Gericht die Fahrerlaubnis, wenn sich aus der Tat ergibt, daß er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Einer weiteren Prüfung nach § 62 bedarf es nicht.
(2) Ist die rechtswidrige Tat in den Fällen des Absatzes 1 ein Vergehen
1. der Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c),
2. der Trunkenheit im Verkehr (§ 316),
[...]
so ist der Täter in der Regel als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen.
(3) Die Fahrerlaubnis erlischt mit der Rechtskraft des Urteils. Ein von einer deutschen Behörde ausgestellter Führerschein wird im Urteil eingezogen.
Die Entziehung des Führerscheins werden Sie also nicht verhindern können, da Sie mit einem BAK von mindestens 1,79 Promille als ungeignet zum Fahren von Kraftfahrzeugen anzusehen sind.
Zugleich mit der Entziehung der Fahrerlaubnis wird das Gericht Ihnen gem. § 69 a StGB
eine im Ermessen des Gerichtes stehende Sperrzeit zur Wiedererlangung der Fahrerlaubnis auferlegen:
(1) Entzieht das Gericht die Fahrerlaubnis, so bestimmt es zugleich, daß für die Dauer von sechs Monaten bis zu fünf Jahren keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf (Sperre). Die Sperre kann für immer angeordnet werden, wenn zu erwarten ist, daß die gesetzliche Höchstfrist zur Abwehr der von dem Täter drohenden Gefahr nicht ausreicht. Hat der Täter keine Fahrerlaubnis, so wird nur die Sperre angeordnet.
(2) Das Gericht kann von der Sperre bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen ausnehmen, wenn besondere Umstände die Annahme rechtfertigen, daß der Zweck der Maßregel dadurch nicht gefährdet wird.
[...]
(4) War dem Täter die Fahrerlaubnis wegen der Tat vorläufig entzogen (§ 111a
der Strafprozeßordnung), so verkürzt sich das Mindestmaß der Sperre um die Zeit, in der die vorläufige Entziehung wirksam war. Es darf jedoch drei Monate nicht unterschreiten.
(5) Die Sperre beginnt mit der Rechtskraft des Urteils. In die Frist wird die Zeit einer wegen der Tat angeordneten vorläufigen Entziehung eingerechnet, soweit sie nach Verkündung des Urteils verstrichen ist, in dem die der Maßregel zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.
[...]
(7) Ergibt sich Grund zu der Annahme, daß der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht mehr ungeeignet ist, so kann das Gericht die Sperre vorzeitig aufheben. Die Aufhebung ist frühestens zulässig, wenn die Sperre drei Monate, in den Fällen des Absatzes 3 ein Jahr gedauert hat; Absatz 5 Satz 2 und Absatz 6 gelten entsprechend.
Sie werden also nicht die Sperre an sich verhindern können, sondern können nur versuchen, eine möglichst kurze Sperrzeit zu erhalten. Auch wenn Sie aber vor Gericht Reue zeigen und nachweisen, daß Sie sich in psychologische Behandlung begeben, wird das Gericht die Sperre für mindestens 6 Monate verhängen. Sollte sich dann in der späteren Entwicklung zeigen, daß kein Grund mehr zur Annahme besteht, daß Sie zur Führung von Kfz ungeeignet sind, aufgrund eines psychologischen Gutachtens, kann die Sperrzeit auf Antrag gem. § 69 a Abs. 7 StGB
verkürzt werden.
Auch wenn Ihre berufliche Situation nun dadurch betroffen ist, sollten Sie sich darüber im Klaren sein, daß die Sperre nicht nur dem Schutz anderer Verkehrsteilnehmer dient, sondern letztlich auch Ihnen zugute kommt. Denn Sie können von Glück sagen, daß nur ein Sachschaden entstanden ist. Versuchen Sie deshalb, die Entziehung der Fahrerlaubnis auch als Chance zu sehen, die notwendigen Veränderungen anzupacken.
Dabei können Ihnen zahlreiche Beratungsstellen helfen, die zu finden Ihnen ein auf Verkehrsrecht spezialisierter Anwalt vor Ort wird helfen können. Einen solchen Anwalt sollten Sie ohnehin aufsuchen, um vor Gericht eine möglichst kurze Sperrzeit zu erwirken und, im Hinblick auf ihre persönliche Situation ein möglichst geringes Strafmaß zu erreichen. Die von Ihnen geschilderte Situation muß das Gericht bei der Strafzumessung berücksichtigen.
Verhindern werden Sie die Strafe und die Entziehung der Fahrerlaubnis und die Verhängung der Sperrzeit aber leider nicht.
Bei Beantwortung der Frage sehe ich leider Ihren Wohnort nicht. Falls Sie dies wünschen, bin ich aber gerne bereit, für Sie vor Ort einen geeigneten Kollegen ausfindig zu machen.
