Geltendmachung eines Kündigungsfolgeschadens - Gewerbemiete

| 4. April 2022 16:51 |
Preis: 150,00 € |

Mietrecht, Wohnungseigentum


Beantwortet von


in unter 2 Stunden

1. Die Firma foxx-merch GmbH schließt am 21.12.2017 einen Gewerbe-Mietvertrag.
2. Das Gewerbeobjekt wird von der foxx-merch GmbH zum Betrieb eines Großhandels-Unternehmens (Büro und Lager) genutzt.
3. Die im Mietvertrag festgeschriebene Nutzungsart lautet: „Zum Betrieb von Büro/Loft – Großhandel, Marketing, Vertrieb".
4. Am 19.08.2019 übte die Firma foxx-merch GmbH das Optionsrecht gemäß dem Mietvertag vom 21.12.2017 für weitere 5 Jahre Mietdauer (01.07.2020 bis 30.06.2025) fristgerecht per gerichtlicher Zustellung aus.
5. Am 26.08.2021 wurden von foxx-merch GmbH die bestehenden Firmen und Werbeschilder am Objekt erneuert. Es gab in diesem Zusammenhang keinerlei inhaltlich noch Größenveränderungen. Es war lediglich zu den vorherigen Schildern gleichartiger Ersatzbedarf, da die alten Schilder unansehnlich waren. (Die ausführende Werbetechnik Fachfirma kann dieses bezeugen. Sie hat auch die alten Schilder erstellt. )
6. Am gleichen Tag sprach mich der Vermieter auf dem Hof des Gewerbe-Objekts an und eröffnete mir, dass er die Beschilderung nicht wünscht, da er eine „Verschilderung nach außen" nicht haben will. Der Grund dafür sei, dass er keine Genehmigung für die gewerbliche Vermietung habe. Es habe keine bauamtliche Genehmigung dafür gegeben.
7. Daraufhin forderte ich den Vermieter am 31.08.2021 schriftlich per gerichtlicher Zustellung auf mir die für den vereinbarten Gebrauch erforderliche Bau- und Nutzungsgenehmigung vorzulegen.
8. Die Unterlagen erhielt ich nicht. Jedoch erhielt ich am 29.09.2021 die ordentliche Kündigung ohne Nennung des Kündigungsgrundes zum 31.03.2022. Trotz des rechtskräftig laufenden Mietvertrags bis 30.06.2025.
9. Durch diese Kündigung geriet ich nun als verantwortliche Geschäftsführerin in ernsthafte existentielle Schwierigkeiten. Durch Corona war das Auftragsvolumen reduziert und es bestand keine Aussicht auf neue Gewerbe-Räumlichkeiten.
10. Ich akzeptierte die Kündigung schriftlich und machte mich verzweifelt auf die Suche nach einem neuen Gewerbeobjekt. Die Unzuverlässigkeit hinsichtlich der bestehenden, gekündigten Mietsituation veranlasste mich dazu, mich schnell anderweitig nach Räumlichkeiten umzusehen. Immerhin könnte es durch die fehlende Nutzungsgenehmigung zur Nutzungsuntersagung kommen.
Zwischenzeitlich hatte ich von der Stadt Hildesheim erfahren, dass es tatsächlich keine Nutzungsänderung hinsichtlich der behördlichen Genehmigung für unseren Nutzungszweck (Büro/Großhandel/Lager) gab. Dort ist seit etlichen Jahrzehnten die Nutzungsart „Glaserei-Werkstatt" hinterlegt. Ein Bauantrag zur Nutzungsänderung wurde nie gestellt.
11. Gibt es nun die Möglichkeit für die foxx-merch GmbH einen Kündigungsfolgeschaden geltend zu machen? Es handelt sich in diesem Fall um eine rechtswidrige, schuldhafte Kündigung ohne Grund innerhalb der 5-jährigen Mietzeit, die durch Ausübung des Optionsrechts bestand.
Folgendes habe ich zum Thema gefunden:
„Gem. § 249 BGB ist der Mieter so zu stellen, wie er gestanden hätte, wenn das in der rechtswidrigen Kündigung liegende schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre. Insofern wären z. B. die mit dem Umzug und der Einrichtung der neuen (Geschäfts-)räume verbundenen Kosten ohne das schädigende Ereignis nicht entstanden und sind daher vom Vermieter uneingeschränkt zu ersetzen. Schadensersatzansprüche des Mieters wegen einer unberechtigten fristlosen Kündigung des Vermieters unterliegen nicht der kurzen 6-monatigen Verjährung nach § 548 Abs. 2 BGB."
Oder ist die Anmeldung eines Kündigungsfolgeschadens ausgeschlossen, weil foxx-merch GmbH der Kündigung Folge geleistet hat und aus den Gewerberäumen ausgezogen ist?
Es sind aus der Angelegenheit erhebliche Kosten in Höhe von mindestens 50.000 € entstanden.

