Frage zur Kürzung der übertariflichen Zulage

3. März 2025 10:02 |
Preis: 45,00 € |

Arbeitsrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt Fritz Fell-Bosenbeck

ich arbeite seit 18 Jahren in der ambulanten Pflege und werde nach Tarif bezahlt. Bis Dezember 2023 betrug mein Stundenlohn 18,63 €. Ab Januar 2024 erhielt ich eine Erhöhung um 2 € aufgrund zusätzlicher Bürotätigkeiten, sodass mein Stundenlohn auf 20,63 € stieg.

Im Januar 2025 gab es eine tarifliche Lohnerhöhung auf 20,70 €, und mir wurde mitgeteilt, dass mein neuer Stundenlohn 21 € beträgt. Das bedeutet, dass meine tatsächliche Lohnerhöhung nur 0,37 € betrug und meine übertarifliche Zulage um 1,63 € gekürzt wurde.

Es gibt keine schriftliche Vereinbarung oder Klausel in meinem Arbeitsvertrag, die eine solche Anpassung der übertariflichen Zulage regelt. Daher meine Frage: Ist es rechtlich zulässig, dass mein Arbeitgeber die übertarifliche Zahlung in diesem Fall kürzt?

Für Ihre Einschätzung und eine rechtliche Bewertung wäre ich Ihnen sehr dankbar.

Mit freundlichen Grüßen

Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Frage beantworte ich unter Heranziehung der von Ihnen bereitgestellten Informationen gerne wie folgt:

Grundsätzlich gilt, dass übertarifliche Zulagen freiwillige Leistungen des Arbeitgebers sind, es sei denn, sie wurden vertraglich zugesichert oder durch betriebliche Übung verbindlich. Da in Ihrem Arbeitsvertrag offenbar keine Regelung zur Anpassung oder Anrechnung dieser Zulage enthalten ist, stellt sich die Frage, ob der Arbeitgeber diese eigenmächtig kürzen darf.
Rechtliche Bewertung

Tarifliche Erhöhung vs. übertarifliche Zulage
Die tarifliche Lohnerhöhung ist verbindlich und darf nicht durch eine willkürliche Kürzung der übertariflichen Zulage ausgehebelt werden, es sei denn, es gibt eine klare vertragliche Regelung dazu.
Ohne eine solche Regelung besteht das Risiko, dass die Kürzung unzulässig ist, insbesondere wenn die Zulage eine Gegenleistung für die zusätzlichen Bürotätigkeiten war.

Betriebliche Übung
Falls die Zulage über einen längeren Zeitraum (mehrere Jahre) ohne Vorbehalt gezahlt wurde, könnte sich daraus ein Anspruch auf deren Weiterzahlung ableiten.
In diesem Fall könnte die Kürzung nur durch eine Änderungskündigung oder eine einvernehmliche Anpassung erfolgen.

Gleichbehandlungsgrundsatz
Falls andere Mitarbeiter in einer ähnlichen Situation keine vergleichbare Kürzung erfahren haben, könnte dies ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz darstellen.

Empfohlene Vorgehensweise

Schriftliche Nachfrage beim Arbeitgeber: Bitten Sie um eine Begründung für die Kürzung und verweisen Sie darauf, dass keine entsprechende Regelung existiert.
Prüfung durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht: Falls der Arbeitgeber bei seiner Entscheidung bleibt, könnte sich eine rechtliche Prüfung lohnen, ggf. mit Unterstützung durch den Betriebsrat oder eine Gewerkschaft.
Geltendmachung des Anspruchs: Falls sich aus der betrieblichen Übung oder einer anderen arbeitsrechtlichen Grundlage ein Anspruch ergibt, könnten Sie die Differenz nachfordern.

Bitte beachten Sie, dass diese Antwort nur eine erste rechtliche Einschätzung darstellt und eine individuelle Beratung durch einen Anwalt nicht ersetzen kann. Eine genaue Prüfung Ihrer arbeitsvertraglichen Regelungen und der tariflichen Bestimmungen wäre in Ihrem Fall ratsam.

Ich hoffe, meine Einschätzung gibt Ihnen eine erste Orientierung.

Mit freundlichen Grüßen
Fritz Fell-Bosenbeck
Rechtsanwalt

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