DSL-Vertrag Widerruf

12. März 2008 21:28 |
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Vertragsrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt Christian Grema

Meine Freundin hat nach einem über halbjährigen Leidensweg bei Telefonanbieter A ihren DSL+Telefonie-Vertrag vorzeitig wegen Nichterfüllung gekündigt. Das wurde ihr bei der Hotline auch mündlich bestätigt und zugesagt, dass einer Portierung des Anschlusses incl. der Rufnummern zu einem anderen Anbieter nichts im Weg stünde. Auf mein Anraten hat sie dann eine schriftliche Kündigungsbestätigung nachgefordert, diese aber noch nicht erhalten. Wenn A die Kündigung akzeptiert, endet die Dienstleistung am 31.03.2008.
Da sie wusste, dass die Schaltung eines DSL-Anschlusses mehrere Wochen in Anspruch nehmen kann, hat sie sich Anfang März nach einem neuen Anbieter umgesehen und sich für B entschieden. An der B-Hotline wurde dann am 01.03.2008 ein passendes Paket zusammengestellt und der Auftrag per eMail bestätigt. Auf die Frage, was passiert, wenn A den Anschluss entgegen der mündlichen Zusagen nicht freigibt, wurde ihr zugesichert, dass dann kein Vertrag mit B zustande kommen könnte. Die Gefahr eines Doppel-Anschlusses war vermeintlich gebannt.
Einige Tage später wurde von B dann der Termin 31.03. bestätigt und ein Technikerbesuch angekündigt. Meine Freundin nahm wieder Kontakt mit der Hotline auf, da sie an diesem Tag nicht freinehmen konnte. Auf die Frage, wozu überhaupt ein Techniker notwendig sei, um einen vorhandenen DSL-Anschluss zu portieren, wurde ihr mitgeteilt, dass der Techniker eine neue Leitung und Telefondose installieren würde. Bei weiteren Nachfragen wurde dann plötzlich eröffnet, dass B gar nicht beabsichtigt, den A-Anschluss zu übernehmen, sondern ihr stattdessen einen Neuanschluss angedreht hat. Da ihr in diesem Fall nun ein Doppelanschluss droht, wenn A die Kündigung doch nicht akzeptiert, wollte sie den B-Vertrag widerrufen und wurde aber mündlich auf das erloschene Widerrufsrecht wegen der begonnenen Dienstleistung hingewiesen. Ungeachtet dessen hat sie den Vertrag dann per Fax am 11.03.2008 widerrufen (also innerhalb der 14-Tage-Frist), worauf B bisher nicht reagiert hat.

Jetzt stellt sich natürlich die Frage, wie sie aus diesem Dilemma wieder herauskommt. Vom Risiko her nimmt sie natürlich lieber in Kauf, ein paar Wochen ohne Telefon und DSL zu sein, statt zwei Jahre jeden Monat doppelte Grundgebühren zu bezahlen.
Auffallend war noch, dass B (im Gegensatz zu A) keine Rücksendung eines unterschriebenen Vertrags verlangt hat.

Sehr geehrter Fragesteller,

unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden Informationen sowie Ihres Einsatzes erlaube ich mir, Ihre Frage wie folgt zu beantworten:

Der von Ihnen geschilderte Sachverhalt betrifft eine mit zunehmender Häufigkeit anzutreffende Problematik, über die bislang noch nicht verbindlich geurteilt worden ist und über deren Lösung entsprechend vortrefflich gestritten wird.

Grundsätzlich ist es tatsächlich so, dass ein Widerrufsrecht gemäß § 312d Abs. 4 BGB dann erlischt, wenn der Unternehmer noch vor Ablauf der Widerrufsfrist mit der Ausführung der Dienstleistung begonnen hat. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass der Verbraucher hierzu ausdrücklich seine vorherige Zustimmung erklärt hat. Eine vorab gegebene Zustimmung im Rahmen der AGB des Telekommunikationsunternehmers ist in jedem Falle als unwirksam zu erachten. Auch die häufig anzutreffende Bestelloption „zum nächstmöglichen Termin“ reicht nach herrschender Auffassung nicht für das Vorliegen einer ausdrücklichen Zustimmung aus.

