Rechnung an 'mich selbst'

17. Januar 2025 13:14 |
Preis: 75,00 € |

Steuerrecht


Beantwortet von

Guten Tag,

ich betreibe seit einigen Jahren ein Kleinunternehmen nach §19 UStG im Bereich IT-Dienstleistungen und Softwareentwicklung.

Ich möchte eine Software/App entwickeln, deren Betrieb durch die nötige IT-Infrastruktur und verschiedene Lizenzen Kosten verursacht. Während der Entwicklungsphase wird das Projekt selbst noch keinen Umsatz generieren (also keine Nutzer haben, damit gibt es keine Einnahmen durch die App direkt), aber Kosten gibt es bereits.

Ich möchte mir selbst Rechnungen schreiben um die Kosten für das Projekt buchhalterisch abzufedern und nicht nur Verlust zu verbuchen.

Ist es in dem Sinne möglich, mein eigenes Kleinunternehmen entgeltlich mit der Entwicklung der App zu beauftragen?
Ist es möglich, dass Rechnungsaussteller und Rechnungsempfänger die selbe Person in verschiedenen "Rollen" sind?
Welche Voraussetzungen gibt es für Rechnungen an mich selbst/mein eigenes Kleinunternehmen?
Was muss ich sonst beachten?

Vielen Dank im Voraus!

17. Januar 2025 | 16:17

Antwort

von


(853)
Charlottenstr. 14
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Tel: 0241 - 53809948
Web: https://www.rechtsanwalt-andreaswehle.de
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Sehr geehrter Ratsuchender,

vielen Dank für Ihre Frage, diese beantworte ich aufgrund Ihrer Angaben wie folgt.

Sie schreiben zwar als Kleinunternehmer tätig zu sein, teilen aber nicht mit, in welcher Rechtsform (Einzelunternehmen, UG (Kapitalgesellschaft),..) Sie dieses betreiben.

So Sie hier keine Kapitalgesellschaft für Ihr IT Unternehmen gegründet haben, macht eine Rechnung an Sie selbst keinen Sinn, da hier nicht das Unternehmen selbst Steuersubjekt ist, sondern allein Sie selbst sind.

Die Kosten für … sind auf der anderen Seite Einkünfte und wenn Sie auf beiden Seiten des Transfers stehen, bleibt das Ergebnis „null".

Wenn man Ihrer Idee folgte, ohne dass eine von Ihrer Person losgelöste juristische Person beteiligt ist, ständen die Kosten für das Projekt auf Ihrer anderen Seite als grundsätzlich steuerbarer Umsatz, der beim Überschreiten der Grenze von aktuell 25.000 Euro Umsatz zur Regelbesteuerung führen würde, so dass das obige Ergebnis auf der Umsatzerlösseite 19% USt. Auslösen würde.
https://www.gesetze-im-internet.de/ustg_1980/__19.html


Ich hoffe Ihre Frage beantwortet zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen

Rechtsanwalt Andreas Wehle /Aachen



Rechtsanwalt Andreas Wehle

Rückfrage vom Fragesteller 20. Januar 2025 | 10:04

Guten Tag Herr Wehle,

vielen Dank für Ihre Antwort.
Ich betreibe/bin ein Einzelunternehmen. Also steht steuerlich die selbe Person auf beiden Seiten der Rechnung.
Über die Sinnhaftigkeit des Unterfangens werde ich nach Ihrer Antwort auf jeden Fall noch ein Mal nachsinnen, allerdings lässt sie in Bezug auf meine ursprüngliche Frage Raum zur Interpretation.
Daher diese Rückfrage.

Mir geht es vor allem um die Rechtmäßigkeit, wenn ich mir selbst eine Rechnung schreibe. Meine Frage bezieht sich darauf, ob das überhaupt erlaubt ist. Ihre Antwort verstehe ich so, dass es möglich sei, aber eventuell unerwünschte Nebeneffekte haben könnte.
Allerdings könnte der Nebeneffekt, diese Rechnungen nicht zu schreiben, sein, dass das Finanzamt die Sinnhaftigkeit meines Gewerbes anzweifelt.
Ich möchte vor allem dem Finanzamt verdeutlichen, dass das Gewerbe in Benutzung ist und ich Gebrauch davon mache und auch damit etwas vor habe. Auch wenn ich derzeit nur rote Zahlen schreibe/keine fremdfinanzierten Projekte habe.

Meine Lösung dafür, um nicht nur Verlust zu haben (denn ich wäre mein einziger zahlender Kunde derzeit), wäre, mir selbst eine Rechnung für die Entwicklung dieser App zu schreiben.
Damit würde ich entweder weniger Verlust oder gar "Gewinn" machen. Aber solch eine Rechnung werde ich nicht ausstellen - egal wie sinnvoll das dann wäre - wenn es rechtlich Probleme damit gäbe und ich am Ende des Betruges o.Ä. schuldig gesprochen werden könnte.

Nach dieser Erklärung noch ein Mal die Hauptfrage, weshalb ich frag-einen-anwalt.de gewählt habe:
_Darf_ ich mir selbst eine Rechnung schreiben, wenn ich steuerlich die selbe Person bin?

Vielen Dank im Voraus!
Mit freundlichen Grüßen

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 20. Januar 2025 | 13:43

Sehr geehrter Ratsuchender,

vielen Dank für Ihre Nachfrage, diese beantworte ich aufgrund Ihrer Angaben wie folgt.

Wie in der obigen Antwort schon gesagt, hier sind allein Sie das Steuersubjekt, nicht aber Ihre ggf. unterschiedlichen unternehmerischen Betätigungen. Jegliche Umsätze und Gewinne sind Ihrer Person A unmittelbar zuzuordnen, so dass die Kosten für das Projekt A1 die Umsätze von Projekt A2 sind.

Unter Umständen sollten Sie aber eine getrennte Buchhaltung für Ihre Unternehmungen vornehmen, so eine davon freiberuflich i.S. von § 18 EStG ist und die andere als Gewerbe einzustufen ist. Für beide Unternehmungen wäre dann jeweils mittels einer EÜR der Gewinn zu ermitteln. Und in den Anlagen S und G zu erklären.

Betriebsmittel, die in beiden Betätigungen verwendet werden, müssten entsprechend der Verwendung geteilt angesetzt werden. Hier könnte durchaus eine entsprechende Rechnung und Geldfluss einen Buchungsbeleg mit sich bringen. Bei der anderen Betätigung aber einen Umsatz, der den dortigen Kosten gegenüberzustellen ist.
Jedweder Umsatz ist Ihrem Gesamtumsatz im Sinne von § 19 UStG hinzuzurechnen.

Insoweit können Ihre Rechnungen an Ihr 2. Projekt keine Auswirkungen auf Ihr steuerliches Ergebnis haben und die Aufwendungen für das neue Projekt/Unternehmung, so diese Kosten verursachen, die Sie belegen können, sind selbstverständlich zu buchen und ergeben u.U. einen Verlust, welcher auch steuerlich zu berücksichtigen ist. Aber ob es dafür Rechnungen an sich selbst bedarf, möchte ich an dieser Stelle bezweifeln.

Für den Fall einer Betriebsprüfung sollten Sie sich Ihre heutigen Überlegungen und Argumente für Ihr Tun aufschreiben und mit zur Buchhaltung nehmen. Nach Jahren kann man sich selten noch daran erinnern, warum man etwas so oder so getan hat.

Ich hoffe Ihre Frage beantwortet zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen

Rechtsanwalt Andreas Wehle /Aachen


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