Ich bedauere, Ihnen keine günstigere Mitteilung machen zu können.
Mit freundlichen Grüßen
A. Schwartmann
Rechtsanwalt
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Rechtsanwalt A. Schwartmann
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Antwort
vonRechtsanwalt Andreas Schwartmann
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Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Fachanwalt für Familienrecht
Die gesetzl. Grundlagen etc. war mir bereits bekannt.
Ich möchte gern ganz konkret wissen: wird meine berufliche Situation strafmildernd berücksichtigt? Ich wohne auf dem Land(Hessen, Wetteraukreis), öff. Nahverkehr ist sehr schlecht, arbeite Vollzeit, sodaß meine zeilt. Möglichkeiten dadurch begrenzt werden. Möchte aber alles tun, um eine möglichst geringe Sperrzeit zu erreichen. Was kann ich konkret tun? Es gibt in großen Städten Nachschulungsangebote, die kann ich aber nicht erreichen (ohne auto). Ich will und werde an mir selbst etwas ändern, aber wie kann ich das Gericht davon überzeugen?
Eine Chance ist die Zeit ohne FS keinesfalls. Wenn ich beruflich fahren muß dann fahre ich ohne FS. Das ist allenfalls russich Roulette. Ansonsten kann ich kündigen
Ihre persönliche Situation wird bei der Strafzumessung berücksichtigt. Auch die Tatsache, daß Sie aus beruflichen Gründen auf den Führerschein angewiesen sind, hat das Gericht zu beachten. Das wird aber nicht dazu führen, daß das Gericht von der Sperre absehen wird, da diese zwingend nach § 69 a StGB
für mindestens 6 Monate anzuordnen ist. Da führt nun kein Weg dran vorbei.
Strafmildernd wird auf jeden Fall berücksichtigt, wenn Sie Reue zeigen und außergerichtlich bereits alles getan haben, um den entstandenen Schaden wiedergutzumachen. Das sollte vor Gericht dargestellt werden. Außerdem sollten Sie Einsicht zeigen, und dem Gericht aufzeigen, daß Ihnen die Alkoholproblematik bewusst ist, und Sie gewillt sind, etwas daran zu ändern. Es wird sich auch strafmildernd auswirken, wenn Sie nun so bald wie möglich mit der psychologischen Beratung bzw. der Nachschulung beginnen, damit Sie dem Gericht zeigen können: Ich rede nicht nur, ich handele auch!
Auf keinen Fall
sollten Sie ohne Fahrerlaubnis weiter fahren. Das wäre zum einen eine Straftat, die auffliegt, sobald Sie in eine allgemeine Verkehrskontrolle geraten. Dann werden Sie mit einer entsprechend härteren Strafe und möglicherweise lebenslangen Sperre zu rechnen haben.
Auffallen wird das auch spätestens in der Hauptverhandlung, wenn der Richter Sie nach Ihrem Beruf und Ihrer Stelle befragt. Denn entweder sind Sie auf die Fahrerlaubnis beruflich angewiesen, und der Richter wird wissen wollen, wie Sie denn in den Monaten bis zur Verhandlung ohne Führerschein gearbeitet haben. Oder Sie müssten darstellen, daß Sie Ihre Stelle auch ohne Führerschein behalten haben, und werden sich nicht mehr darauf berufen können, die Fahrerlaubnis beruflich zu benötigen.
Ihre nächsten Schritte sollten nun konkret wie folgt aussehen:
1. Beauftragen Sie einen Rechtsanwalt vor Ort mit Ihrer Vertretung. Der Kollege kann Akteneinsicht nehmen und prüfen, ob ggf. ein formaler Fehler zu Ihren Gunsten begangen wurde und die Messung des Blutalkoholgehaltes ggf. nicht verwertbar ist. Sie selbst werden als Beschuldigte keine Akteneinsicht erhalten.
2. Lassen Sie sich über die möglichen Therapie- und Schulungsangebote vor Ort beraten. Wenn Sie dazu mit dem Bus in eine Nachbarstadt fahren müssen, tun Sie das. Denn Sie sollten dem Gericht zeigen, daß Sie bereits dabei sind, etwas an sich zu ändern.
3. Sprechen Sie mit Ihrem Arbeitgeber über die Situation und eine mögliche Freistellung während der Zeit der Sperre. Allein die Entziehung der Fahrerlaubnis rechtfertigt eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses nämlich nicht, wenn das Arbeitsverhältnis unter geänderten Bedingungen fortgesetzt werden kann bzw. in der Zwischenzeit Überbrückungsmaßnahmen in Betracht kommen.
4. Fahren Sie nicht ohne Fahrerlaubnis. Wenn das auffliegt, haben Sie nicht nur mit einer empfindlichen Strafe, sondern auch mit der dann berechtigten Kündigung zu rechnen.
Mit freundlichen Grüßen
A. Schwartmann
Rechtsanwalt