Renovierungsklausel (Streichen) nach Auszug

| 2. September 2024 23:25 |
Preis: 52,00 € |

Mietrecht, Wohnungseigentum


Beantwortet von


09:49

Guten Tag,

mein Vater ist verstorben und ich bin mit der Abwicklung seiner Mietwohnung beschäftigt. Er hat die Neubauwohnung im Herbst 2019 im Erstbezug frisch gestrichen übernommen (es war ja Erstbezug und daher ohnehin der erste Anstrich).

Der Mietvertrag sieht bei Auszug folgenden Passus vor:

"1. Wird die Wohnung im renovierten oder nicht renovierungsbedürftigen Zustand an den Mieter übergeben, ist der Mieter während der Mietzeit verpflichtet, die laufenden Schönheitsreparaturen innerhalb der Wohnung fachgerecht auszuführen oder auf seine Kosten ausführen zu lassen, soweit diese durch den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache erforderlich werden. Fällige Schönheitsreparaturen sind spätestens bis Mietende nachzuholen.

2. Zu den Schönheitsreparaturen gehörend das Tapezieren oder Anstreichen der Wände und Decken, das Streichen der Heizkörper einschließlich Heizrohre, [...]."

Im Standard-Mietvertrag von Haus+Grund findet sich zum Paragraphen "Schönheitsreparaturen" folgende vom Vermieter gesondert eingebrachte Ergänzung:

"Die Schönheitsreparaturen zum Mietende sind durch einen Maler-Fachbetrieb durchzuführen. Es sind die Farben zu verwenden (Weiß), die zum Beginn des Mietverhältnisses vorgefunden werden."

Mein Vater hat die Wohnung gute vier Jahre bewohnt und hat weder geraucht noch nennenswert gekocht. Die Wände befinden sich im Ursprungszustand mit sehr geringen Gebrauchsspuren.

Der Vermieter äußerte sich in einem Telefonat dahingehend, dass er die Wohnung im "Ursprungszustand" (also so, wie mein Vater sie damals angemietet hatte) an die neuen Mieter weitergeben wolle. Er würde beizeiten vorbeikommen, um nach den Wänden zu gucken und zu entscheiden, ob ein Anstrich notwendig sei.

Meine Fragen dazu:
- Muss die Wohnung tatsächlich im identischen Zustand wie vor knapp 5 Jahren sein? Die Wände sehen gut aus, aber natürlich gibt es die ein oder andere kleine Gebrauchsspur. Muss ich tatsächlich komplett von einem Fachbetrieb streichen lassen, wenn der Vermieter das verlangt? Entscheidet also der Vermieter über die Notwendig des Streichens?

Vielen Dank für eine entsprechende Auskunft

3. September 2024 | 00:09

Antwort

von


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Sehr geehrte Ratsuchende,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsangaben wie folgt beantworte:


Zunächst einmal mein Beileid zum Tod ihres Vaters.


Bei der Pflicht zur Renovierung bzw. zum Ausführen der Schönheitsreparaturen sehe ich Sie in einer guten Rechtsposition.


Nach ihrer Schilderung und den zitierten Regelung entfällt eine Pflicht zur Ausführung von Schönheitsreparaturen gleich aus mehreren Gründen:


Es ist zwar grundsätzlich zulässig die Pflicht zu Schönheitsreparaturen dem Mieter zu übertragen, aber die Rechtsprechung hat dazu eine Vielzahl von Regeln aufgestellt die es zu beachten gilt, ansonsten ist die Übertragung unwirksam und der Vermieter hat keinen Anspruch auf die Durchführung.


Zunächst muß eine Schönheitsreparatur fällig sein, dies ist auch in der o.g. Regelung so geregelt („…….soweit diese durch den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache erforderlich werden.")

Nach 5 Jahren ist eine Schönheitsreparatur normalerweise nicht fällig, es ist ein Irrglaube der Vermieter, daß eine Wohnung im gleichen Zustand zurückzugeben ist wie bei der Anmietung.

Wenn die Schönheitsreparatur nicht fällig ist, entfällt bereits aus diesem Grund eine Pflicht sie auszuführen.


Darüber hinaus ist auch die von Ihnen hier zitierte Regelung als vom Vermieter verwendete Formularklausel von der Rechtsprechung bereits als unwirksam angesehen worden.

Die folgende Klausel ist nach der Rechtsprechung des BGH unwirksam: „Bei Auszug muss die Wohnung mit weißer Wand und Deckenfarbe zurückgeben werden."


Der BGH sieht eine Formularklausel die dem Mieter das Streichen eines einzelnen Farbtons wie z.B. Weiß vorschreibt, als unzulässige Einschränkung der Gestaltungsfreiheit des Mieters an.


Schließlich ist auch die vorgeschriebene Ausführung durch einen Fachbetrieb unwirksam, es muß dem Mieter vorbehalten bleiben die Schönheitsreparatur selbst auszuführen. Auch dieser Passus ist nach der Rechtsprechung unwirksam.


Daher ist die von Ihnen zitierte Regelung nach der Rechtsprechung des BGH zur Vornahme von Schönheitsreparaturen wegen unzulässiger Ausgestaltung der Regelung insgesamt unwirksam, mit der Folge, daß Sie bei Auszug keine Pflicht haben eine Schönheitsreparatur durchzuführen.


Sie haben demzufolge generell nur die Pflicht die Wohnung besenrein zu übergeben.





Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen.

Mit freundlichen Grüßen


Thomas Mack
Rechtsanwalt





Rückfrage vom Fragesteller 3. September 2024 | 06:32

Haben Sie vielen Dank für Ihre schnelle und ausführliche Antwort.
Könnten Sie die Verweise auf die konkreten BGH-Urteile ergänzen, auf die Sie sich beziehen?

Vielen Dank!

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 3. September 2024 | 09:49

Sehr geehrte Ratsuchende,

gerne möchte ich Ihre Nachfrage wie folgt beantworten:


Bzgl. der Unwirksamkeit einer Klausel die weiße Farbe vorschreibt können Sie sich auf das Urteil des BGH Az. VIII ZR 198/10 beziehen.


Bzgl. der Unwirksamkeit einer Klausel die die Durchführung der Schönheitsreparaturen durch eine Fachfirma vorschreibt können Sie sich auf das Urteil des BGH Az. VIII ZR 294/09 beziehen.


Der Vermieter kann daher wie erwähnt keine Schönheitsreparaturen verlangen, sondern nur besenreine Rückgabe der Wohnung.


Ich hoffe ich konnte Ihre Nachfrage zufriedenstellend beantworten.

Mit freundlichen Grüßen

Thomas Mack
Rechtsanwalt

Bewertung des Fragestellers 5. September 2024 | 00:18

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