Zustellung an Nebenwohnung zulässig, die real nicht existierte.

6. März 2008 19:52 |
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Mietrecht, Wohnungseigentum


Beantwortet von


09:12

Guten Tag,

folgender Sachverhalt:

01.10.2005: Umzug von Saarbrücken nach Berlin. Amtliche Ummeldung erfolgte

05.12.2005: Mahnbescheid an alte Adresse, durch Postweiterleitung jedoch erhalten

20.12.2005: Widerspruch MB

02.02.2008!: Erhalt eines Versäumnisurteils

Rückfrage beim Gericht ergibt, dass die Klageschrift (Datum 2007) seitens der Post an der alten Wohnung (Saarbrücken) hinterlegt wurde, obwohl 1.) ich dort nicht mehr wohnte und 2.) ein Nachsendeauftrag existierte. Das Versäumnisurteil konnte in Saarbrücken nicht zugestellt werden. Deshalb Ermittlung der neuen Anschrift und Zustellung nach Berlin.

Ich habe daraufhin Einspruch eingelegt und beantragt, das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen, da mir 1.) der Rechtsstreit nicht bekannt ist, 2.) das AG Saarbrücken unzuständig ist und 3.) ich die Einstellung der Zwangsvollstreckung nach §719 ZPO beantrage. Weiterhin rügte ich Verletzung der Zustellungsvorschriften.

---
Daraufhin forderte mich das AG Saarbrücken auf, die Meldebescheinigung zu übersenden. Dies tat ich. Im folgenden schickte mir das AG einen Auszug aus dem Melderegister. Dort stand, dass ich seit 01.10.2005 zwar in Berlin wohne und amtlich gemeldet bin, aber einen eingetragenen Nebenwohnsitz in Saarbrücken (alte Wohnung) hätte. Ich solle dazu Stellung nehmen

FRAGEN:

1.)
Wie kann ich beweisen, dass Saarbrücken keinen Nebenwohnsitz habe und hatte? (Eventuell durch EV oder einer EV meiner Mutter bzw. Bruder?) Bin ganz normal umgezogen und hab mich umgemeldet. Der Fehler muss in Berlin beim Ummelden seitens des Amtes passiert sein. Dort füllt man kein Formular mehr aus, sondern der Beamte tippt alles direkt in seinen PC. Ich arbeite Vollzeit in Berlin. Hab also auch weder Arbeit noch Familie in SB. Warum sollte ich dort also einen Nebenwohnsitz haben?


2.) Angenommen das AG besteht darauf, dass ich in Saarbrücken weiterhin einen Nebenwohnsitz gehabt hätte. Ist es überhaupt zulässig ein amtliches Schriftstück dort hin zuzustellen?? Zumal ein Nachsendeauftrag existierte?

---
Zusätzlich:

Die Gegenseite bestreitet, dass ich seit Okt.2005 in Berlin wohne und beantragt meinen Einspruch zurückzuweisen, da er materiell und rechtlich nicht begründet wurde.

Kann ich auch nicht machen. Der Rechtsstreit ist mir nicht bekannt. Wie soll ich mich also gem. §340 Abs. 3 ZPO zur Sache einlassen können?

Vielen DANK! für die Beantwortung!

Gruß






6. März 2008 | 20:25

Antwort

von


(173)
Rathausplatz 1
76829 Landau
Tel: 06341 - 91 777 7
Web: https://www.seither.info
E-Mail:

Sehr geehrter Fragesteller,

vielen Dank für Ihre Frage. Diese kann ich auf der Grundlage Ihrer Sachverhaltsschilderung wie folgt beantworten:

1.
Im Zivilprozess stehen Ihnen die 5 Beweismittel

* Urkunde
* Zeugen
* Sachverständigen
* Augenschein und
* Partei

zur Verfügung. Eine Parteivernehmung ist jedoch nur im Ausnahmefall als Beweismittel zuzulassen.

In Ihrem Fall sollten Sie insbesondere auf das Beweismittel der Zeugenvernehmung zurückgreifen. Hier könnten SIe Ihre Verwandte, Freunde, Arbeitskollegen anführen, denen bekannt ist, dass Sie sich gerade nicht mehr in Saarbrücken aufhielten und daher dort auch keinen Nebenwohnsitz hatten. Gegen Sie spricht natürlich die Meldebestätigung, so dass Sie versuchen müssen, deren Indizwirkung durch die zu vernehmenden Zeugen zu entkräften.


