Gesellschafterdarlehen GmbH retten

| 28. September 2023 20:55 |
Preis: 120,00 € |

Gesellschaftsrecht


Beantwortet von


10:44

Gesellschafterdarlehen retten

Ich habe 2019 eine GmbH als Gesellschafter und Geschäftsführer gegründet.
Ziel war es, diese GmbH über eine Agentur, relativ passiv meinerseits, im Online Handel mit echter Ware aus China wachsen zu lassen. Bereich Babyprodukte. Ziemlich naiv habe ich 2-3 Jahre mit Gesellschafterdarlehen immer wieder Finanzspritzen gegeben.
Meine GmbH schuldet mir inzwischen 125.000€ (ohne die 25.000€ GmbH Startkapital).
Aktuelles Guthaben ca. 20.000€, monatliche Einnahmen ca. 100€, ausgaben ca. 300€
Ich sehe schon, das wird nichts!
Die Agentur gibt es auch nicht mehr… Ich bin nun „erleuchtet" und habe verstanden, dass so etwas nur in Eigenregie funktionieren kann. Ich kann es nicht. Nicht mein Hobby.

Da die GmbH mir so viel Darlehen schuldet, will ich diese nicht einfach „sterben" lassen.

Ich habe mir unterschiedliche Szenarien ausgedacht:

Var.1)
Aus der „Online Handel" GmbH eine „Trading GmbH" machen.
Mit den Gewinnen aus dem „Börsen Handel" möchte ich mir sukzessive die Darlehen zurückzahlen.
Wäre dann auch ein steuerlicher Vorteil, da die Tilgung der Darlehen die Steuerlast drückt.
Gefahr: Auch wenn ich die Produkte von „früher" nicht mehr verkaufen würde, haftet die GmbH wenn durch die schon verkauften Produkte Schaden entstehen würde. Ich verkaufe Babyprodukte. Wenn da eine Klage kommt, ist das Geld aus der Börse weg.

Var.2)
Ist Var.1 mit einer guten Produkthaftungsversicherung.

Var.3)
Ich bilde eine Holding. Die Muttergesellschaft wird zur Vermögensverwaltenden Trading GmbH und übernimmt die Gesellschafterdarlehen der (alten) Tochtergesellschaft.
Gefahr: Ich weiß nicht, ob das legal ist und ob das Finanzamt dies akzeptiert.
Die alte GmbH würde ich dann zügig abstoßen/auflösen.


Frage:
Welche dieser 3 Varianten wäre legal, sicher (Produkthaftung) und durchführbar?
Kennen Sie vielleicht eine andere, bessere Variante, wie ich mir legal meine Gesellschafterdarlehen zurück erarbeiten kann und dabei etwas Steuern spare?

28. September 2023 | 22:20

Antwort

von


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Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:


Zunächst muss ich Sie auf Folgendes Hinweisen: Ausgehend von Ihrer Mitteilung halte ich es für überwiegend wahrscheinlich, dass die GmbH bereits überschuldet ist und damit eine Insolvenzantragspflicht besteht. Ich kann daher nur dringend empfehlen, dies ggf. mit einem Steuerberater zu prüfen und evtl. angezeigte Sanierungsinstrumente einzusetzen, wie z.B. einen qualifizierten Rangrücktritt für Ihre Darlehen, um eine Insolvenzverschleppung und daraus folgende zivilrechtliche Haftungsansprüche gegen Ihre Person auszuschließen.

Zu den von Ihnen dargestellten Varianten: Die Varianten 1 und 2 sind identisch. Sollten Sie tatsächlich eine Produkthaftpflichtversicherung abschließen können, die a) allfällige Gewährleistungsansprüche abdeckt UND b) aus den Erlösen der GmbH bezahlt werden kann, halte ich das für die sinnvollste Variante. Hier wäre aber ebenfalls durch einen Steuerberater zu prüfen, welche bilanziellen Auswirkungen die Produkthaftpflichtversicherung hat, Stichwort "Ersparnis" von Gewährleistungsrückstellungen.

