Angemess. vs. notwend. Selbstbehalt bei Bedarfsausgleich-Berechnung im Wechselmodell

14. Januar 2024 11:31 |
Preis: 85,00 € |

Familienrecht


Beantwortet von

Sehr geehrte Damen und Herren,

meine Ex-Frau und ich betreuen unseren Sohn (14 Jahre) im Wechselmodell mit gleichen Betreuungsanteilen. In diesem Modell schulde ich nun offiziell nicht meiner Ex-Frau Unterhalt, sondern wir beide schulden es unserem Sohn.
Da ich mehr verdiene, bezahle ich jedoch an meine Ex-Frau einen Bedarfsausgleich.

Meine Ex-Frau wendet einen (anscheinend rechtlich gedeckten) Trick an, indem Sie das fiktive Einkommen, welches sie bei Vollzeitarbeit bekommen würde (arbeitet aber weniger, weil 4-jähriges Kind im Haus), anrechnen lässt und so die Stufe der Düsseldorfer Tabelle höher geht (mit der Folge, dass auf dem Papier mehr Unterhalt zu zahlen ist).
Für 2024 kombiniert sie dieses fiktive Gehalt mit dem gestiegenen angemessenen Selbstbehalt laut Düsseldorfer Tabelle. Folge: Wir sind in der Düsseldorfer Tabelle relativ hoch, d.h. viel Unterhalt für unseren Sohn. Meine Ex-Frau rechnet sich aber mit dem angemessenen Selbstbehalt "arm". Entsprechend kommen die ganzen (höhere) Kosten den Unterhalts (und damit des Bedarfsausgleichs) auf mich zu.

Frage(n): Laut Düsseldorfer Tabelle gilt als Unterhaltsschuldner gegenüber minderjährigen Kindern der notwendige (niedrigere) Selbstbehalt. Sollte dies dann nicht auch auf die Berechnung des Bedarfsausgleichs im Wechselmodell (wo meine Ex-Frau und ich Unterhaltsschuldner gegenüber unserem Sohn sind) angewendet werden?
Zusatzinfo: Meine Ex-Frau lebt in einer Partnerschaft mit voll verdienendem Partner. Diese zahlen zudem keine Miete, da sie in selbstgenutztem Eigentum wohnen. Es ist hier also nicht davon auszugehen, dass die finanziellen Verhältnisse so prekär sind (bei mehrfach Urlaubsfahrten im Jahr), dass ein angemessener Selbstbehalt (wo das Geld ja noch nicht mal wirklich verdient wird!!) zur Aufrechterhaltung des Lebens notwendig ist.


Vielen Dank im Voraus und beste Grüße.

PS: Ich benötige bitte eine Antwort die mehr umfasst als "laut §1603 BGB" ist das so. Ich benötige Argumente, welche meine Argumentationskette unterstützen oder bitte konkrete Argumente, die mir zeigen wo mein argumentativer Fehler liegt.

14. Januar 2024 | 13:30

Antwort

von


(2984)
Damm 2
26135 Oldenburg
Tel: 0441 26 7 26
Web: https://WWW.RA-BOHLE.DE
E-Mail:
Diese Anwältin zum Festpreis auswählen Zum Festpreis auswählen

ehr geehrter Ratsuchender,

die Berücksichtigung des angemessenen Selbstbehalts ist zutreffend.

Dieser kommt dann zum Tragen, wenn beide Elternteile barunterhaltspflichtig sind.

Im Wechselmodell wird § 1606 Abs. 3 BGB zu Grunde gelegt. Beide Elternteile haften dann anteilig nach ihren Einkommensverhältnissen. Und in diesem Fall der beiderseitigen Haftung wird der angemessene Selbstbehalt in die Berechnung einbezogen.

Diese Berechnung ist also nicht zu beanstanden. Auf den notwendigen Selbstbehalt wird nicht zurückgegriffen.

In die Einkommensberechnung der Eltern können auch fiktive Einkünfte aus einer Vollzeitbeschäftigung angesetzt werden. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit auf fiktive Einkünfte zu verweisen.

Aber hier ist zu prüfen, ob das angesetzte Einkommen der Mutter überhaupt zutreffend und auch realistisch ist. Der Höhe nach ist zu klären, ob das angesetzte Einkommen ihrer Ausbildung und bisherigen Berufstätigkeit entspricht. Im zweiten Schrift ist zu prüfen, ob eine Vollzeittätigkeit für die Mutter realistisch ist. Es ist danach zu fragen, ob neben der Betreuung des 4-jährigen Kindes eine Vollzeittätigkeit überhaupt auch angesichts der Betreuung des Kindes möglich ist.

Diese Prüfung kann dazu führen, dass fiktive Einkünfte aus einer Vollzeittätigkeit nicht angesetzt werden können.

Für Sie ist aber eine Vergleichsrechnung aufzustellen, bei welcher Konstellation Sie weniger Ausgleich zahlen müssen. Vermutlich wird es bei der Berechnung der tatsächlichen Einkünfte der Mutter sein, da das Gesamteinkommen dann geringer ist. Das ist aber ganz konkret zu prüfen.

Festzuhalten im Ergebnis aber, dass der angemessene Selbstbehalt zutreffend in die Berechnung eingeflossen ist.


Mit freundlichen Grüßen

Rechtsanwältin

Sylvia True-Bohle


ANTWORT VON

(2984)

Damm 2
26135 Oldenburg
Tel: 0441 26 7 26
Web: https://WWW.RA-BOHLE.DE
E-Mail:
RECHTSGEBIETE
Familienrecht, Kaufrecht, Strafrecht, Vertragsrecht, Sozialrecht
Durchschnittliche Anwaltsbewertungen:
4,8 von 5 Sternen
(basierend auf 119006 Bewertungen)
Aktuelle Bewertungen
5,0/5,0
Vielen Dank für die ausführlichen Informationen. ...
FRAGESTELLER
5,0/5,0
Antwort war schnell und gut nachvollziehbar. Vielen Dank. ...
FRAGESTELLER
5,0/5,0
Vielen Dank, einer der Besten hier, wenn nicht sogar der Beste! Immer wieder gerne! ...
FRAGESTELLER