Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Beide Kaufverträge über die Teilflächen des Grundstücks sind nicht vollziehbar, wenn das vorhandene Gebäude von dem anderen Käufer nicht verbindlich abgerissen wird. Das folgt aus § 7 der Bauordnung für Berlin (BauO Bln), welcher die Teilung von Grundstücken behandelt und folgenden Wortlaut hat:
Durch die Teilung eines Grundstücks, das bebaut ist oder auf Grund einer Baugenehmigung oder einer Genehmigungsfreistellung nach § 62 bebaut werden darf, dürfen keine Verhältnisse geschaffen werden, die den Vorschriften dieses Gesetzes oder auf Grund dieses Gesetzes widersprechen. Entspricht die Teilung eines Grundstücks, das bebaut oder dessen Bebauung genehmigt ist, nicht den Anforderungen des Satzes 1 oder des § 19 Absatz 2 des Baugesetzbuchs, so darf eine die Teilung vorbereitende Liegenschaftsvermessung nur vorgenommen werden, wenn die erforderliche Abweichung nach § 67 zugelassen oder die erforderliche Befreiung erteilt ist.
Bei der vorgesehenen Teilung würde das Nachbargrundstück mit seinem Gebäude nämlich den erforderlichen Mindestabstand von 3 Meter gemäß § 6 Abs. 5 Satz 1 BauO Bln zur neuen Grundstücksgrenze nicht einhalten. Dieser Mangel kann behoben werden durch Sie, indem Sie eine Baulast übernehmen für das Gebäude - dazu sind Sie aber nicht verpflichtet!
Der Käufer der anderen Teilfläche ist zum Abriss des Gebäudes nur verpflichtet, wenn er diese Verpflichtung in seinem Kaufvertrag mit dem Verkäufer übernommen hatte. Aber selbst wenn das der Fall ist, kann nur der Verkäufer den Abriss einfordern und durchsetzen.
Wenn Ihr Grundstück nicht abgeteilt und Ihnen kein Eigentum verschafft werden kann, liegt ein Sachmangel vor. Dafür haftet der Verkäufer. Sie haben gegen ihn die in § 437
des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) benannten Gewährleistungsrechte. Sie können beispielsweise nach erfolgloser Fristetzung vom Vertrag zurücktreten und neben der Rückzahlung des Kaufpreises bei einem Verschulden des Verkäufers Schadensersatz geltend machen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben, und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonNotar und Rechtsanwalt Gero Geißlreiter
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Rechtsanwalt Gero Geißlreiter
Fachanwalt für Verwaltungsrecht
Besten Dank für die ausführliche Antwort. Folgendes ist im Kaufvertrag unter "Haftung" vereinbart:
"Der Kaufgegenstand wird in dem Zustand verkauft, in dem er sich gegenwärtig befindet und wie besichtigt. Der Käufer hat den Kaufgegenstand eingehend besichtigt. Eine Haftung des Verkäufers wegen etwaiger Sachmängel wird ausgeschlossen. Dies gilt auch für alle Ansprüche auf Schadenersatz, es sei denn, der Verkäufer handelt vorsätzlich. Für Sachmängel, die zwischen Vertragsschluss und Gefahrübergang entstehen, gelten die gesetzlichen Bestimmungen. Dem Verkäufer ist nichts bekannt von nicht erfüllten baurechtlichen Pflichten, von schädlichen Bodenverunreinigungen und von anderen wesentlichen Mängeln, die bei einer Besichtigung nicht ohne Weiteres erkennbar sind. Der Verkäufer ist verpflichtet, dem Käufer das Eigentum und den Besitz am Vertragsgegenstand frei von also insbesondere frei von Belastungen in Abt Il und III des Grundbuchs und frei von Zinsen, Steuern und Abgaben, mit Ausnahme der in dieser Urkunde bestellten Rechte sowie solcher Rechte, die zur Finanzierung des Kaufpreises im Einvernehmen mit dem Käufer noch eingetragen werden, zu verschaffen. Der Verkäufer versichert, dass ihm versteckte Mängel von Bedeutung nicht bekannt sind. Baulasten und im Grundbuch nicht eingetragene Dienstbarkeiten sowie beschränkt persönliche Dienstbarkeiten für Versorger, welche gem. Grundbuchbereinigungsgesetz zur Eintragung gelangen, werden vom Käufer übernommen, solche sind dem Verkäufer nicht bekannt. Die Beteiligten wurden auf die Möglichkeit hingewiesen, das Baulastenverzeichnis selbst einzusehen. Der Verkäufer hat nicht für die Richtigkeit der im Grundbuch angegebenen Grundstücksgröße einzustehen. Der Verkäufer erklärt, dass Miet- und Pachtverhältnisse nicht bestehen. Den Beteiligten ist bekannt, dass die geplante Teilung des Grundstücks keiner bauplanungsrechtlichen Genehmigung mehr bedarf, gleichwohl durch die Teilung kein baurechtswidriger Zustand entstehen darf (etwa hinsichtlich der Einhaltung der Bauabstände). Der Notar hat zu Erkundigungen bei der unteren Bauaufsichtsbehörde (Stadt bzw. Landratsamt) geraten, um spätere Sanktionen zu vermeiden."
Können wir trotzdem Sachmängel wegen nicht Teilbarkeit anzeigen?
Freundliche Grüße
Sehr geehrter Fragesteller,
die Klausel macht es jetzt schwierig: Danach haben Sie das Risiko übernommen, dass die Vermessung erfolgreich durchgeführt werden kann, weil Bauordnungsrecht dem nicht entgegensteht. Der vorliegende Sachmangel gründet in der fehlenden Bereitschaft der Käufer der anderen Grundstückshälfte, sich zum Abriss des Gebäudes zu verpflichten. Vor und bei Vertragsschluss wurde diese Bereitschaft ausdrücklich erklärt. Das war Wissensstand des Verkäufers.
Es fragt sich, wann der Sachmangel im Sinne der Klausel entstanden ist. Das könnte zum einen die Erklärung des Vermessungsbüros sein, nicht weiter tätig werden zu können. M.E. ist aber auf die Erklärung des anderen Käufers abzustellen, das Gebäude doch nicht abreißen zu wollen. Wann genau das war, ist unklar und wohl schwer zu beweisen. Es kann vermutet werden, dass der andere Käufer von Anfang an gelogen hat, aber es wird wohl kaum nachweisbar sein.
Vor diesem Hintergrund wäre es leider angezeigt, der Bestellung einer Baulast für die fehlenden 50 cm zuzustimmen.
Beste Grüße von Gero Geißlreiter, Rechtsanwalt