Gerne zu Ihren Fragen
1 - 3:
Nen, Ihr Arbeitsvertrag ist mit dem Aushang nicht "überstimmt."
Denn unbeschadet der Frage, ob es sich nun bei Ihnen um eine Gratifikation mit reinem Entgeltcharakter (kann nie zurückgefordert werden) oder gemischttypisch auch eine Treuekomponente beinhaltet, geht der Arbeitsvertrag dem betrieblichen Aushang vor.
Darüber hinaus gehen widersprüchliche oder unklare Formulierungen im Arbeitsverhältnis - sei es durch "Aushang" oder erst recht im Arbeitsvertrag - stets zu Lasten des Arbeitgebers.
Frage 4:
Nein, Sie müssen nicht bis zum 30.6. im Unternehmen bleiben um die Gratifikation behalten zu dürfen. Denn solche Rückzahlungsvorbehalte dürfen den Arbeitnehmer insbesondere nicht in unzulässiger Weise in seiner Berufsfreiheit (Art. 12 GG) behindern. Eine solche Regelung würde bei einer Sondervergütung mit Mischcharakter im Widerspruch zu § 611 BGB stehen, weil sie dem Arbeitnehmer bereits erarbeiteten Lohn entzieht und ihm unzulässig die Ausübung des Kündigungsrechts erschwert (BAG v. 18.1.2012 NZA 2012, 561; BAG v. 13.11.2013 NZA 2014, 368).
Beachten Sie aber bitte tarifvertragliche oder arbeitsvertragliche Ausschlussfristen bei der Wahrnehmung Ihres Anspruchs auf die Gratifikation.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Krim.-Dir. a.D. Willy Burgmer
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Vielen Dank für die schnelle Beantwortung. Dennoch eine Rückfrage meinerseits.
Ich habe es jetzt so verstanden das im Zweifelsfall die für mich günstigere Regelung gilt (also der Arbeitsvertrag).
Wenn es dort heißt: ..."Bei Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis bis JEWEILS 31.3. des Folgejahres"... Heißt das wenn ich Kündige zum 31.3. scheide ich am 31.3 aus dem Unternehmen aus, und damit würde diese Klausel zutreffen?
Ist also die Forderung meines Arbeitgebers grundsätzlich nicht gerechtfertigt, oder aufgrund der Fristen in meinem Arbeitsvertrag?
Vielen Dank.
Gerne zu Ihrer Nachfrage:
Wenn Ihr Arbeitgeber formuliert "der Anspruch auf Weihnachtsgratifikation entfällt, wenn der Mitarbeiter vor dem 1.4.2023 aus dem Unternehmen ausscheidet. In diesem Falle hat der Mitarbeiter den Gesamtbetrag der Weihnachtsgratifikation zurückzuzahlen" müssen Sie die Gratifikation auch von daher - abgesehen von meinen sonstigen Ausführungen - NICHT zurückzahlen, [b]denn Ihr Arbeitsverhältnis besteht ja bis zu letzten Sekunde des 31.3. fort und ist erst mit der 1. Sekunde des 1.4. beendet. Sie scheiden mithin nicht etwa vor dem 1.4.2023 aus.
Mit freundlichen Grüße bin ich,
Ihr
Willy Burgmer
- Rechtsanwalt