Gültigkeit Uebernahme Ausbildung

16. Juni 2023 15:25 |
Preis: 35,00 € |

Arbeitsrecht


Beantwortet von


17:02

Zusammenfassung

Ein Ausbildungsverhältnis ist auflösend bedingt durch das Bestehen der Abschlussprüfung. Geht der ehemalige Azubi danach weiter arbeiten, wird schlüssig ein unbefristeter Arbeitsvertrag begründet. Der Abschluss eines schriftlichen Arbeitsvertrages setzt die Unterschrift von beiden Parteien voraus.

Ich befinde mich derzeit in einer Ausbildung und werde diese im Juli im Zuge meiner mündlichen Abschlussprüfung beenden. Von meiner Ausbildungsabteilung habe ich eine Angebot per PDF bekommen in der ich ankreuzen sollte ob ich die unbefristete Übernahme annehme oder nicht sowie einmal meine Unterschrift darunter. Dies habe ich mit ja angekreuzt und digital unterschrieben.

Auf Nachfrage hieß es wir bekämen unseren offiziellen Arbeitsvertrag gesammelt erst Anfang des Monats August da die Prüfungstermine der Azubis über den Juli verstreut sind. Im Zeitraum nach unserer Prüfung und dem August wäre das laut meiner Ausbilderin dann ein schwebend unwirksamer Arbeitsvertrag.

Nun stellt sich mir die Frage ob ich bei einem besseren Angebot einer anderen Firma dieses annehmen könnte und meine Zustimmung zur Übernahme quasi wiederrufen kann. Ist also durch das ankreuzen von "ja" + Unterschrift schon ein wirksame Verpflichtung zustande gekommen die ich nochmal kündigen muss oder reicht es wenn ich einfach vor Ende der Ausbildung mitteile dass ich das Angebot doch nicht annehme?

16. Juni 2023 | 16:00

Antwort

von


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42287 Wuppertal
Tel: 0202 76988091
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Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen wie folgt beantworten:

Wenn Sie nach dem Ende ihrer Ausbildung weiterarbeiten, schließen Sie keinen schwebend unwirksam Arbeitsvertrag, sondern es wird mündlich ein Arbeitsvertrag geschlossen. Der Ausbildungsvertrag ist ja auflösend bedingt durch das Bestehen der Abschlussprüfung. Wenn Sie dann in Kenntnis hiervon weiterarbeiten, wird ein Arbeitsverhältnis begründet. Fraglich ist dann natürlich, welches Gehalt sie verlangen können. Möglicherweise gibt es aber auch einen Tarifvertrag, an den man sich orientieren könnte. Dieses können Sie natürlich dann jederzeit mit der Grundkündigungsfrist von vier Wochen zum fünfzehnten oder zum Monatsende beenden. Eine andere Frist könnte allenfalls bei einem allgemeinverbindlichen Tarifvertrag gelten.

Wenn ich es richtig verstehe, habe Sie auf einem Formular etwas angekreuzt, auf dem sich keine Unterschrift des Arbeitgebers befindet. Dies wird man wohl eher als Absichtserklärung werten müssen. Ich weiß jetzt auch gar nicht, ob auf diesem Formular alle notwendigen Informationen enthalten sind wie Gehalt, Wochenstundenzahl, Urlaubstage etc. Wenn Sie dem Arbeitgeber mitteilen, dass Sie von dieser Absichtserklärung Abstand nehmen möchten, könnte hier vielleicht eine Schadensersatzforderung aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen hergeleitet werden. Allerdings muss man ja auch bedenken, dass der Arbeitgeber damit rechnen muss, dass Sie Ihre Abschlussprüfung nicht bestehen und dann als ausgelernte Kraft doch nicht per August zur Verfügung stehen. Dass dann eine Schadensersatzforderung Ihnen gegenüber aufgerufen werden kann mit dem Argument, man hätte am Arbeitsmarkt eine andere Kraft zu einem höheren Stundensatz einstellen müssen, halte ich für schwierig. In jedem Fall sollten Sie aber das Ausbildungsunternehmen schnellstmöglich informieren, wenn Sie anderswo ein Arbeitsvertrag unterzeichnen, damit entsprechend disponiert werden kann.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwältin Dr. Elke Scheibeler
Fachanwältin für Arbeitsrecht

Rückfrage vom Fragesteller 16. Juni 2023 | 16:58

Auf dem Dokument sind keine Angaben zu Urlaubstagen, Gehalt oder Wochenstundenzahl enthalten jedoch erfolgt die Einstellung nach dem Tarifvertrag TVöD VKA. Eine Unterschrift des AG ist auf diesem Dokument nicht vorhanden, lediglich der Name der ausstellenden Mitarbeiterin der Personalabteilung.

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 16. Juni 2023 | 17:02

Sehr geehrter Fragesteller,

da auf dem von Ihnen geschilderten Angebot keine Unterschrift des Arbeitgebers ist, wird man dieses Dokument wohl nicht als Angebot auf Abschluss eines Arbeitsvertrages ansehen können. Es verbleibt daher bei meiner bisherigen Einschätzung.

Ich gebe aber auch zu bedenken, dass ich dieses Dokument noch nicht einmal gesehen habe und auch danach aller Voraussicht nach ein gewisses Risiko verbleiben wird, da es um eine Auslegung dieser individuellen Erklärungen geht.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Scheibeler

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