Guten Tag,
in Deutschland wird oft als grobe Faustregel etwa ein halbes Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr als Abfindungssumme angesetzt. Bei einer durchschnittlichen Monatsvergütung von ca. 5.000 € und einer Betriebszugehörigkeit seit 2015 (also etwa 8 Jahre) käme damit grob eine Abfindung von ca. 20.000 € in Betracht. Je nach Verhandlung, Unternehmenspolitik und individuellen Umständen – insbesondere bei einem großen DAX-Konzern – kann der Betrag aber auch höher ausfallen, beispielsweise bis zu einem vollen Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr (also bis ca. 40.000 €). Wichtig ist, dass es sich um eine Verhandlungssache handelt, und weitere Faktoren (wie Ihre zusätzlichen Verantwortlichkeiten und Leistungen) in die Kalkulation einfließen können.
Da Ihr Gehalt durch Schichtzulagen, Bonus und 13. Gehalt höher ist als die 5.000 € Grundgehalt, sollten Sie Ihre Abfindung anhand des tatsächlichen Durchschnittsverdienstes berechnen. Ihre jährliche Gesamtvergütung liegt bei ca. 70.000 € brutto, was einem Monatsverdienst von ca. 5.833 € brutto entspricht.
Erwartbare Abfindungshöhe:
Die Faustformel für Abfindungen liegt typischerweise zwischen 0,5 bis 1,5 Monatsgehältern pro Jahr Betriebszugehörigkeit.
Mindestabfindung (0,5 Monatsgehälter pro Jahr):
→ 8 x 5.833 € x 0,5 = 23.332 €
Übliche Abfindung (1 Monatsgehalt pro Jahr):
→ 8 x 5.833 € x 1 = 46.664 €
Hohe Abfindung (1,5 Monatsgehälter pro Jahr):
→ 8 x 5.833 € x 1,5 = 69.996 €
Da Ihr Arbeitgeber ein DAX-Konzern mit hoher finanzieller Stärke ist und Sie eine langjährige Beschäftigungszeit sowie eine gehobene Position mit Schichtarbeit und Verantwortung hatten, ist ein Betrag zwischen 46.000 € und 70.000 € realistisch. Falls das Unternehmen einen Sozialplan aufgestellt hat, könnten noch Zusatzfaktoren wie Alter oder Unterhaltsverpflichtungen berücksichtigt werden.
Steuerliche Behandlung der Abfindung:
Die Abfindung unterliegt der Einkommensteuer, aber nicht der Sozialversicherung.
Falls Ihr Arbeitgeber die Abfindung noch in 2025 auszahlt, haben Sie kein weiteres Einkommen im Jahr der Auszahlung, sodass die Steuerbelastung geringer sein dürfte.
Die Fünftelregelung (§ 34 EStG) kann auf Antrag greifen, um den Steuersatz zu senken.
Der Arbeitgeber führt die Steuer pauschal ab, aber durch Ihre Einkommensteuererklärung können Sie prüfen, ob Sie eine Rückerstattung erhalten.
Falls möglich, könnte es ggf. steuerlich günstiger sein, die Abfindung auf 2026 zu verschieben, falls Sie 2025 keine anderen Einkünfte haben.
Da Sie in Elternzeit sind und daher kein regelmäßiges Einkommen erzielen, könnte die Abfindung in dem Jahr, in dem sie ausgezahlt wird, zunächst also mit einem höheren Steuersatz belastet werden. In der Regel wird der Arbeitgeber den Steuerabzug vornehmen. Im Rahmen Ihrer Einkommensteuererklärung können Sie dann prüfen lassen, ob zu viel einbehaltene Steuern erstattet werden (Günstigerprüfung). Es wird also nicht automatisch ein steuerlicher Vorteil „vom Arbeitgeber berücksichtigt", sondern Sie haben über Ihre Steuererklärung die Möglichkeit, eventuelle Überzahlungen zurückzufordern.
Viele Grüße
Antwort
vonRechtsanwalt Valentin Becker
Meisenweg 14
41239 Mönchengladbach
Tel: 06172 5953008
Web: https://www.frag-einen-anwalt.de/anwalt/Rechtsanwalt-Valentin-Becker-__l108658.html
E-Mail:
Hallo,
vielen Dank für die ausführliche Auskunft.
Meine Vorstellungen lagen auch im oberen Bereich die Sie genannt haben.
Sollte ich versuchen zu verhandeln bzw. eine verbesserte Angebot fordern, wenn ja wie ?
Der Arbeitgeber sagte, ich hätte Zeit 4-6 Wochen das Angebot zu überlegen.
Da scheint mir keine verhandlungsraum zu sein. Oder hat der Arbeitgeber immer eine Strategie mit einer niedrigen Angebot mit Luft nach oben ?
Denke das Unternehmen hätte keine Problem eine Stelle zu vermitteln.
Ich möchte einfach das MAX raushandeln.
Vorab Vielen Dank
Grundsätzlich besteht in solchen Fällen oft noch Verhandlungsspielraum – auch wenn Ihnen 4–6 Wochen eingeräumt werden. Unternehmen neigen häufig dazu, zunächst ein Angebot vorzulegen, das als Ausgangspunkt für Verhandlungen dient, sodass Sie durchaus versuchen sollten, eine höhere Abfindung herauszuhandeln.
Nachfolgend noch einige Tipps, wie Sie vorgehen können:
Bereiten Sie Ihre Verhandlungsargumente vor. Weisen Sie auf Ihre langjährige Betriebszugehörigkeit, Ihre herausragende Leistung (z. B. hohe Schichtübernahme, Zusatzaufgaben, Beitrag zum Unternehmenserfolg) und Ihre besonderen Einsatzbereiche hin. Auch die Tatsache, dass Sie in Elternzeit sind und eventuell besondere Belastungen haben, können als Verhandlungsgrundlage dienen.
Marktüblichkeit und Referenzwerte:
Recherchieren Sie, welche Abfindungssummen in vergleichbaren Fällen (insbesondere bei großen DAX-Konzernen) üblich sind. Diese Informationen können Sie nutzen, um Ihre Forderung zu untermauern.
Alternative Perspektiven:
Erwähnen Sie, dass Ihnen bereits die Option angeboten wurde, intern eine passende Stelle zu vermitteln – was aber aus Ihrer Sicht den Wert Ihrer bisherigen Leistungen nicht widerspiegelt. Zeigen Sie auf, dass die Abfindung als Ausgleich auch im Hinblick auf mögliche Nachteile (z. B. Kündigung während der Elternzeit, Unsicherheit über künftige Position) angemessen sein sollte.
Konstruktiver Dialog:
Formulieren Sie Ihre Forderung klar und sachlich. Zeigen Sie, dass Sie bereit sind, in einem konstruktiven Gespräch eine für beide Seiten akzeptable Lösung zu finden. Dabei können Sie auch die Verhandlungsbereitschaft signalieren, indem Sie Spielräume benennen, aber gleichzeitig Ihr Maximum darlegen.
Kurz gesagt: Ja, es lohnt sich, das Angebot zu verhandeln – der erste Vorschlag des Arbeitgebers ist oft nicht das Maximum. Nutzen Sie die Frist, um Ihre Argumente vorzubereiten und fordern Sie eine Abfindung im oberen Bereich der von Ihnen genannten Spanne.
Viel Erfolg bei den Verhandlungen!