4. April 2022 | 18:08

Antwort

von


(1622)
Radeberger Str. 2K
01796 Pirna
Tel: 03501/5163032
Web: https://RA-Peter-Eichhorn.de
E-Mail:
Diesen Anwalt zum Festpreis auswählen Zum Festpreis auswählen

Sehr geehrte Ratsuchende,

für eine abschließende Beantwortung müssen natürlich alle Unterlagen (Mietvertrag, Kündigungserklärung, Ihre Antwort darauf) gekannt sein.

Anhand Ihrer Angaben kann ich Ihre Frage allerdings wie folgt beantworten:

Ich gehe davon aus, dass Sie die einseitige Kündigung bloß „akzeptiert" haben, also nicht ein zweiseitiger Aufhebungsvertrag geschlossen wurde.

Die Firma / Mieterin hat gegen den Vermieter einen Schadensersatzanspruch gemäß § 280 Abs. 1, 249 BGB, da eine materiell unberechtigte Kündigung ausgesprochen wurde (BGH, Urt. v. 15.03.2000 - XII ZR 81/97; Urt. v. 06.02.1974 – VIII ZR 239/72)

Erster Leitsatz der ersten Entscheidung:
„Hat der Mieter wegen einer Vertragsverletzung des Vermieters unter endgültiger Aufgabe der Mieträume Ersatzräume bezogen, so kann er Erstattung der Kosten für den Umzug und die Herrichtung der Ersatzräume im Wege des Schadenersatzes nur verlangen, wenn ihn die Vertragsverletzung zur Kündigung berechtigte."

Trotz des befristeten Mietvertrages hat der Vermieter Ihnen / Ihrer Firma ohne Grund unter Verstoß gegen den befristeten Mietvertrag gekündigt.

Sie selbst hätten aber wegen der nicht vorhandenen Baugenehmigung selbst außerordentlich fristlos kündigen können.

Neben Umzugs- und Einrichtungskosten sind erstattungsfähiger Schaden aber auch die Kosten für eine höhere Miete / die Mietdifferenz (BGH, Urt. v. 29.03.2017 – VIII ZR 44/16), denn Sie sind (finanziell) so zu stellen, wie Sie stünden, wenn das Mietverhältnis nicht vom Vermieter vertragswidrig beendet worden wäre.

Der Mietdifferenzschaden ist aber nicht automatisch die Differenz der Mieten von altem und neuem Objekt. Es muss sich um vergleichbare Objekte bezüglich Ausstattung, Zuschnitt, Lage oder Größe
handeln. Eventuell muss ein Sachverständiger den Mietdifferenzschaden ermitteln.
Geringfügig größere Räume stellen aber keinen nennenswerten Vorteil dar (XII ZR 81/97, Seite 14, vierter Absatz).


Richtig ist, dass der Schadensersatzanspruch nach der Regelverjährungsfrist nach § 195 BGB, nicht gemäß § 548 Abs. 2 BGB verjährt (Lützenkirchen, Mietrecht, 3. Auflage 2021, § 542 BGB Wohnraummiete, Rndr. 116a).

Ja, es gibt eine Möglichkeit Ihren Schaden ersetzt zu verlangen.

Den Schaden sollten Sie bereits jetzt anwaltlich vertreten außergerichtlich geltend machen, denn wegen des Streitwertes benötigen Sie vor Gericht einen Anwalt/ eine Anwältin.

Zuvor können Sie, um den Vermieter (für die spätere Rechtsverfolgungskosten-Erstattung) in Verzug zu versetzen, selbst eine Frist zur Zahlung des Mietdifferenzschadens von zum Beispiel zwei Wochen setzen.


Mit freundlichen Grüßen

Peter Eichhorn
Rechtsanwalt


Bewertung des Fragestellers 4. April 2022 | 18:19

Hat Ihnen der Anwalt weitergeholfen?

Wie verständlich war der Anwalt?

Wie ausführlich war die Arbeit?

Wie freundlich war der Anwalt?

Empfehlen Sie diesen Anwalt weiter?

"

Sehr kompetente Antwort. Schnelles Feedback.

"
Mehr Bewertungen von Rechtsanwalt Peter Eichhorn »
BEWERTUNG VOM FRAGESTELLER 4. April 2022
5/5,0

Sehr kompetente Antwort. Schnelles Feedback.


ANTWORT VON

(1622)

Radeberger Str. 2K
01796 Pirna
Tel: 03501/5163032
Web: https://RA-Peter-Eichhorn.de
E-Mail:
RECHTSGEBIETE
Vertragsrecht, allgemein, Verwaltungsrecht, Mietrecht, Kaufrecht, Arbeitsrecht, Erbrecht, Verkehrsrecht, Zivilrecht, Strafrecht