Reiserücktrittsversicherung

25. Juni 2008 21:59 |
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Reiserecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt Matthias Juhre

Zusammenfassung

Kann die Reiserücktrittsversicherung die Erstattung ablehnen, wenn die Ursache der Krankheit, die zur Stornierung der Reise geführt hat, auf eine bereits bestehende chronische Krankheit zurückzuführen ist?

Die Versicherung kann die Erstattung ablehnen, wenn die Krankheitssymptome, die zur Stornierung der Reise geführt haben, eine Folge der bereits bestehenden chronischen Krankheit sind. Dies wäre keine "unerwartete" Erkrankung im Sinne der Versicherungsbedingungen und somit kein Versicherungsfall. Nur wenn nachgewiesen werden kann, dass die Symptome nicht auf die chronische Krankheit zurückzuführen sind, könnte ein Anspruch bestehen. Es wird empfohlen, den Anspruch zunächst bei der Versicherung anzumelden und das weitere Vorgehen von deren Reaktion abhängig zu machen.

Sehr geehrte Rechtsanwältin/Sehr geehrter Rechtsanwalt,
wir mußten leider am Tag vor unserer Abreise unseren Sommerurlaub stornieren. Zum Glück verfügen wir über eine Reiserücktrittsversicherung (20% Eigenbeteiligung); Grund des Stornos: meine Frau hatte starke Blutungen und wurde ohnmächtig. Mußte stationär behandelt werden.

Die Reiserücktrittsversicherung zahlt nur bei unerwarteter schwerer Krankheit /Unfall etc.; die Ursache der Blutung konnte nicht gefunden werden. Man vermutet, dass es jedoch durch ihre chronische Krankheit ( Morbus C. ) gekommen ist ( was bislang nie vorkam). Jetzt habe ich die Angst, dass die Versicherung wegen der chronischen Krankheit eine Erstattung ablehnen könnte, ggf. mit der Begründung, dies sei eine Verschlechterung eines bestehenden (schlechten ) Gesundheitszustandes bzw. nicht unerwartet. Stimmt das ? Der behandelnde Arzt schrieb einen Attest, dass zuvor uneingeschränkte Reisefähigkeit bestand und er hierzu befragt wurde ( was auch stimmt ).

Guten Abend,

Bei einer chronischen Grunderkrankung kommt durchaus der Einwand Ihres Versicherers in Betracht, dass es sich um keine »unerwartete« Erkrankung im Sinne der Versicherungsbedingungen handelt. Waren die Symptome Ihrer Frau Folge ihrer chronischen Erkrankung (was in Ihrem Fall allerdings wohl nahe liegt), dann wäre dies zu verneinen. Ein Versicherungsfall läge dann nicht vor und Sie hätten keinen Anspruch aus dem Versicherungsvertrag.

Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn Sie den Nachweis erbringen können, dass Blutungen und Ohnmachtsanfall keine Folge der Grunderkrankung Ihrer Frau gewesen sein kann. Auch wenn sich Ihre Frau in einer längeren stabilen Phase vor Reiseantritt befunden hat, ist ein gesundheitlicher Einbruch nicht »unerwartet« im Sinne der ABRV. Es wird also vor allem auf den genauen medizinischen Befund und den Zusammenhang mit der Anamnese ankommen. Im Streitfall kann nur ein Sachverständigengutachten Aufschluss geben, wobei allerdings schon grundsätzlich eine Vermutung dagegen sprechen dürfte, dass die Krankheit Morbus C(rohn?) komplikationslos verläuft.

Dennoch sollten Sie Ansprüche gegenüber Ihrem Versicherer zunächst anmelden und das weitere Vorgehen von dessen Reaktion abhängig machen.


Mit freundlichen Grüßen

Rechtsanwalt Matthias Juhre.


_______________
ra-juhre@web.de

Rückfrage vom Fragesteller 25. Juni 2008 | 23:40

Vielen Dank für die rasche Antwort;
M.E. hätte man uns dann aber seitens der Versicherung belehren müssen. Da ich jedoch gleichzeitig einen Schock erlitten hatte und ebenfalls reiseunfähig war, müßte doch auch der Einwand meinerseits greifen oder ist ein Schock keine unerwartete Erkrankung/Verletzung ?
Letztlich hat der Arzt - wie gesagt- zudem bescheinigt, dass zuvor Reisefähigkeit vorlag. In den Ausschlussgründen der Versicherungs AGB steht zudem nur "chronisch psychische Erkrankung" .

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 26. Juni 2008 | 00:23

Zu Ihren Nachfragen:

Ihr eigener Schock über die plötzliche Erkrankung Ihrer Frau dürfte höchstens dann einen Versicherungsfall darstellen, wenn er selbst wiederum medizinisch attestiert und behandlungsbedürftig gewesen ist. Auch hier stellt sich außerdem wieder das Problem beim Merkmal »unerwartet«. Eventuell kann argumentiert werden, dass mit einer gesundheitlichen Verschlechterung eines chronisch erkrankten Ehepartners immer gerechnet werden muss, so dass infolgedessen ein Schock nicht »unerwartet« ist.

Dass der Arzt Ihrer Frau Reisefähigkeit attestiert hat, bedeutet nicht unbedingt, dass keine unerwartete Erkrankung vorlag. Zum Beispiel hat das AG München entschieden: Ein unvorhersehbarer und unerwarteter Krankheitsschub einer langjährigen chronischen Erkrankung ist keine unerwartet schwere Erkrankung, die den Eintritt des Versicherungsfalles begründet (Urt. v. 29.01.1981, Az. 4 C 11502/79 ). Es wird dann vielmehr auf den Zusammenhang zwischen Grunderkrankung und akuter Erkrankung ankommen. Nur wenn dieser fehlt, liegt eine »unerwartete« Erkrankung vor.

Wenn allerdings - und das dürfte der entscheidende Punkt sein - die Bedingungen Ihres Vertrags von den allgemeinen Versicherungsbedingungen (ABRV) abweichen und bei Verschlechterungen aufgrund chronischer Erkrankungen nur die psychischen Erkrankungen ausnehmen, dann stehen Ihre Chancen recht gut. Denn um eine psychische Grunderkrankung handelt es sich in Ihrem Fall ja nicht. Unter dieser Voraussetzung sollten Sie Ihren Versicherer unbedingt zur Kostenübernahme auffordern. Falls es zum Rechtsstreit kommt, ist die genaue Formulierung der Vertragsklausel entscheidend.


Mit freundlichen Grüßen

Rechtsanwalt Matthias Juhre.


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ra-juhre@web.de

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