Pfändung bei aktueller Einzelfirma wg. FA Forderung aus alter Insolvenz-Haftung

12. Mai 2025 11:02 |
Preis: 60,00 € |

Zwangsvollstreckung, Zwangsversteigerung


Beantwortet von

Hallo,

ich habe mit KG+ UG 2 Insolvenzen hingelegt. Wegen privater Haftung gibt es Forderungen des FA in erheblicher Höhe gegen mich privat - und wegen der Aussenstände bei Sozialversicherungen, kommt eine Privatinsolvenz leider nicht infrage .

Derzeit betreibe ich eine Einzelfirma mit ca. 8 TZ/Mini -Mitarbeitern im Homeoffice. Jetzt pfändet das FA bei meinen jetzigen Kunden die Rechnungsbeträge. Ich meine gelesen zu haben, das man die Forderung gegen den jetzigen Betrieb wegen Sicherung der Betriebskosten (Löhne etc.) unterbinden kann.

Ist das richtig - wie muß ich vorgehen? Wegen anstehende r Lohnzahlungen dringlich.

Mit besten Grüßen

Eingrenzung vom Fragesteller
13. Mai 2025 | 09:43
13. Mai 2025 | 12:38

Antwort

von


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Guten Tag,

in Ihrer Situation – Privatschulden beim Finanzamt, laufende Einzelfirma, und Pfändung von Kundenforderungen durch das Finanzamt – ist in der Tat zu prüfen, ob Sie sich auf den sogenannten „Pfändungsschutz für laufenden Geschäftsbedarf" berufen können.



1. Gesetzliche Grundlage:

Der Schutz geschieht nicht automatisch, sondern muss beantragt werden. Die rechtliche Grundlage ergibt sich im Wesentlichen aus:
• § 850i ZPO (Pfändungsschutz bei selbstständiger Tätigkeit),
• § 811 Nr. 5 ZPO (Unpfändbarkeit von zur Berufsausübung nötigen Sachen),
• sowie allgemein aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, insbesondere bei Eingriffen in die wirtschaftliche Existenz.

In der Vollstreckung durch das Finanzamt greifen außerdem:
• § 258 AO (Einstellung der Vollstreckung),
• § 281 AO (Pfändungsschutz im Vollstreckungsverfahren).



2. Möglichkeit des Pfändungsschutzes:

Wenn das Finanzamt Forderungen bei Ihren Kunden pfändet, können Sie beantragen, dass die Vollstreckung ganz oder teilweise eingestellt wird, um den Betrieb aufrechtzuerhalten – insbesondere zur Sicherung von Löhnen und laufenden Betriebskosten.

Sie müssen dafür glaubhaft machen:
• Welche konkreten Betriebskosten (Löhne, Mieten etc.) anstehen,
• Dass ohne die Beträge aus den Kundenforderungen der Betrieb stillsteht,
• Dass keine anderen liquiden Mittel zur Verfügung stehen,
• Dass das Finanzamt durch die Weiterführung der Firma auf längere Sicht eher befriedigt wird als durch „Abwürgen" des Betriebs.



3. Vorgehensweise – Schritt für Schritt:

a) Antrag an das zuständige Finanzamt (Vollstreckungsstelle):
Stellen Sie sofort schriftlich einen Antrag auf Aussetzung bzw. Beschränkung der Pfändung gem. §§ 258, 281 AO wegen drohender Existenzgefährdung.

b) Fügen Sie bei:
• Übersicht über die monatlichen Betriebsausgaben (z. B. Löhne, Mieten, Softwarelizenzen, Steuerberater),
• Liste der betroffenen Kunden und voraussichtliche Zahlungseingänge,
• Kurze Erläuterung, dass die pfändbaren Forderungen ausschließlich der Einzelfirma dienen und die Existenz des Betriebs gefährden.

c) Beantragen Sie konkret:
• Die Freigabe der gepfändeten Forderungen oder
• Eine Teilfreigabe (z. B. 50 % der Zahlung an das Finanzamt, 50 % zur Deckung Ihrer Betriebskosten).



4. Parallel: Antrag auf Ratenzahlung oder Stundung

Falls noch nicht geschehen, sollten Sie beim Finanzamt außerdem einen Stundungsantrag oder Antrag auf Ratenzahlung gem. § 222 AO stellen. Dies kann die Vollstreckungsmaßnahmen mildern und die Argumentation stützen, dass Sie zahlungswillig sind.



5. Rechtsschutz bei Ablehnung

Wenn das Finanzamt den Antrag ablehnt:
• können Sie schriftlich Widerspruch bzw. eine Gegenvorstellung einreichen, in der Sie nochmals die drohende Existenzgefährdung und Ihre wirtschaftliche Situation schildern,
• in dringenden Fällen können Sie auch Eilrechtsschutz beim Finanzgericht beantragen (Antrag auf einstweilige Anordnung gem. § 114 FGO), um die Vollstreckung vorläufig auszusetzen.

Hierbei empfiehlt sich anwaltliche Unterstützung – idealerweise durch einen auf Steuerrecht und Vollstreckung spezialisierten Anwalt oder eine Schuldnerberatung mit Erfahrung in Unternehmenssicherung.



Empfehlung:

Wenn Sie möchten, kann ich Ihnen einen Mustertext für den Antrag an das Finanzamt formulieren.

Bitte geben Sie mir dafür folgende Eckdaten:
• Höhe der aktuell gepfändeten oder gefährdeten Forderungen,
• Monatliche Betriebsausgaben (ungefährer Betrag reicht),
• Ob Sie bereits eine Stundung oder Ratenzahlung beantragt haben.

Dann kann ich den Antrag rechtssicher und wirksam ausformulieren.



Wichtig:
Handeln Sie sofort. Solange keine Entscheidung über den Antrag auf Freigabe vorliegt, darf das Finanzamt weiter vollstrecken. Parallel sollten Sie versuchen, telefonisch einen Ansprechpartner in der Vollstreckungsstelle zu erreichen und auf die Dringlichkeit der Lage hinzuweisen.

Mit besten Grüßen
RA Wilke


Rückfrage vom Fragesteller 13. Mai 2025 | 13:35

Guten Tag Herr Wilke,

Danke für die Info -Sie können mir gerne einen Mustertext erstellen. Gesamtforderung aus Insolvenz+ESt -Schätzung = 300 TEUR.

Ausstehende Forderungen für April an Kunden rd. 10.000 Euro.

Ich habe in 2025 mtl. Betriebskosten von 10.000 Euro Lohn+Software_Lizenz. Im Augenblick gibt es keinen Deckungsbeitrag, weil beim Hauptkunden gerade neue Prozesse eingeführt werden (wir würden wohl im Anschluss eine einmalige Ausgleichzahlung erhalten - 7/2025)

Wir könnten bei Rücknahme der Pfändung aber für 6 Monate eine Zahlung von 1.000 Euro anbieten mtl. anbieten (bekomme ich finanziert). Gespräche mit der Vollstreckungsstelle sind wohl nicht zielführend (aus Erfahrung).

Zu den Paragrafen - in meiner Literatur steht was von 850f und 850i zur Anwendung beim Vollstreckungsgericht?

Wenn Sie den Text erstellen möchten - was darf ich dafür bezahlen?

Mit besten Grüßen





Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 13. Mai 2025 | 13:42

Sehr geehrter Fragesteller,


leider werde ich den Fall nicht übernehmen und bitte um Verständnis.

Es reicht aus, wenn Sie auf §§ 811, 850 ff. ZPO und § 258 AO verweisen.


Mit freundlichen Grüßen
RA Wilke

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