Zustandekommen eines PKW-Leasingvertrags durch Auslieferung des Fahrzeugs

22. Januar 2025 15:26 |
Preis: 30,00 € |

Vertragsrecht


Beantwortet von

Kommt ein PKW-Privatleasingvertrag durch Auslieferung des Fahrzeugs seitens des Händlers an den Leasingnehmer zustande, auch oder wenngleich es in den zugrundeliegenden AGB heißt:

"I. Vertragsabschluss - Der Leasingnehmer ist an seinen Leasingantrag vier Wochen gebunden. Der Leasingvertrag ist abgeschlossen, wenn der Leasinggeber innerhalb dieser Frist die Annahme des Antrages in Textform bestätigt."?

Sachverhalt:
Der Leasinggeber hat dem Leasingnehmer durch seinen Händler eine PrivatLeasing Bestellung im Fernabsatz übersendet. Diese hat der Leasingnehmer durch digitale Unterschrift und Übersendung weiterer Dokumente zurückgesendet. Das Fahrzeug wurde nach mehreren Monaten Wartezeit seitens des Händlers an den Leasingnehmer ausgeliefert. Offenbar gibt es jedoch im Innenverhältnis Leasinggeber - Händler Unstimmigkeiten bzgl. der Gültigkeit der digitalen Unterschrift und der übersendeten Dokumente.

Ist der Leasingvertrag gültig geworden oder hat er ggf. nie bestanden?

22. Januar 2025 | 17:44

Antwort

von


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Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Frage beantworte ich auf der Grundlage des von Ihnen geschilderten Sachverhalts gerne wie folgt:

Aufgrund Ihrer Sachverhaltsdarstellung gehe ich davon aus, dass der Leasinggeber wohl aufgrund interner Unstimmigkeiten mit dem Händler Ihr Angebot auf Abschluss eines Leasingvertrags entgegen der AGB nicht innerhalb von vier Wochen in Textform angenommen hat. Allerdings wurde das (Leasing-)Fahrzeug durch den Händler ausgeliefert.

Vor diesem Hintergrund sind Ihre Zweifel, ob ein Leasingvertrag zustande gekommen ist, nachvollziehbar.

1. Allgemeines

Verträge kommen stets durch Angebot und Annahme zustande (§§ 145 ff BGB). Eine verspätete Annahme gilt als neues Angebot (§ 150 Abs. 1 BGB).


2. Textform der Annahmeerklärung

Nach dem Inhalt der AGB, an deren Gültigkeit insoweit keine Zweifel bestehen, ist der Leasingvertrag abgeschlossen, wenn der Leasinggeber die Annahme des Antrags innerhalb von vier Wochen in Textform bestätigt.

Es handelt sich dabei um eine rechtsgeschäftlich vereinbarte Form für die Annahmeerklärung des Leasinggebers. Welche Anforderung erfüllt sein muss, um der vereinbarten Textform zu genügen, ergibt sich mangels anderer Anhaltspunkte aus § 126b BGB (siehe § 127 Abs. 1 BGB). Danach hätte der Leasinggeber Ihren Antrag nur dann formgerecht angenommen, wenn die Annahmeerklärung lesbar auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben worden wäre und die Person des Erklärenden (hier: Leasinggeber) genannt wäre. Es bedürfte insoweit etwa einer E-Mail, die auf der Festplatte eines PC gespeichert werden kann. Das ist nach dem zugrunde gelegten Sachverhalt nicht geschehen. Ebenso ist davon auszugehen, dass die Frist von vier Wochen für die Annahmeerklärung nicht gewahrt ist.


3. Rechtsfolge mangelnder Textform und Versäumen der Vierwochen-Frist

Im Zweifel ist die Annahmeerklärung unwirksam, weil sie nicht in der vorausgesetzten Textform erfolgte (§ 125 Satz 2 BGB). Sollte allerdings die hier zu wahrende Textform der Annahmeerklärung lediglich den Zweck haben, dass die Abgabe einer solchen Erklärung nachweisbar ist (Beweiszweck), wäre sie trotz Verletzung der Form wirksam.

Allerdings ist nach dem Sachverhalt auch davon auszugehen, dass eine Annahme Ihres Antrags auch nicht innerhalb der Frist von vier Wochen erfolgte. Das hat zur Folge, dass ein Leasingvertrag zumindest mangels fristgerechter Annahme Ihres Angebots nicht zustande gekommen ist.


