Sehr geehrte Fragestellerin,
zu Ihrer Anfrage nehme ich wie folgt Stellung:
1.
Sie schreiben, der zum 01.01.2008 geltende Arbeitsvertrag beinhalte unter anderem eine sogenannte Zielerreichungsprämie. Die Auszahlung dieser eventuellen Zielerreichungsprämie erfolge im Juni des Folgejahres. Hierzu merken Sie an, daß die Zielerreichungsprämie damit im nächsten Monat, also im Juni 2008 zur Zahlung fällig wäre. Das ist nach Ihrer Schilderung so nicht richtig: Folgejahr wäre das Jahr 2009. Nach Ihrer Wiedergabe der arbeitsvertraglichen Klausel müßte die Zielerreichungsprämie also im Juni des Jahres 2009 zur Auszahlung kommen.
2.
Aus Ihren Ausführungen geht nicht eindeutig hervor, aus welchen Gründen Sie bislang an den tarifvertraglichen Erhöhungen nicht partizipiert haben. Wenn Sie nicht übertariflich bezahlt worden sind, gilt folgendes:
Grundsätzlich ist der Arbeitgeber, der Partei eines Tarifvertrages ist, tarifgebunden. Es kommt nicht darauf an, ob der Arbeitgeber den Tarifvertrag allein, gemeinsam mit mehreren Arbeitgebern oder neben einem Arbeitgeberverband abgeschlossen hat.
Ob Ihnen Nachzahlungen, wie sie Ihre Kollegen erhalten, zustehen, hängt von der tarifvertraglichen Regelung ab. Es kommt also beispielsweise darauf an, für welchen Zeitraum diese Nachzahlungen erfolgen sollen.
Das Argument Ihres Vorgesetzten, Sie hätten einen neuen Arbeitsvertrag und damit keinen Anspruch auf die Nachzahlungen, erscheint zumindest zweifelhaft.
Wenn die Nachzahlungen einen Zeitraum vor dem 01.01.2008, also die Zeit bis zum 31.12.2007 betreffen, dürfte ein Nachzahlungsanspruch Ihrerseits nicht gegeben sein. Dies gilt allerdings unter dem Vorbehalt des Inhalts der tarifvertraglichen Regelungen, die mir leider nicht bekannt sind.
3.
So, wie Sie den Fall geschildert haben, spricht zumindest einiges dafür, daß Sie an den Erhöhungen ab 01.01.2008 teilhaben. Für die Anpassung Ihrer Tantieme betreffend das Jahr 2007 ist eine Rechtsgrundlage aufgrund Ihrer Schilderung nicht erkennbar.
Damit dürfte in Abhängigkeit von der tarifvertraglichen Regelung eine Anpassung Ihres Gehalts in Betracht kommen, soweit der Zeitraum ab 01.01.2008 berührt ist.
4.
Ihr Fall setzt, um eine sichere Beurteilung zu ermöglichen, voraus, daß man Ihren Arbeitsvertrag kennt, und daß auch die tarifvertraglichen Regelungen bzw. der Tarifvertrag vorliegen. Aufgrund Ihrer Schilderung ist eine gesicherte Beurteilung der Sach- und Rechtslage leider nicht möglich. Deshalb können die obigen Ausführungen für Sie nur ein erster Anhaltspunkt sein.
Vor diesem Hintergrund rate ich dringend, einen Rechtsanwalt zu konsultieren. Selbstverständlich bin ich gern bereit, die Sache weiter zu bearbeiten. Allerdings benötige ich hierzu die vertraglichen Unterlagen.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Raab
Rechtsanwalt
Antwort
vonRechtsanwalt Gerhard Raab
Aachener Strasse 585
50226 Frechen-Königsdorf
Tel: 02234-63990
Web: https://ra-raab.de
E-Mail:
Sehr geehrter Herr Raab, vielen Dank für die schnelle Antwort. Leider haben Sie meine Fragestellung nicht genau gelesen - nachstehend die Richtigstellung:
1. Mein Arbeitsvertrag gilt erst ab 01.05.2008, nur mein Aufgabengebiet wurde darin rückwirkend ergänzt. Mein Arbeitgeber zahlt Tarifanpassungen für die Kollegen auf freiwilliger Basis; er ist also an keinen Tarifvertrag gebunden.
Die Tantieme ist für das Jahr 2007, wird also mit dem Juni-Gehalt ausgezahlt.
2. Ich werde nicht übertariflich bezahlt; die Kollegen erhalten Anpassungen / Erhöhungen auf freiwilliger Basis. Vor langer Zeit "durfte" ich ebenfalls an einer Erhöhung (Angleichung nach Metall-Tarif) teilhaben... und das, ohne das eine entsprechende Vereinbarung im Arbeitsvertrag enthalten war.
