8 h Betreuungsplatz in der Kita während Elternzeit

| 19. August 2021 11:53 |
Preis: 60,00 € |

Sozialrecht


Beantwortet von

Rechtsanwältin Brigitte Draudt-Syroth

Zusammenfassung

Habe ich während der Elternzeit Anspruch auf 8 Stunden Kita-Betreuung für mein erstes Kind, wenn ich freiberuflich als Schriftstellerin arbeite?

Eltern haben grundsätzlich Anspruch auf einen Kita-Platz für Kinder zwischen 1 und 3 Jahren, mindestens 20 Stunden pro Woche. Bei Vollzeitbeschäftigung kann der Anspruch bis zu 40 Stunden betragen. Die genaue Betreuungszeit hängt von einer Einzelfallprüfung ab, bei der das Jugendamt sein Ermessen ausüben muss. Ihre freiberufliche Tätigkeit als Schriftstellerin kann als Grund für eine längere Betreuungszeit anerkannt werden, wenn Sie die Notwendigkeit gut begründen und nachweisen.

Sehr geehrte Damen und Herren,

Meine Frage betrifft den Anspruch auf Kita-Betreuung während der Elternzeit.

Folgender Fall:
Nach der Geburt meines zweiten Sohnes am 12.06.21 befinde ich mich derzeit in Elternzeit.

Unser erster Sohn hat einen Betreuungsplatz bei einer Tagesmutter.
Als ich noch gearbeitet habe, hatten wir 40 h Betreuungsanspruch wöchentlich für ihn (meine Arbeitszeit betrug 30 h die Woche). Mein Lebenspartner und Vater meiner insgesamt 2 Kindern lebt aus beruflichen Gründen gut 2,5 h Autostunden entfernt und ist nur unregelmäßig unter der Woche bzw. nur an den Wochenende zugegen. Er arbeitet täglich mindestens 8 h, meistens sogar mehr.

Nebenberuflich führe ich eine freiberufliche Tätigkeit als Schriftstellerin aus. Diese ist bei Arbeitgeber und Finanzamt natürlich angemeldet. Ich habe bisher 3 Bücher veröffentlicht.
Diese Tätigkeit will ich eigentlich während der Elternzeit auf die erlaubte Wochenstundenzeit von 30 h ausweiten bzw. habe es auch schon getan. Da ich Stillpausen einlegen muss, benötige ich aber weiterhin 8 h Kita-Betreuung täglich für Sohn Nr. 1.

Leider will mir das zuständige Jugendamt die Betreuungszeit vermutlich trotzdem auf 6 h kürzen. Aussage der zuständigen Mitarbeiterin: "Ich weiß ja nicht, ob wegen so einer Tätigkeit 8 h gewährt werden können." Dies würde dann laut der Mitarbeiterin sogar rückwirkend geschehen, also für eine Zeit, in der ich schon 8 h in Anspruch genommen habe. Die Tagesmutter hat diese Arbeit also auch schon erbracht.

Ich kann dem Jugendamt Stundenzettel, EÜR der letzten Jahre etc. vorlegen. Trotzdem macht es den Anschein, dass man dort nicht ernsthaft glaubt, dass ich diese Tätigkeit ausübe.

Daher nun meine Frage/n:
Habe ich auf Grundlage meiner freiberuflichen Schriftstellertätigkeit weiterhin einen Anspruch auf die 8 h Betreuungszeit am Tag für meinen großen Sohn?
Auf welche rechtlichen Grundlagen kann ich mich im weiteren Schriftverkehr mit dem Jugendamt beziehen?
Und inwieweit greift § 5 SGB VIII in diesem Fall?

Immerhin würden 6 h Betreuungszeit eine effektive Arbeitszeit von maximal 4 h am Tag bedeuten.
Ich will ja auch gar nicht den Kleinen in Betreuung geben wegen meiner Tätigkeit, es geht ja lediglich um den Großen.

Ich bedanke mich recht herzlich für Ihre Zeit und Hilfe!
Mit den besten Grüßen!

Sehr geehrte Fragestellerin,

Ich beantworte Ihre Frage gerne wie folgt:

Gemäß § 24 SGB VIII muss für jedes Kind zwischen 1 und 3 Jahren ein Platz in einer Kindertagesstätte verfügbar sein. Der Anspruch besteht für mindestens 20 Stunden die Woche, bei Vollzeitbeschäftigten auch bis zu 40 Stunden.

Zunächst zum Formellen:

Je nachdem, ob Sie schon einen Antrag gestellt haben oder eine schriftliche Ablehnung erhalten haben, was ich Ihre Frage leider nicht so genau entnehmen kann, müssen Sie unbedingt gegebenenfalls die Widerspruchsfrist von einem Monat nach Bekanntgabe einer ablehnenden Entscheidung einhalten.Höchst sicherheitshalber nehmen Sie einen Monat nach dem Datum eines etwaigen Schreibens. Ein Widerspruch muss bis dahin bei der Behörde nachweisbar eingegangen sein (nicht abgesendet).

Nun zum materiell- rechtlichen Teil:

Ab 20 Stunden kommt es auf eine Einzelfallprüfung an, bei der die Behörde ihr pflichtgemäßes Ermessen auszuüben hat. Die Aussage der Sachbearbeiterin ist so vage, aber ohnehin nicht verbindlich.

Sie sollten daher sämtliche Begründungen, die Siechier auch genannt haben schildern sowie Nachweise vorlegen und eben die besondere Einzelfallsituation der Betreuungsnotwendigkeit schildern.

Dies gilt sowohl für einen ersten Antrag als auch für einen Widerspruch.

Pflichtgemäßes Ermessen bedeutet, dass die Behörde keine willkürliche Entscheidung treffen darf, sondern die Einzelfall -Argumente zu berücksichtigen hat und dann eine angemessene, erforderliche und verhältnismäßige Entscheidung zu treffen hat. Diese ist dann gegebenenfalls auch gerichtlich überprüfbar.

Ich hoffe ihnen weitergeholfen zu haben und verbleibe mit freundlichen Grüßen.

Draudt
Rechtsanwältin

Rückfrage vom Fragesteller 22. August 2021 | 19:32

Vielen Dank ersteinmal für Ihre Antwort. Eine kleine Rückfrage: Ist das pflichtgemäße Ermessen der Behörde in irgendeinem Gesetz festgehalten?
Falls Sie einen Paragraphen dazu für mich haben, wäre ich Ihnen sehr dankbar.
Allerbesten Dank!

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 23. August 2021 | 09:40

Sehr geehrte Fragestellerin,

das ergibt sich aus § 40 Verwaltungsverfahrensgesetz.

Mit freundlichen Grüßen

Draudt
Rechtsanwältin

Bewertung des Fragestellers 22. August 2021 | 20:20

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