Darüber hinaus wird von den Telekommunikationsunternehmen, gerade bei Portierungsaufträgen, oftmals in diesem Rahmen angeführt, man habe von dem bisherigen Anbieter bereits eine Portierungsanfrage gestellt und eine dahingehende Bestätigung erhalten. Gerade dies ist in Ihrem Fall jedoch nicht gegeben, sodass insgesamt sowohl an dem Vorliegen einer ausdrücklichen Zustimmung als auch am Beginn der Dienstleistungsausführung gezweifelt werden darf.

Erst kürzlich hat das AG Hamburg entschieden, dass das Bereitstellen eines Internetanschlusses schon gar nicht als Dienstleistung im Sinne der genannten Vorschrift zu qualifizieren sei und dementsprechend auch kein Erlöschen des Widerrufsrechts in Betracht käme. Hierbei handelt es sich zwar keinesfalls um eine für andere Gerichte bindende Entscheidung. Allerdings zeigt diese Urteil, dass dem Ablehnen eines fristgerechten Widerrufs gleich von mehreren Ansatzpunkten heraus begegnet werden kann.

Sie befinden sich zudem in der vergleichsweise komfortablen Situation, dass es, bedingt durch die Installation eines zweiten Anschlusses, auch bei länger andauernden Streitigkeiten mit dem Anbieter nicht zu einer lange andauernden und vollständigen Blockierung der Portierung und damit zu einer beachtlichen Drucksituation für Sie kommen wird.

Auch wenn aufgrund der verworrenen Rechtslage somit eine sichere Antwort nicht gegeben werden kann, sprechen gerade in Ihrem Fall sehr gut vertretbare Gründe für die Annahme einer wirksamen Widerrufserklärung. Ich empfehle ihnen deshalb, auf Ihrer Erklärung unter Hinweis auf die genannten Gründe zu bestehen.

Zusätzlich kommen in Ihrem Fall auch die Möglichkeit eines Rücktritts sowie einer Anfechtung in Betracht: Im Rahmen der Bestellung wurde ausdrücklich zur Bedingung des Vertrages gemacht, dass dieser nur und ausschließlich dann Wirksam sein sollte, wenn eine problemlose Portierung des bisherigen Abschlusses möglich ist. Hierdurch haben Sie deutlich zu erkennen gegeben, dass es Ihnen darauf ankommt, gerade nicht einer doppelten Belastung durch zwei Vertragsverhältnisse ausgesetzt zu sein. Da diese Bedingung vorliegend nicht erfüllt ist, können Sie von dem Vertrag zusätzlich zurücktreten. Schließlich hätten Sie in Kenntnis der Tatsache, dass für die Bereitstellung des neuen Zuganges die Installation eines zusätzlichen Anschlusses vonnöten ist, den Vertrag nicht oder nicht so abgeschlossen (dies setze ich hier voraus. Ebenso wird vorausgesetzt, dass Sie über diese Neuinstallation nicht informiert worden sind). Aus diesem Grunde kann vorliegend auch von einem Anfechtungsrecht ausgegangen werden. Beide Erklärungen sollten sie rein vorsorglich und sicherheitshalber zusätzlich zu Ihrem bereits erfolgten Widerruf abgeben, um sich alle Möglichkeiten für ein Lösen von dem Vertrag offen zu halten.

Ich hoffe, Ihnen mit dieser antwort weitergeholfen zu haben.

Bitte beachten sie jedoch, dass es sich hierbei lediglich um eine erste Einschätzung handeln kann und bereits geringe Sachverhaltsabweichungen zu einer anderen Beurteilung führen können.


Mit freundlichen Grüßen



Christian Grema
Rechtsanwalt

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Christian Grema
C-G-W Rechtsanwälte

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