Sehr geehrte Fragestellerin,
aufgrund Ihrer Schilderungen beantworte ich Ihre Frage in einer ersten rechtlichen Einschätzung wie folgt:
Der Hausverwalter ist nach seinem Aufgabenbereich gemäß § 27 I Nr. 4 WoEigG
verpflichtet, Lasten- und Kostenbeiträge, Tilgungsbeträge und Hypothekenzinsen anzufordern, in Empfang zu nehmen und abzuführen, soweit es sich um gemeinschaftliche Angelegenheiten der Wohnungseigentümer handelt. Dazu gehören insbesondere das monatliche Hausgeld, etwaige Nachforderungen oder Sonderzahlungen. Zu der Anforderung gehören nach dem Gesetz alle außergerichtlichen Tätigkeiten. Zur gerichtlichen Geltendmachung benötigt der Verwalter dagegen eine Ermächtigung, § 27 III Nr. 7 WoEigG
.
Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, handelt er grundsätzlich pflichtwidrig. D.h. er ist grundsätzlich verpflichtet, den dadurch entstandenen Schaden zu ersetzen.
Grundsätzlich, da aus Ihrer Schilderung nicht deutlich wird, aus welchem Grund der Verwalter diese Tätigkeiten unterlassen hat, sowie aus welchem Grund die Zahlungen nicht von Seiten der Wohnungseigentümer erfolgt sind. So kann der Verwalter z.B. an anders lautende Beschlüsse der Wohnungseigentümer gebunden gewesen sein. Zudem wäre zu prüfen, inwieweit dem Verwalter bereits die Entlastung erteilt wurde, sowie ob die geschilderten Vorgänge bei der Beschlussfassung bekannt oder bei zumutbarer Sorgfalt durch die Wohnungseigentümer oder den Beirat erkennbar gewesen waren. Nicht zuletzt unterliegen auch die Ansprüche gegen den Verwalter einer Verjährung, die ebenfalls noch konkret zu prüfen wäre.
Da ich davon ausgehe, dass die Kontostände nebst Wirtschaftsplan und Jahresabrechnung jeweils bei der Beschlussfassung in den Eigentümerversammlungen vorlagen oder zumindest eine Möglichkeit zur Einsicht bestand, rate ich Ihnen, diese soeben angeführten Umstände konkret von einem Rechtsanwalt vor Ort prüfen zu lassen, wenn Sie eine weitere Geltendmachung in Betracht ziehen.
Ich hoffe, Ihnen mit meinen Ausführungen eine erste rechtliche Orientierung geben zu haben. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass eine abschließende rechtliche Bewertung Ihres Problems die Kenntnis des vollständigen Sachverhaltes erfordert. Im Rahmen dieses Forums können sich die Ausführungen aber ausschließlich auf Ihre Schilderungen stützen, und somit nur eine erste anwaltliche Einschätzung darstellen.
Ich empfehle Ihnen daher, einen Rechtsanwalt Ihres Vertrauens zu beauftragen, sofern Sie eine abschließende Beurteilung erhalten möchten. Bitten beachten Sie, dass dabei weitere Kosten anfallen.
Gerne stehe auch ich Ihnen bei der weiteren Durchsetzung Ihrer Interessen zur Verfügung. Sollten Sie dies wünschen, können Sie sich jederzeit - gerne auch per eMail - mit mir in Verbindung setzen.
Ich verbleibe mit freundlichen Grüßen
Martin P. Freisler
- Rechtsanwalt -
Antwort
vonRechtsanwalt Martin P. Freisler
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Rechtsanwalt Martin P. Freisler
Fachanwalt für Medizinrecht, Fachanwalt für Versicherungsrecht
Im geschilderten Fall wurden die nicht gezahlten Hausgelder und Hausgeldnachzahlungen einfach übersehen. Sie wurden weder angemahnt noch eingezogen obwohl dies die Aufgabe des Verwalters gewesen wäre. Auch der damalige Beirat hat seine Prüfungen nicht auf den wahren Kontostand ausgeübt sondern eine Prüfung der reinen Soll/Ist-Gegenüberstellung anhand der Vorgaben des Verwalters vorgenommen. Leider wurde natürlich der Verwalter in jedem Jahr entlastet, nicht im Jahr 2008 als das Ausmaß des entstandene Schadens für alle aufgedeckt war. Von Seiten der Eigentümer waren ausnahmslos alle davon ausgegangen, dass diese Nachzahlungen automatisch eingezogen worden wären.
Vielen Dank für Ihre Nachfrage. Allerdings kann ich Ihnen auch danach nur raten, sich zur konkreten Prüfung des Sachverhaltes an einen Rechtsanwalt vor Ort zu wenden. Im Rahmen dieses Forums muss ich Ihre Angaben als „wahr“ unterstellen, auch wenn sich diese ggf. tatsächlich nicht belegen oder beweisen lassen oder als nicht zutreffend herausstellen sollten.
Insoweit habe ich aufgrund Ihrer Schilderungen Zweifel, dass ein Betrag von 23.000,00 € bei sorgfältiger Prüfung durch die Wohnungseigentümer oder des Beirates nicht erkennbar gewesen sein sollte. Daher sehe ich aufgrund der – im nun nachgeschobenen Sachverhalt – tatsächlich erfolgten Entlastungen des Verwalters Probleme im Rahmen einer Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen, so dass ich zu dieser weiteren und vorherigen Prüfung rate.
Zudem sehe ich Probleme im Rahmen eines Vortrages, dass die Eigentümer angenommen haben sollen, die Ihnen bekannten Nachzahlungsverpflichtungen bzw. Erhöhungen würden eingezogen werden, dies allerdings in den eigenen Konten (wohl erkennbar) dennoch nicht erfolgt ist. Insoweit käme auch die Prüfung eines Mitverschuldens in Betracht.
Ihre Frage bezog sich auf die Erfolgsaussichten einer Geltendmachung.
Aufgrund meiner Einwände kann ich Ihnen mit derzeitigem Kenntnisstand im Rahmen der hier möglichen ersten Einschätzung leider keine überwiegenden Erfolgsaussichten bescheinigen. Diese Einwände wären in einer weiteren Prüfung vorab auszuräumen.
Mit freundlichen Grüßen
Martin P. Freisler
Rechtsanwalt