Die Nachzahlung soll für 2007 sowie 2008 sein und auch die Tantieme 2007 soll bei den Kollegen um 3,1 % erhöht werden; mein Chef schließt mich willkürlich von diesen Anpassungen aus. Ich bin der Meinung, das dieses gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstösst, da mein Chef hierfür keine geeigneten Gründe nennen kann, warum er mich schlechter stellt, als alle anderen Kollegen (sogar die Azubine bekommt die Erhöhung). Aus diesem Grund kann ich Ihre Meinung, dass ich für 2007 wohl eher keinen Anspruch auf Nachzahlung habe, nicht nachvollziehen.
Nach diesen Erklärungen folgt nun meine einmalige Nachfrage:
Ich möchte meinen Chef nun schriftlich auffordern, mir die Gründe für die Schlechterstellung zu nennen und mich den Kollegen diesbezgl. gleich zu stellen und werde ihm hierfür eine Frist von 1 Woche setzen. Kann ich mich hier auf den AGG (welcher §?) beziehen? Und zu guter Letzt: wie lange muss ich warten, bis ich bei Nichtreaktion einen Anwalt einschalte?
Ich hoffe, dass ich das Durcheinander nun erklärt habe und bedanke mich im voraus für Ihre Unterstützung.
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrte Fragestellerin,
zu Ihrer Nachfrage nehme ich wie folgt Stellung:
I.
Meine Antwort basierte auf Ihrer Sachverhaltsschilderung in der Ausgangsfrage. Aufgrund Ihrer nunmehrigen Schilderung der Sachlage stellt sich der Sachverhalt etwas anders dar, als in Ihrer ersten Sachverhaltsschilderung.
II.
Grundsätzlich gilt auch im Arbeitsrecht der Gleichbehandlungsgrundsatz. Er verbietet es dem Arbeitgeber, einzelne Arbeitnehmer willkürlich und aufgrund sachfremder Erwägungen schlechter als andere Arbeitnehmer zu stellen. Das bedeutet aber nicht, daß es dem Arbeitgeber untersagt wäre, einzelne Arbeitnehmer zu begünstigen.
III.
Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist unter folgenden Voraussetzungen anwendbar:
1.
Innerhalb des Betriebes müssen sich Gruppen von Arbeitnehmern bilden lassen. D. h., es muß eine Gruppe von Arbeitnehmern vorhanden sein, deren Lage und Tätigkeit im Wesentlichen übereinstimmt.
2.
Eine Gleichbehandlung besteht nur zwischen den Arbeitnehmern untereinander, nicht dagegen beispielsweise zwischen Arbeitnehmern und Handelsvertretern.
3.
Es gibt noch weitere Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des Gleichbehandlungsgrundsatzes, die laut Ihrer Schilderung jedoch nicht zum Tragen kommen. Allerdings ist keine einheitliche Rechtsprechung hinsichtlich der Verstöße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz zu erkennen.
IV.
Sie sprechen die Problematik der Gleichbehandlung bei der Arbeitsvergütung an.
Wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Vergütung individuell ausgehandelt haben, findet der Gleichbehandlungsgrundsatz keine Anwendung. Man kann also nicht argumentieren, für gleiche Arbeit sei auch gleicher Lohn zu zahlen.
Wenn der Arbeitgeber eine prozentuale Anpassung der Gehälter vornimmt, ist es denkbar, daß ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vorliegt, sofern Ihre Kollegen zu jenem Kreis der Arbeitnehmer zählen, für die die Grundsätze der Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes gelten (Gruppenbildung, etc.). D. h., wenn Sie und die anderen Arbeitnehmer vergleichbar sind, die anderen Arbeitnehmer aber eine Gehaltserhöhung erhalten und Sie davon ausgenommen bleiben, spricht einiges für eine Nichtbeachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes.
V.
Dies gilt auch für (freiwillige) Zulagen. Handelt es sich nicht um individuell motivierte Zulagen, sondern um Zulagen, die auf objektiven Kriterien beruhen, ist der Gleichheitsgrundsatz anwendbar.
Damit müßten Sie auch an der Erhöhung der Tantieme 2007 teilhaben.
VI.
Ich würde Ihren Vorgesetzten nicht auffordern, die Gründe für die Schlechterstellung zu nennen, sondern ihm vorhalten, daß er gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoße, wenn er Sie nicht an den Erhöhungen in gleicher Weise teilhaben lasse, wie Ihre Kolleginnen und Kollegen. Sodann warten Sie die Reaktion ab. Wenn der Arbeitgeber den anderen Arbeitnehmern die prozentuale Erhöhung zukommen läßt, Ihnen dagegen nicht, sollten Sie anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen und ggf. die Differenz geltend machen.
Aus diesen Ausführungen mögen Sie auch ersehen, wie wichtig eine präzise Sachverhaltsschilderung ist, da die Rechtsfolgen oftmals von scheinbaren Kleinigkeiten abhängen.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Raab
Rechtsanwalt