Sehr geehrter Fragesteller,
Sehr geehrte Damen und Herren,
vielen Dank für die ausführliche Schilderung Ihres Sachverhalts. Nachfolgend erhalten Sie eine strukturierte und verständliche Einschätzung zu Ihren rechtlichen Möglichkeiten und den zu erwartenden Erfolgsaussichten, basierend auf dem bereitgestellten Kontext.
1. Vertragliche Ansprüche gegen den Mining-Anbieter
a) Vertragsverletzung und Schadensersatz
Sie schildern mehrere gravierende Abweichungen zwischen dem vertraglich Vereinbarten und der tatsächlichen Leistung:
Verspätete Inbetriebnahme der Miner (statt 4 Wochen mehrere Monate)
Deutlich geringere Uptime (nur ca. 30% statt zugesagter 95%)
Nicht eingehaltene Auszahlungsversprechen
Zusätzliche Kosten für Reparaturen nach Ablauf der Garantie
Erhebliche Abweichung der Rendite von den Prognosen
Nach deutschem Recht (sofern anwendbar) und auch nach allgemeinem Vertragsrecht in vielen Jurisdiktionen haben Sie bei Nichterfüllung oder Schlechterfüllung eines Vertrages grundsätzlich Anspruch auf:
Rücktritt vom Vertrag
Schadensersatz wegen Nichterfüllung
Rückzahlung bereits geleisteter Zahlungen (ggf. anteilig)
Ob und wie Sie diese Ansprüche durchsetzen können, hängt maßgeblich davon ab, welches Recht auf den Vertrag Anwendung findet und ob Sie den Anbieter tatsächlich rechtlich „greifen" können.
b) Durchsetzung der Ansprüche im Ausland
Die Durchsetzung von Ansprüchen gegen Anbieter im Ausland – insbesondere außerhalb der EU – ist mit erheblichen praktischen Schwierigkeiten verbunden:
Ermittlung einer ladungsfähigen Adresse:
Ohne eine solche ist eine Klage nicht möglich.
Vollstreckung von Urteilen: Selbst wenn Sie in Deutschland oder einem anderen EU-Land ein Urteil erwirken, ist die Vollstreckung im Drittstaat oft schwierig bis unmöglich.
Kosten-Nutzen-Verhältnis: Die Kosten für Anwälte, Übersetzungen, Gerichtsverfahren und ggf. Reisen stehen häufig in keinem Verhältnis zum möglichen Ertrag.
2. Möglichkeiten gegen die EU-Tochterfirma
Sie erwähnen, dass es eine Tochterfirma in der EU gibt. Hier könnte ein Ansatzpunkt bestehen, sofern diese Tochtergesellschaft tatsächlich Vertragspartner ist oder als Erfüllungsgehilfin auftritt. In diesem Fall könnten Sie versuchen, Ihre Ansprüche gegen diese Gesellschaft geltend zu machen, was die Durchsetzung erheblich erleichtern würde.
3. Strafrechtliche Schritte
Angesichts der Vielzahl von Betroffenen und der erheblichen Abweichungen zwischen Versprechen und Realität besteht der Verdacht, dass es sich um eine betrügerische Masche handeln könnte. Ich empfehle Ihnen daher zunächst Strafanzeige zu erstatten. Das vorliegende Verhalten könnte nach den §§ 263, 264a (Betrug, Kapitalanlagebetrug, Insolvenzdelikte wären Tatfrage) strafbar sein.
Die Strafverfolgungsbehörden können unter Umständen effektiver gegen die Verantwortlichen vorgehen, insbesondere wenn es sich um ein größeres, international agierendes Netzwerk handelt.
4. Praktische Empfehlungen zur Schadensbegrenzung
Keine weiteren Zahlungen leisten: Stoppen Sie alle weiteren Investitionen oder Zahlungen an den Anbieter.
Schriftliche Geltendmachung Ihrer Ansprüche: Fordern Sie den Anbieter (und ggf. die EU-Tochter) schriftlich zur Rückzahlung auf und setzen Sie eine angemessene Frist.
Sammelklagen/Betroffeneninitiativen: Vernetzen Sie sich mit anderen Geschädigten, um gemeinsam vorzugehen. Dies kann den Druck auf den Anbieter erhöhen und die Kosten für rechtliche Schritte senken.
Strafanzeige erstatten: Melden Sie den Sachverhalt bei der Polizei bzw. Staatsanwaltschaft. Je mehr Betroffene sich melden, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass Ermittlungen aufgenommen werden.
5. Aussichten auf Rückzahlung
Die Chancen, Ihr Geld zurückzuerhalten, werden von mir eher gering eingeschätzt, insbesondere wenn der Anbieter im Ausland sitzt und nicht greifbar ist.
6. Zusammenfassung
Zivilrechtliche Ansprüche bestehen, sind aber praktisch schwer durchsetzbar, wenn der Anbieter außerhalb der EU sitzt.
Strafrechtliche Schritte sind sinnvoll, insbesondere bei Verdacht auf Betrug.
Schadensbegrenzung: Keine weiteren Zahlungen, Vernetzung mit anderen Geschädigten, schriftliche Geltendmachung der Ansprüche.
Aussichten: Realistisch betrachtet sind die Chancen auf vollständige Rückzahlung gering, aber nicht völlig ausgeschlossen, insbesondere wenn die EU-Tochter haftbar gemacht werden kann.
Ich hoffe, diese Einschätzung hilft Ihnen, die nächsten Schritte zu planen und weitere Verluste zu vermeiden. Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Olaf Tank, Wirtschaftsjurist
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Rechtsanwalt Olaf Tank, Wirtschaftsjurist