4. Bedeutung der Auslieferung des Leasingfahrzeugs

Die Auslieferung des Leasingfahrzeugs an den Leasingnehmer könnte als Antrag des Leasingebers auf Abschluss eines Leasingvertrags gedeutet werden, der mit der Übernahme zustande käme. Dagegen spricht jedoch Folgendes

• Für den Inhalt eines solchen Leasingvertrags käme lediglich der Ihnen bereits unterbreitete Vertrag einschließlich der AGB infrage. In vielen Leasingverträgen wird in den AGB oder im Vertrag selbst ausdrücklich festgelegt, dass der Vertrag schriftlich oder in Textform abgeschlossen werden muss. Ein Vertragsschluss durch Übergabe des Leasingfahrzeugs widerspricht dem.
• Bei Leasingverträgen mit Verbrauchern, die eine Kaufoption enthalten oder kreditähnliche Verpflichtungen beinhalten, können Regelungen des Verbraucherkreditrechts (§§ 491 ff. BGB) greifen. Diese verlangen ggf. eine Schrift- oder Textform.

Es spricht nach allem vieles dafür, dass ein Leasingvertrag allein durch Auslieferung des Leasingfahrzeugs nicht zustande gekommen ist. Insoweit handelt es sich allerdings dem Sinn und Zweck dieser Plattform entsprechend lediglich um eine erste überschlägige Einschätzung Ihres Rechtsproblems auf Grundlage der von Ihnen übermittelten Informationen. Ich empfehle Ihnen deshalb, sofern Sie an dem Leasingfahrzeug weiterhin Interesse haben, einen formgerechten Abschluss des Leasingvertrags mit dem Leasinggeber nachzuholen. Haben Sie kein Interesse mehr an dem Leasingfahrzeug, sollten Sie einen einschlägig spezialisierten Rechtsanwalt konsultieren, der Sie bezüglich Ihres Anliegens auf der Grundlage aller vorliegenden Informationen (Leasingvertrag, AGB, Inhalt der Verkaufsgespräche, etc.) beraten kann.

Ich hoffe, dass Ihre Frage verständlich beantwortet ist. Sollte noch Aufklärungsbedarf bestehen, können Sie gerne von der (kostenfreien) Nachfragefunktion Gebrauch machen.

Ich wünsche Ihnen noch einen angenehmen Abend.

Mit freundlichen Grüßen

Wünschmann
(Rechtsanwalt)
1.


Ergänzung vom Anwalt 22. Januar 2025 | 19:43

Sehr geehrter Fragesteller,

ergänzend und präzisierend noch Folgendes:

Wie dargelegt kann die Auslieferung des Leasingfahrzeugs als Angebot (Antrag) an Sie betrachtet werden, den Leasingvertrag abzuschließen, auf den sich Ihr Angebot bezogen hat. Dieser Antrag konnte dann nicht schlüssig durch bloße Übernahme des Leasingfahrzeugs angenommen werden, wenn der Leasingvertrag der gesetzlichen Schriftform bedurfte (vgl. Bork in Staudinger, BGB, § 150 Rn. 6). Demgegenüber stünde die lediglich aufgrund des Leasingvertrags oder der AGB erforderliche Schriftform dem Abschluss des Leasingvertrags durch Übernahme des Fahrzeugs nicht entgegen. In diesem Punkt korrigiere ich die bisherige Antwort.

Handelt es sich allerdings um einen Leasingvertrag der mit Ihnen als Verbraucher, d.h. für private Zwecke (§ 13 BGB), geschlossen werden sollte und eine Kaufoption oder kreditähnliche Verpflichtungen enthält, schließt eine nach Regelungen des Verbraucherkreditrechts (§§ 491 ff BGB) erforderliche Schriftform einen Vertragsannahme und damit das Zustandekommen eines Leasingvertrags durch schlüssiges Verhalten (hier: Entgegennahme des Fahrzeugs) aus. Hier wäre es wichtig, ein etwaiges von Ihnen unterschriebenes "Übergabeprotokoll" daraufhin zu prüfen, ob es als Annahme des Leasingvertrags zu betrachten ist.

Ich bedanke mich und erinnere nochmals an die Nachfragefunktion.

Mit freundlichen Grüßen

Wünschmann
(Rechtsanwalt)

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