Einzelunternehmer Krankheit behördliche Fristen

16. August 2024 14:48 |
Preis: 85,00 € |

Verwaltungsrecht


Beantwortet von

Guten Tag,

ich brauche bitte einen Rat zu folgendem Sachverhalt:
Mein Mann hat ein Gewerbe angemeldet und ist als Einzelunternehmer tätig (also keine GbR oder Kapitalgesellschaft).

Er ist nun leider ziemlich krank geworden und bedürfte vermutlich eines (voraussichtlich) mehrmonatigen Klinikaufenthalts in einer Fachklinik für psychisch erkrankte Menschen.

Er ist sich dieser Notwendigkeit zunehmend bewusst, fürchtet sich aber davor, dass während des Klinikaufenthalts diverse behördliche/sonstige rechtliche Vorgänge liegen bleiben. Beispielsweise seien Umsatzsteuervoranmeldungen, Steuererklärungen, Meldungen an Berufsgenossenschaft, Minijobzentrale und dergleichen genannt. Außerdem auch privatrechtliche Vorgänge, wie z.B. Reklamationen von Kunden und dergleichen.

Aus Angst vor Strafen, Zwangsgeldern und sonstigen Ansprüchen Dritter begibt er sich bisher nicht in Behandlung.

Ich selbst kann das Unternehmen nicht interimsweise weiterführen, weil ich mich fachlich in der Thematik gar nicht auskenne und auch vollzeit berufstätig bin.

Ich möchte meinem Mann trotzdem helfen und hätte deshalb zunächst gerne Gewissheit, was ihm und mir tatsächlich droht, wenn er in dieser Situation krankheitsbedingt länger ausfällt.

Im Zusammenhang mit Behörden ist mir die "Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand" ein Begriff. Deshalb wüsste ich gerne, ob man beim Finanzamt/Minijobzentrale/Berufsgenossenschaft etc. eine Krankheit von längerer Dauer im Voraus anzeigen und um Aufschub der Vorgänge bitten kann.

Privatrechtlich (im Verhältnis zu Kunden) sieht das sicher anders aus. Wie stellt sich hier die Rechtslage dar?

Was könnte ich tun um zu unterstützen? Könnte ich von Gläubigern/Kunden/Behörden auch selbst belangt werden obwohl ich keine Mitarbeiterin/Geschäftsführerin etc. in dem Unternehmen meines Mannes bin? Wie könnte man eventuellen Anspruchstellern begegnen?

Können Sie mir einen Rat geben, wie wir uns am besten verhalten, damit mein Mann Hilfe in Anspruch nehmen kann ohne permanent die Firma im Hinterkopf zu haben?

Vielen Dank vorab für Ihren Rat.

Mit freundlichen Grüßen

16. August 2024 | 18:17

Antwort

von


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Sehr geehrte Ratsuchende,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsangaben wie folgt beantworte:


Das ist natürlich eine komplizierte Lage, aber gerade in einer solchen Situation sind meiner Ansicht nach klare Entscheidungen erforderlich.


Vorab:

Es ist aus meiner Sicht absolut wichtig und unabdingbar, daß ihr Mann die notwendige medizinische und ärztliche Hilfe in Anspruch nimmt.

Die Gesundheit sollte immer an erster Stelle stehen. Wenn die Gesundheit wieder hergestellt ist, kann man den geschäftlichen Angelegenheiten auch wieder eine höhere Priorität einräumen.

Aus ihrer Schilderung entnehme ich, daß ihr Mann mit der Behandlung zögert und weiterhin seinen „normalen Geschäften" nachgeht, soweit möglich.


Davon ist abzuraten.


Wenn es erst zu einer gesundheitlichen Verschlechterung kommt und man überhaupt keine Maßnahmen treffen kann, ist die Situation deutlich schlechter.

Daher sollte man auf den von Ihnen angesprochenen Feldern die geschäftlichen bzw. behördlichen Angelegenheiten so gut wie möglich regeln und danach so schnell wie möglich eine Behandlung angehen.

Im Einzelnen:

1. Steuern

Den ganzen steuerlichen Bereich kann man – auch für eine Übergangszeit – einem Steuerberater übertragen. Dies kostet zwar Geld, ist jedoch besser als einfach nicht mehr auf Fristen, Mahnungen etc. des Finanzamts zu reagieren.


Man kann zwar für einzelne Fristen beim Finanzamt eine Fristverlängerung beantragen, aber trotzdem muß sich ihr Mann dann auch wieder um die verlängerten Fristen kümmern etc.

Dies ist wahrscheinlich bei einer Behandlung deren konkrete Dauer nicht genau abzusehen ist nicht hilfreich, daher würde ich einen Steuerberater empfehlen.



2. Sonstige Behörden:

Es ist generell möglich die jeweils zuständigen Behörden über die Situation ihres Mannes zu informieren.
In vielen Fällen kann eine Fristverlängerung beantragt werden, insbesondere wenn eine Krankheit vorliegt.

Es ist ratsam, dies schriftlich zu tun und ggf. bei Aufforderung eine ärztliche Bescheinigung beizufügen, die die Notwendigkeit eines Klinikaufenthalts bestätigt.



3. Privatrechtlich mit Kunden

Die Regelung zur „Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand" hilft in diesem Fall nicht weiter, das ist ein Begriff aus dem Prozeßrecht.

In vielen Bereichen – aber nicht in allen – wie z.B. bei Schadensersatzansprüchen das Verschuldensprinzip.

Aber auch in diesen Fällen ist etwa ein Organisationsverschulden zu beachten, wenn etwa während einer Urlaubs- oder krankheitsbedingten Abwesenheit nicht für eine notwendige Vertretung gesorgt wurde.


Während des Klinikaufenthalts könnte ihr Mann in Erwägung ziehen, eine Vertrauensperson zu benennen, die ihn während seiner Abwesenheit vertritt.

Dies könnte jemand sein, der sich mit den entsprechenden geschäftlichen Abläufen auskennt.

Alternativ könnte auch hier ein Steuerberater oder ein Unternehmensberater helfen, die laufenden Verpflichtungen zu erledigen.

Im Verhältnis zu den Kunden ist es wichtig, transparent zu kommunizieren.

Eine Mitteilung über die vorübergehende Abwesenheit und die Bitte um Verständnis kann oft helfen, Konflikte von vornherein zu vermeiden.
Die meisten Kunden werden Verständnis zeigen, wenn sie vorher über die Umstände informiert werden.



4. Ihre Situation

Sie selbst haften als Ehepartner in der Regel nicht für die geschäftlichen Verpflichtungen ihres Mannes, solange Sie nicht als Partner oder in einer anderen rechtlichen Form in das Unternehmen eingebunden sind.

Ob Sie einzelne Aufgaben in der Firma während der Abwesenheit ihres Mannes wahrnehmen können und wollen sollten Sie in einem offenen Gespräch mit ihrem Mann klären.



Ich hoffe die vorgenannten Empfehlungen helfen Ihnen weiter.

Wie ich versucht habe deutlich zu machen, sollten die o.g. Maßnahmen möglichst zeitnah organisiert werden um eine notwendige Behandlung nicht auf die lange Bank zu schieben.


Eine Hinauszögern der Behandlung die eine Krankheit verschlimmert wird die Situation nicht verbessern, daher sind aus meiner Sicht notwendige Entscheidungen zeitnah zu treffen.



Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen.

Mit freundlichen Grüßen


Thomas Mack
Rechtsanwalt


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