2.
Die Zustellung erfolgt gemäß den Vorschriften der ZPO, §§ 166 ff. Gemäß § 177 ZPO kann ein Schriftstück an jedem Ort zugestellt werden. Es ist daher davon auszugehen, dass die Zustellung wohl in Ordnung sein dürfte, vorausgesetzt Sie hatten tatsächlich in Saarbrücken einen Zweitwohnsitz, so dass davon ausgegangen werden konnte, dass das Schriftstück Sie dort erreichte.


3.
Durch Ihren Einspruch gegen das Versäumnisurteil wird nun in der Angelegenheit selbst weiter verhandelt. Das Versäumnisurteil ist zwar in der Welt und hierdurch kann die Gegenseite auch bereits gegen Sie Vollstreckungsmaßnahmen ergreifen.

Nunmehr geht es jedoch in erster Linie darum, sich inhaltlich gegen die Klage zu verteidigen. Sie müssen nun Einwendungen hervorbringen, die dem geltend gemachten Anspruch selbst entgegen stehen. Die Frage, ob die Zustellung richtig erfolgt ist, kann zwar auch zu einer Aufhebung des Versäumnisurteils führen. Letztlich wären Sie jedoch am besten beraten, den Anspruch selbst zu Fall zu bringen.

Sie sollten daher das Gericht darum bitten, Ihnen die Schriftsätze erneut zuzustellen, damit Sie GElegenheit dazu haben, inhaltlich Stellung zu nehmen.


4.
Aufgrund der komplizierten Situation und aufgrund der Tatsache, dass Sie sich bereits innerhalb eines Gerichtsverfahrens befinden ist jedoch dringend zu empfehlen, dass Sie einen Anwalt Ihres Vertrauens mit der Interessenvertretung beauftragen, um Ihre Rechte vor Gericht wirksam wahren zu können. Gerade wenn die Gegenseite anwaltlich vertreten ist, sollten Sie hierüber nachdenken. Bitte beachten Sie jedoch, dass hierdurch weitere Kosten entstehen würden.


5.
Bitte haben SIe Verständnis dafür, dass diese Antwort Ihnen nur eine ersten Überblick geben kann. Eine vollständige Prüfung setzt stets die Kenntnis des gesamten SAchverhaltes und der zugrundeliegenden UNterlagen voraus.


ICh hoffe, Ihnen dennoch weitergeholfen zu haben und stehe gerne im Rahmen der kostenlosen Nachfragefunktion sowie persönlich im Rahmen einer weiteren Interessenvertretung zur Verfügung.


Mit freundlichen Grüßen

Maximilian A. Müller, Rechtsanwalt
Dr. Seither - Rechtsanwaltskanzlei
Landau i.d. Pfalz


Rechtsanwalt Maximilian A. Müller
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Rückfrage vom Fragesteller 10. März 2008 | 13:33

Hallo!

Die Zustellung kann zwar an jedem Ort vorgenommen werden, an dem der Empfänger anwesend ist!

Jedoch bestand seit 24.02.2006 ein Nachsendeauftrag an die neue Anschrift in Berlin. Somit war der Post in Saarbrücken hinreichend bekannt, dass ich in Berlin wohne! Der Nachsendeauftrag wurde wegen Umzugs gestellt. Eine Bestätigung habe ich.

Sehen sie hier eine Chance?

-> Wenn das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen wird, wird dann neu verhandelt? Die Gegenseite hat die Abgabe des Verfahrens an das AG Berlin beantragt!

Gruß & DAnke!

Gruß

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 11. April 2008 | 09:12

Sehr geehrte Fragesteller,

da Sie fristgemäß Rechtsmittel gegen das Versäumnisurteil eingelegt haben, wird nun vor dem zuständigen Gericht (hier nach Ansicht der GEgenseite das AG Berlin) weiter verhandelt. Im Rahmen dieses Verfahrens wird nun überprüft werden, ob der Gegenseite der geltend gemachte Anspruch zusteht.

Da Sie sich innerhalb eines gerichtlichen Verfahrens befinden, rate ich dringend, für dieses Verfahren einen Kollegen zu beauftragen, damit Ihre Rechte ordnungsgemäß wahrgenommen werden können.

Mit freundlichen Grüßen
Maximilian A. Müller, Rechtsanwalt

ANTWORT VON

(173)

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