Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass dieses Forum lediglich die Funktion hat, Ihnen einen ersten Überblick über die Rechtslage zu geben. Eine persönliche Beratung/Vertretung kann und soll hierdurch nicht ersetzt werden. Hinzufügen oder Weglassen wesentlicher Tatsachen kann zu einer anderen Beurteilung des Falles führen. Unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsangaben und des von Ihnen gebotenen Einsatzes beantworte ich Ihre Fragen wie folgt:
A) Bei der Frage, ob der Mieter die Wohnung bei Auszug renovieren, also die Schönheitsreparaturen ausführen, oder einen Kostenanteil bezüglich dieser Arbeiten zu tragen hat, kommt es zunächst auf die Wirksmkeit der mietvertraglichen Klausel an.
Die vorliegende Schönheitsreparaturklausel des § 9 (2) ist jedoch unwirksam, da sie einen sog. starren Fristenplan enthält. Die Renovierungsfrist von 3, 5 und 7 Jahren sind dem Wortlaut nach zwingend einzuhalten. Dies ist unzulässig. Wirksam wäre nur eine Klausel, die Einschränkungen enthält, aus denen ersichtlich wird, dass der Mieter später renovieren dürfte, falls nach Fristablauf noch kein Renovierungsbedarf besteht.
Wegen der Unwirksamkeit der Schönheitsrenovierungsklausel entfällt bereits die Möglichkeit, eine Endrenovierung oder eine anteilige Kostenübernahme zu regeln. Die hier vorliegende quotenmäßige Abgeltungsklausel ist aber ohnehin ebenfalls unwirksam. Sie stellt nicht auf den aktuellen Renovierungsbedarf im Zeitpunkt des Auszugs ab. Außerdem wird von einem vom Vermieter einzuholenden Kostenvoranschlag ausgegangen. Beides ist unwirksam.
§ 12 des Mietvertrags ist ebenfalls unwirksam. Diese Klausel stellt nicht auf den Zeitpunkt der zuletzt ausgeführten Schönheitsreparaturen ab und bildet zusammen mit § 9 einen den Mieter unangemessen benachteiligenden Summierungseffekt.
Fraglich ist, ob Nr. 1 der Vereinbarung vom 14.11.2004 oder Nr. 1 der Vereinbarung vom 09.11.2007 hieran etwas zu ändern vermögen. Dem äußeren Anschein nach handelt es sich hierbei um zulässige Individualvereinbarungen. Diese nehmen jedoch auf die als AGB einbezogenen Renovierungsklauseln Bezug und ergänzen diese. Demnach ist der gesamte Regelungskomplex einheitlich als AGB zu werten. Einer diesbezüglichen Prüfung halten sie jedoch wiederum nicht stand. Es ist unzulässig, dem Mieter eine weiße Farbe vorzuschreiben. Zudem nehmen die Vereinbarungen wiederum keinen Bezug auf den Zeitpunkt der zuletzt ausgeführten Schönheitsreparaturen.
Eine Verpflichtung des Mieters zum Streichen liegt allenfalls dann vor, wenn es sich bei den Vereinbarungen um echte Individualvereinbarungen handelt. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass diese Verpflichtung nicht einseitig vom Vermieter gestellt worden ist, sondern zwischen den Parteien ein echtes Aushandeln stattgefunden hat. Der Vermieter müsste die Klausel ernsthaft zur Disposition gestellt haben, dass heißt, er hätte dem Mieter die Bereitschaftsignalisieren müssen, auf diese Regelung auch zu verpflichten.
Nach alledem gehe ich davon aus, dass der Mieter nicht zum Streichen verpflichtet ist.
B) Fraglich ist hier, ob Nr. 4 der Vereinbarung vom 14.11.2004 wirksam. Das Abschleifen und Streichen des Balkons ist keine übliche Schönheitsreparatur, nimmt daher keinen Bezug auf die unwirksamen Klauseln. Juristisch vertretbar erscheint es mir, diesbezüglich eine differnzierte Betrachtung vorzunehmen. Die Klausel wäre z.B. dann wirksam, wenn der Mieter als Gegenleistung eine vergünstigte Miete zu zahlen hätte. Ebenso vertretbar erscheint es mir, generell zu von einer Wirksamkeit der Klausel auszugehen, da die Kosten hierfür der Vermieter trägt, der Mieter sich also lediglich zur Vornahme der Arbeit selbst und dies nur alle 3 Jahre verpflichtet hat. Von einer Unzumutbarkeit ist daher nicht auszugehen. Meines Erachtens ist diese Klausel wirksam. Ich weise jedoch darauf hin, dass abweichende Meinungen ebenfalls vertretbar sind und ich keine Prognose geben kann, wie der zuständige Richter diesen Einzelfall bewerten würde.
Im Ergebnis gehe ich davon aus, dass der Mieter nicht zur Ausführung der Schönheitsreparaturen oder einer anteiligen Kostenübernahme jedoch zum Überarbeiten der Balkondielen verpflichtet ist.
Ich hoffe Ihnene einen ersten Überblick über die Rechtslage gegeben zu haben. Ansonsten nutzen Sie bitte die kostenlose Nachfragefunktion.
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Mit freundlichen Grüßen,
Lars Liedtke
Rechtsanwalt
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Sehr geehrter Herr Liedtke, vielen Dank für Ihre Stellungnahme. Dazu folgende Ergänzungsfrage:
Sollte der Mieter in Unkenntnis der Rechtslage die Wohnung streichen, hat er dann einen Anspruch auf Entschädigung und wie wird diese ggf berechnet? Kann man argumentieren, dass der Mieter durch konkludentes Handeln die ungültigen Klauseln akzeptiert hat.
Sehr geehrter Fragesteller,
ob darin ein konkludentes Anerkenntnis gesehen werden kann, ist eine Frage des Einzelfalls. Wenn er beispielsweise überhaupt nicht beanstandet, streichen zu müssen, sondern es einfach tut, würde ich von einem Anerkenntnis ausgehen, wenn es jedoch vorher Streit gibt und er die Arbeiten ausführt und dabei betont, dazu nicht verpflichtet zu sein, nicht.
In einem solchen Fall käme das Recht der ungerechtfertigten Bereicherung (§§ 812 ff BGB
) zur Anwendung. Demnach hätte der Vermieter das durch rechtsgrundlose Leistung Erlangte herauszugeben, da dies nicht möglich ist, würden Sie Wertersatz schulden. Der bemisst sich am Materialwert und der Arbeitsleistung.
Dass ein solcher Fall eintritt, halte ich für unwahrscheinlich. Zweifelt der Mieter an seiner Verpflichtung, wird er die Renovierung unterlassen und das Risiko eingehen, dass der Vermieter ihn hinterher kostenmäßig in Anspruch nehmen, anstatt zunächst die Arbeiten auszuführen und danns selbst zuzusehen, ob und wie er wieder Geld zurückbekommt. Tritt ein solcher Fall tatsächlich ein, könnte ein Vergleich einen Rechtsstreit vermeiden. Z.B. könnte eine Einigung so aussehen, dass der Vermieter die Materialkosten ersetzt, der Mieter aber auf Ersatz für seine Arbeitsleistung verzichtet.
Mit freundlichen Grüßen,
Lars Liedtke
Rechtsanwalt