Bei der Variante 3 erschließt sich mir der Sinn nicht: Hier wollen Sie die wesentlichen Schulden in Form der Gesellschafterdarlehen auf die Holding "umhängen". Die Alt-Gesellschaft soll verkauft oder liquidiert werden. Ob ein Verkauf realistisch ist, wenn es sich nur um einen Mantel handelt, der nur Gewährleistungsrückstellungen enthält, kann ich nicht beurteilen, halte das Szenario aber ausgehend von der dann erforderlichen wirtschaftlichen Neugründung für wenig realistisch. Im Falle einer Liquidation müssten alle Forderungen berichtigt werden, d.h. es wäre hier der Ablauf der Gewährleistungspflichten abzuwarten. Erst danach könnte die Gesellschaft liquidiert werden. Zwar könnte man versuchen, die Gewährleistungsfristen abzuwarten und bei Auftreten von Gewährleistungsfällen Insolvenzantrag zu stellen; allerdings müsste das Konstrukt in diesem Fall dahingehend abgesichert werden, dass ein Fall des "existenzvernichtenden Eingriffs" (d.h. Bündeln der Schulden in einer GmbH, des Vermögens in einer anderen) nicht vorliegen kann.


Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Thomas Henning, Wirtschaftsjurist

Rückfrage vom Fragesteller 29. September 2023 | 11:10

Hallo Herr Henning,

vielen Dank für Ihren Hinweis und Ihre Antworten.
Leider habe ich Ihre Antwort zu Var. 3 nicht verstanden, bzw glaube ich, dass diese nicht meine Frage beantwortet.

Ich habe nicht vor zu Verkaufen. Niemand würde die kaufen.
Liquidation ist wohl unmöglich, da die GmbH nie das Geld dafür verdienen könnte.
Ich möchte auch nicht warten und hoffen das ein Gewährleistungsfall kommt, um einen Insolvenzantrag stellen zu dürfen/müssen.

In Var.3 möchte ich die Darlehen übertragen in eine frische GmbH und die alte „sterben lassen". Konkurs, insolvent… Nennen Sie es wie Sie wollen. An verkauf denke ich nicht.
Ziel wäre damit, dass die neue GmbH an der Börse handelt und die Darlehen abzahlen muss, ohne das Thema Produkthaftung der Babyprodukte der alten GmbH an der Backe zu haben.
Das Thema Produkthaftung stirbt dann mit der alten GmbH.
Oder wie Sie es beschreiben: „Bündeln der Schulden in einer GmbH, des Vermögens in einer anderen"

Alles am besten dieses Jahr noch :)

Ist das machbar?


MfG

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 2. Oktober 2023 | 10:44

Hallo

und danke für die Nachfrage bzw. Klarstellung. Mir war tatsächlich nicht klar, dass die Variante "Verkauf" nicht verfolgt werden soll; den Begriff "abstoßen" hatte ich entsprechend verstanden.

Um eine GmbH (legal) "sterben" zu lassen, sieht das Gesetz grds. nur die Liquidation vor. Sollte diese nicht möglich sein, da das Vermögen die Schulden nicht deckt, kommt auch eine Insolvenz in Betracht. Für letztere bedarf es aber einer zumindest drohenden Zahlungsunfähigkeit bzw. einer Überschuldung; ersteres sehe ich noch nicht, letzteres ist eine Frage der (auch) steuerlichen Bewertung der latenten Gewährleistungsansprüche.

Wenn Sie die Darlehen auf die neue GmbH übertragen, ist die alte nicht automatisch "leer". Denn dort bleiben (und sollen das ja auch) die Gewährleistungsansprüche gebündelt. Diese stehen dann aber, wie bereits erwähnt, einer Liquidation (zumindest während des Sperrjahres, s.u.) entgegen. Diese kann nur dann vollzogen werden, wenn es gelingt, die Gewährleistungsansprüche aus der Alt-GmbH "heraus" zu bekommen, z.B. wenn man die Risiken auf einen Dritten verlagert. Dies dürfte aber entweder nicht gewollt oder realistisch sein, so dass es sich hier um keine Alternative handelt.

Daher sehe ich keine verlässliche Möglichkeit, die alte GmbH in naher Zukunft voll zu beenden. Versuchen kann man es aber dennoch. Denn wenn das Sperrjahr abgelaufen ist UND die Liquidation beendet werden konnte, ehe ein Gewährleistungsanspruch geltend gemacht wurde, dann kann die GmbH auch vor dem Ablauf der gesetzlichen Gewährleistungsfrist die GmbH voll beendet werden.

Im Rahmen der Abwicklung der GmbH ist auch zu beachten, dass sich steuerrechtliche Themen ergeben können, insbesondere bei der Übertragung der Darlehen. Daher wäre eine Beratung durch einen Steuerberater zu empfehlen.

Freundliche Grüße

Thomas Henning
Rechtsanwalt

Bewertung des Fragestellers 3. Oktober 2023 | 18:27

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