Es ist bekannt, dass der Sozialhilfeträger Schenkungen eines Pflegebedürftigen unter bestimmten Umständen zurückfordern kann, wenn die Schenkung weniger als zehn Jahre zurückliegt.
Im konkreten Fall erfolgte die Schenkung eines Einfamilienhauses 2016. Bei dieser Übertragung wurde zugunsten des Schenkenden Nießbrauch ins Grundbuch eingetragen (der Pflegefall ist bis heute noch nicht eingetreten). Hierzu zwei kurze Fragen:
1. Beginnt die o. g. "10-Jahres-Frist" von neuem, wenn der Nießbrauch nun gelöscht und hierfür Wohnrecht eingetragen würde?
2. Kann der Sozialhilfeträger die sich aus dem Nießbrauch ergebenden Zahlungsansprüche nach der Löschung innerhalb einer vergleichbaren Frist weiter auf sich überleiten oder ist allein der Zeitpunkt der Übertragung ausschlaggebend und der Nießbrauch könnte (überspitzt gesagt) auch einen Tag vor Eintritt des Pflegefalls gelöscht werden?
es würden hier dann zwei Schenkungen vorliegen. Einmal die Schenkung des Hauses unter Nießbrauchbelastung und einmal der und der Verzicht auf den Nießbrauch.
Dies liegt daran, da ein Haus mit Nießbrauchbelastung nicht so viel wert ist wie ein Haus ohne diese Belastung.
Für beide Schenkungen gibt es daher eine getrennte 10-Jahres-Frist wegen einer möglichen Rückforderung nach § 529 BGB:
Zitat:
§ 529 Ausschluss des Rückforderungsanspruchs
(1) Der Anspruch auf Herausgabe des Geschenkes ist ausgeschlossen, wenn der Schenker seine Bedürftigkeit vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt hat oder wenn zur Zeit des Eintritts seiner Bedürftigkeit seit der Leistung des geschenkten Gegenstandes zehn Jahre verstrichen sind.
(2) Das Gleiche gilt, soweit der Beschenkte bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, das Geschenk herauszugeben, ohne dass sein standesmäßiger Unterhalt oder die Erfüllung der ihm kraft Gesetzes obliegenden Unterhaltspflichten gefährdet wird..
Angenommen in diesem Jahr wird auf den Nießbrauch verzichtet und im Jahr 2028 tritt die Bedürftigkeit ein. Dann könnten die Sozialbehörden verlangen, dass der Nießbrauch wieder eingeräumt wird (z.B. wenn das Haus vermietet ist) oder das ein entsprechender finanzieller Ausgleich geleitet wird.
Die Frist für die Schenkung des Hauses ist dann aber abgelaufen, hier kann nichts zurückgefordert werden.
Sinnvoller wäre es vielleicht den Nießbrauch einfach in ein Wohnrecht umzuwandeln. Das Wohnrecht gilt nur höchstpersönlich und die Sozialbehörden können dann weder auf Vermietung drängen, noch zu einer Aufgabe des Wohnrechts zwingen.
Ich hoffe damit Ihre Frage zufriedenstellend beantwortet zu haben und wünsche Ihnen noch ein schönes Wochenende.
Mit freundlichen Grüßen,
RA Fabian Fricke
Rückfrage vom Fragesteller2. April 2023 | 09:41
Sehr geehrter Herr Fricke,
vielen Dank für Ihre Antwort.
Eine Nachfrage hierzu:
Sie schreiben "Sinnvoller wäre es vielleicht den Nießbrauch einfach in ein Wohnrecht umzuwandeln. Das Wohnrecht gilt nur höchstpersönlich und die Sozialbehörden können dann weder auf Vermietung drängen, noch zu einer Aufgabe des Wohnrechts zwingen."
Was genau meinen Sie mit "den Nießbrauch einfach in Wohnrecht umwandeln"? Gibt es hier eine Möglichkeit, die nicht dazu führt, dass es sich um eine zweite Schenkung handelt?
Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt2. April 2023 | 11:47
Sehr geehrte/r Fragesteller/in,
der Verzicht auf den Nießbrauch stellt eine Schenkung dar und die 10-Jahres-Frist beginnt neu.
Wenn Sie den Nießbrauch in ein Wohnrecht wandeln müsste der Schenkende gar nicht verzichten und das Sozialamt kann mit dem Wohnrecht nichts anfangen, da dieses nur zum persönlichen Wohnen berechtigt, nicht aber zum Vermieten. Mit dem Tod würde dieses dann einfach erlöschen.
Da beide Rechte den gleichen Wert haben liegt erst gar keine Schenkung vor.
Wenn Sie aber planen das Haus eventuell zu veräußern oder vermieten wollen, dann sollten der Verzicht auf den Nießbrauch erklärt werden.