Rückzahlung der Weihnachtsgratifikation bei Kündigung

| 9. Februar 2023 05:48 |
Preis: 55,00 € |

Arbeitsrecht


Beantwortet von


15:59

Zusammenfassung

Widersprüchliche oder unklare Formulierungen im Arbeitsverhältnis - sei es durch "Aushang" oder erst recht im Arbeitsvertrag - gehen stets zu Lasten des Arbeitgebers.

Schönen guten Tag.

Ich habe folgende Problemstellung und würde mich über eine professionelle Einschätzung sehr freuen.

Da ich eine neue Arbeitsstelle antreten möchte, habe ich meinem Arbeitgeber eine Kündigung ausgesprochen.
Laut meines Arbeitsvertrages habe ich eine Kündigungsfrist von zwei Monaten zum Quartalsende. Die Kündigung habe ich mitte Januar ausgesprochen, demnach fristgerecht, zum 31.3. Das wurde auch bereits vom Arbeitgeber bestätigt.

Im Oktober letzten Jahres wurde mir eine Weihnachtsgratifikation gezahlt. Die Höhe richtete sich nach Betriebszugehörigkeit, in meinem Fall 56% des Brutto Monatslohnes.

Diese Gratifikation wurde mir jetzt in der letzten Gehaltszahlung wieder abgezogen.

In meinem Arbeitsvertrag steht dazu folgendes:
..."Bei Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis bis jeweils 31.3. des Folgejahres ist eine gewährte Weihnachtsgratifikation / Jahressonderzahlung zurückzuzahlen."...

1.: Ist meine Auffassung richtig das ich damit die Gratifikation nicht zurückzahlen muss, da ich ja am 31.3. noch beschäftigt bin, und erst am 1.4. meine neue Anstellung beginnt?

Mein Arbeitgeber argumentiert wie folgt:
Zur Bekanntgabe der Weihnachtsgratifikation gab es einen Aushang. In dem steht der Satz :
..."der Anspruch auf Weihnachtsgratifikation entfällt, wenn der Mitarbeiter vor dem 1.4.2023 aus dem Unternehmen ausscheidet. In diesem Falle hat der Mitarbeiter den Gesamtbetrag der Weihnachtsgratifikation zurückzuzahlen."...

2. Ist damit mein Arbeitsvertrag "überstimmt"?

3. Bedeutet das nicht trotzdem das ich keine Rückzahlung leisten muss, da ich ja nicht vor dem 1.4. ausscheide. Am 31.3. bin ich ja noch beschäftigt?

4. Wenn die Auslegung meines Arbeitgebers korrekt wäre, wurde das ja bedeuten ich müsste bis zum 30.6. im Unternehmen bleiben um die Gratifikation behalten zu dürfen (Kündigungsfrist zum Quartalsende). Ist das rechtens?

Vielen Dank für Ihre Hilfe.

9. Februar 2023 | 06:35

Antwort

von


(1395)
Vorstadt 42
41812 Erkelenz
Tel: 02435 - 6114416
Tel: 0174 - 9994079
Web: https://www.rechtsanwalt-burgmer.com
E-Mail:
Diesen Anwalt zum Festpreis auswählen Zum Festpreis auswählen

Gerne zu Ihren Fragen

1 - 3:

Nen, Ihr Arbeitsvertrag ist mit dem Aushang nicht "überstimmt."

Denn unbeschadet der Frage, ob es sich nun bei Ihnen um eine Gratifikation mit reinem Entgeltcharakter (kann nie zurückgefordert werden) oder gemischttypisch auch eine Treuekomponente beinhaltet, geht der Arbeitsvertrag dem betrieblichen Aushang vor.

Darüber hinaus gehen widersprüchliche oder unklare Formulierungen im Arbeitsverhältnis - sei es durch "Aushang" oder erst recht im Arbeitsvertrag - stets zu Lasten des Arbeitgebers.

Frage 4:

Nein, Sie müssen nicht bis zum 30.6. im Unternehmen bleiben um die Gratifikation behalten zu dürfen. Denn solche Rückzahlungsvorbehalte dürfen den Arbeitnehmer insbesondere nicht in unzulässiger Weise in seiner Berufsfreiheit (Art. 12 GG) behindern. Eine solche Regelung würde bei einer Sondervergütung mit Mischcharakter im Widerspruch zu § 611 BGB stehen, weil sie dem Arbeitnehmer bereits erarbeiteten Lohn entzieht und ihm unzulässig die Ausübung des Kündigungsrechts erschwert (BAG v. 18.1.2012 NZA 2012, 561; BAG v. 13.11.2013 NZA 2014, 368).

Beachten Sie aber bitte tarifvertragliche oder arbeitsvertragliche Ausschlussfristen bei der Wahrnehmung Ihres Anspruchs auf die Gratifikation.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Krim.-Dir. a.D. Willy Burgmer

Rückfrage vom Fragesteller 9. Februar 2023 | 07:14

Vielen Dank für die schnelle Beantwortung. Dennoch eine Rückfrage meinerseits.

Ich habe es jetzt so verstanden das im Zweifelsfall die für mich günstigere Regelung gilt (also der Arbeitsvertrag).
Wenn es dort heißt: ..."Bei Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis bis JEWEILS 31.3. des Folgejahres"... Heißt das wenn ich Kündige zum 31.3. scheide ich am 31.3 aus dem Unternehmen aus, und damit würde diese Klausel zutreffen?

Ist also die Forderung meines Arbeitgebers grundsätzlich nicht gerechtfertigt, oder aufgrund der Fristen in meinem Arbeitsvertrag?

Vielen Dank.

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 9. Februar 2023 | 15:59

Gerne zu Ihrer Nachfrage:

Wenn Ihr Arbeitgeber formuliert "der Anspruch auf Weihnachtsgratifikation entfällt, wenn der Mitarbeiter vor dem 1.4.2023 aus dem Unternehmen ausscheidet. In diesem Falle hat der Mitarbeiter den Gesamtbetrag der Weihnachtsgratifikation zurückzuzahlen" müssen Sie die Gratifikation auch von daher - abgesehen von meinen sonstigen Ausführungen - NICHT zurückzahlen, [b]denn Ihr Arbeitsverhältnis besteht ja bis zu letzten Sekunde des 31.3. fort und ist erst mit der 1. Sekunde des 1.4. beendet. Sie scheiden mithin nicht etwa vor dem 1.4.2023 aus.
Mit freundlichen Grüße bin ich,
Ihr
Willy Burgmer
- Rechtsanwalt

Bewertung des Fragestellers 9. Februar 2023 | 20:13

Hat Ihnen der Anwalt weitergeholfen?

Wie verständlich war der Anwalt?

Wie ausführlich war die Arbeit?

Wie freundlich war der Anwalt?

Empfehlen Sie diesen Anwalt weiter?

Mehr Bewertungen von Rechtsanwalt Krim.-Dir. a.D. Willy Burgmer »
BEWERTUNG VOM FRAGESTELLER 9. Februar 2023
5/5,0

ANTWORT VON

(1395)

Vorstadt 42
41812 Erkelenz
Tel: 02435 - 6114416
Tel: 0174 - 9994079
Web: https://www.rechtsanwalt-burgmer.com
E-Mail:
RECHTSGEBIETE
Strafrecht, Arbeitsrecht, Erbrecht, Familienrecht, Sozialrecht, Miet- und Pachtrecht, Baurecht, Verwaltungsrecht, Vertragsrecht, Steuerrecht