Sozialrecht - Jobcenter / Sozialgericht lehnen PKW-Kosten ab

9. Juni 2022 21:11 |
Preis: 30,00 € |

Sozialrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt Bernhard Müller

Folgender Fall:

Anfang 2021 war Frau Gesellschafterin einer GmbH, hier war Ehemann angestellt auf Teilzeitbasis.
Ab April 2021 blieben Aufträge aus, rutschte das Paar in die SGB-II Bedürftigkeit.
Das Jobcenter sieht in der GmbH grundsätzlich eine Selbständigkeit und forderte eine Einnahme-Überschuss-Rechnung, kürzt in dieser rigoros Kosten des privat eingebrachten PKW des Ehemannes, das zu Kundenbesuchen hergenommen wurde und zu 30 Cent / Kilometer buchhalterisch abgerechnet wurde.
Da der Ehemann aufgrund dieser Unstimmigkeit seinen Privat-PKW dem Betrieb nicht weiter zur Verfügung stellen wollte, wurde ein günstiger Firmen-PKW angeschafft.
Auch diese Anschaffungskosten (unterhalb Freigrenze des Bedürftigen) wurden vom Jobcenter sowie mittlerweile Sozialgericht abgelehnt.
Durch Herausrechnung der PKW-Kosten inkl. Anschaffung fällt das Paar quasi aus der Bedürftigkeit, fordert das Jobcenter eine Rückzahlung.

Es existierte ein Transporter für Lagertätigkeiten / Entsorgungsbetrieb, somit konnte dieser nicht für Kundenakquise / Besuche hergenommen werden, zu Fuß kann kaum ein Aktionsradius von mehreren 100km abgedeckt werden.

Gibt es vergleichbare Urteile, Entscheidungen zu dieser Konstellation? Bitte um Aktenzeichen.
Wie kann es sein, dass ein Richter bis dato (Verhandlung in 10 Tagen) jegliche PKW-Kosten - egal ob privat eingebracht oder per notwendiger Ersatz-Anschaffung ablehnt?

Besten Dank

Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Zitat:
Wie kann es sein, dass ein Richter bis dato (Verhandlung in 10 Tagen) jegliche PKW-Kosten - egal ob privat eingebracht oder per notwendiger Ersatz-Anschaffung ablehnt?


Dies kann sein, wenn der Richter davon ausgeht, dass die PKW Nutzung nicht betrieblich, sondern privat veranlasst war. Wer keine zahlenden Kunden hat, muss auch nicht hunderte Kilometer fahren, um diese Kunden zu erreichen. Wer hunderte Kilometer fahren muss, um einen Kunden zu erreichen, stellt diesem Kunden entsprechend hohe Anfahrtskosten in Rechnung.

Hunderte Kilometer weit fahren, um am Zielort eine zufällig getroffene Person zu fragen, ob sie vielleicht Lust hat, bei Ihnen Kunde zu werden, ist als "Kundenakquise" so wenig effektiv, dass sich hier aufdrängt, dass die versuchte "Kundenakquise" nur ein Vorwand ist, um private Autofahrten auf Kosten der Steuerzahler abzurechnen.

Sie müssten das Gericht zunächst davon überzeugen, dass es eine ausreichend große Wahrscheinlichkeit dafür gab, am mehrere hundert Kilometer entfernten Zielort einen zahlenden Kunden zu finden, dass diese Form der "Kundenakquise" also geeignet ist, den Gewinn der GmbH zu erhöhen, oder auf andere Methoden der Kundenakquise umstellen. So könnten Sie Ihre Leistungen auf einer eigenen Internetseite bewerben und wer Ihre Leistungen in Anspruch nehmen will, teilt dies telefonisch oder per E Mail mit. Das Ergebnis wären weniger "Betriebskosten" bei vermutlich höherem Umsatz also mehr Gewinn und weniger Bedürftigkeit.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen

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